piwik no script img

Soviel Kohlendioxid wie noch nieEin Rekord zum Gruseln

Alle hatten gehofft, dass die globalen CO2-Emissionen endlich sinken würden. Aber jetzt steigen sie wieder kräftig, schon im zweiten Jahr.

Klimapläne werden eingedampft: Kohlekraft verpestet weiter die Luft, hier in Recklinghausen Foto: dpa

Erst am Montag hatte UN-Generalsekretär Antonio Guterres bei der Eröffnung der 24. UN-Klimakonferenz in Kattowitz noch gewarnt: „Wir sind nicht auf Kurs!“ Einen Tag später kommt die Bestätigung durch nackte Zahlen: Der weltweite Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) aus der Energiewirtschaft wird 2018 wohl um noch einmal 2,7 Prozent ansteigen. Das geht aus Berechnungen und Projektionen hervor, die das globale Forschungsprojekt „Global Carbon Project“ am Mittwoch abend in Kattowitz vorstellte.

Damit erreicht der Ausstoß der Klimakiller aus Schornsteinen und Auspufftöpfen mit etwa 37 Milliarden Tonnen einen neuen Rekord. Bereits im letzten Jahr waren die Emissionen um 1,6 Prozent geklettert – nachdem sie davor drei Jahre praktisch auf dem gleichen Niveau verharrt hatten. Die Hoffnung, dass es von diesem Plateau endlich abwärts mit den Emissionen geht, hat sich damit wieder einmal zerschlagen.

Hauptgrund für den Anstieg ist laut „Global Carbon Project“, dass weltweit die Energienutzung aus Kohle, Öl und Gas noch schneller zunimmt als selbst der rasante Zuwachs bei Ökostrom aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse.

„Eine rasche Trendwende ist vonnöten“, sagte Sabine Fuss, Professorin, Wissenschaftlerin am „Mercator Forschungsinstitut für Globale Gemeingüter und Klimawandel“ (MCC) in Berlin und Mitglied im „Global Carbon Project“. „Nur mit einer deutlichen Verschärfung der Anstrengungen können wir uns die Option noch offenhalten, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.“

Auch die Industrieländer verschmutzen wieder mehr

Erst im Oktober hatte der Sonderbericht zu 1,5 Grad des Weltklimarats IPCC deutlich gemacht, dass für 1,5 Grad der CO2-Ausstoß bis 2050 praktisch bei Null liegen müsse. Ab 2020 müssten dafür alle zehn Jahre die Emissionen um 50 Prozent sinken.

Beunruhigende Zahlen kommen auch von der Internationalen Energieagentur IEA. Demnach stammt der Zuwachs an Emissionen nicht nur wie in den letzten Jahren aus den schnell wachsenden Volkswirtschaften in Schwellenländern wie China, Indien oder Indonesien. Für 2018 rechnet die IEA auch in den alten Industriestaaten in Nordamerika, Europa und Japan mit einem Anstieg der Emissionen um 0,5 Prozent.

„Das dreht einen Fünfjahrestrend um“, erklärte die IEA, die für die Industrieländerorganisation OECD die Energiepolitik beobachtet. Denn in den letzten Jahren hatten die „entwickelten Volkswirtschaften“ ihre Verschmutzung reduziert. Nun haben bei einem Wirtschaftswachstum von 2,4 Prozent die Emissionen wieder zugelegt, weil trotz eines Rückgangs der Kohlenutzung mehr Gas und Öl verbrannt worden sei. „Das ist besonders beunruhigend für die globalen Anstrengungen, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten“, hieß es von der IEA.

„Ankündigungen allein halten die Klimakrise nicht auf“, kommentierte Greenpeace-Expertin Anike Peters die Zahlen des „Global Carbon Project“. Auch die Bundesregierung müsse mehr tun, um die deutschen Emissionen zu senken, die seit Jahren kaum sinken. „Der schnelle Umstieg auf saubere Energien erspart uns Milliardenschäden durch häufigere Dürre, stürme und Überflutungen und er rettet Menschenleben.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Es gibt so vieles, was wir können, tun, müssten und sollten.... wenn wir es denn wollten. Offensichtlich haben wir aber sehr ernst zunehmende Probleme mit der Kommunikation zwischen den Erkenntnissen aus den unsere Umwelt und unsere weitere menschliche Existenz betreffenden Wissenschaften & Forschungen und unserem eigenen innersten, dass sich nicht so recht von Zahlen, Prozenten und anderen Maßangaben beeindrucken oder gar zu einem anderen Denken und Handeln beeinflussen lässt.

    Ebenso scheint es sich mit der Notwendigkeit der Wandelbarkeit der Regierungspolitik in Bezug auf saubere Luft, frisches Trinkwasser und den gesunden Böden zu verhalten. Obwohl die Natur, jeder Mensch und unsere Tiere tagtäglich darauf angewiesen und abhängig sind.

    Das auch in unserem Land weder Jahrzehnte lange Apelle aus Wissenschaft & Forschung noch Demonstrationen der Bevölkerung etwas daran ändern konnten ist nicht nur eintrauriger Beweis für die Beratungsresisstenz unserer Regierung, sondern auch brandgefährlich für die Weiterentwicklung unserer demokratischen Gesellschaft, da uns offensichtlich die Zeit davon läuft.

    Seit 1957 mit der Umrundung unseres Planeten, mit dem ersten Sputnik wissen wir, dass wir einer von unzähligen Sternen sind. Inzwischen sind 60 Jahre vergangen und zahlreiche Satelliten umkreisen die Erde, die uns über alle Eventualitäten die unser Leben beeinflussen informieren und uns für wirklich jeden leicht verständlich und mit Nachdruck einleuchtend aufklären.

    Wir wissen also bis in die kleinste Veränderung unserer Existenz Bescheid was uns bevorsteht wenn es uns nicht gelingt unsere Sichtweise auf unseren einzigen in unserem Universum bewohnbaren Planeten zu ändern.

    Es gilt also aus dem Blickwinkel eines Weltraumteleskop auf unsere Erde zu schauen und uns bewusst zu werden, dass wir im Augenblick des entstehen und wieder vergehen eines Stern, ein Teil der Schöpfung des Leben sind und die Möglichkeit besteht durch Bildung unseren Pioniergeist zu erfahren.

  • 8G
    86970 (Profil gelöscht)

    ich habe einen alten Kumpel aus Studienzeiten, der ein Ingenieurbüro für Explorationsforschung betreibt. Der Typ ist ständig in den skurrilsten Gegenden der Welt unterwegs, um vermutete Lagerstätten von Steinkohle auf Abbauwürdigkeit zu untersuchen und den Abbau zu planen. Außerhalb Europas denkt nämlich offenbar niemand ernsthaft daran, den Kohleabbau zu beenden, solange nicht wirtschaftliche Gründe dafür sprechen.

    Seine Aussage sinngemäß: das Kohlezeitalter wird genau dann zuende sein, wenn irgendein Knilch den letzten Brocken Kohle aus der Erde gekratzt und verheizt hat. Insofern verblüfft mich der festgestellte Anstieg keineswegs. Woher sollte die Trendwende auch kommen? Von den Protesten im Hambacher Forst etwa?

    • @86970 (Profil gelöscht):

      Auch wenn erneuerbare Energien immer konkurrenzfähiger werden und IGCC-Kraftwerke (vor allem in Schwellen-Ländern mit eigenen Kohle-Vorräten) eine effizientere Nutzung von Kohle & zunehmend Biomasse versprechen, wird global durch Wachstum von Bevölkerung und Wohlstand der fossile Energieverbrauch wohl noch weiter zunehmen, sofern nicht weltweit CO2-Abgaben durchgesetzt werden und es unserer Entwicklungs- & Export-Politik nicht gelingt, statt Waffen auch konkurrierend leistungsfähige erneuerbare Energie-Technik zu verbreiten...



      youtu.be/0jpN-BNU-Mw - Solarthermische Kraftwerke: Spanien + Desertec (9:31 Video, Welt der Wunder 24.02.14)



      de.wikipedia.org/wiki/Desertec - Wüstenstrom-Initiative für Nordafrika



      www.klimaretter.in...raum-fuer-desertec - Ende von Desertec (14.10.14)



      Woran ist Desertec gescheitert ? Hätte man besser "kleinere Brötchen" gebacken oder war das Ziel falsch, Kolonial-Energie für Europa produzieren zu wollen, statt eine regionale, auf günstiger Solar-Energie basierende Wirtschaft zu entwickeln, um vor Ort Perspektiven für Wohlstand & politische Stabilität zu schaffen ? -- Das wurde immerhin teilweise angestossen, konnte nur nicht die Gewinn-Erwartungen der Investoren erfüllen. Besser wäre also wohl ein entwicklungspolitischer Ansatz:



      www.daserste.de/in...n-marokko-100.html - Solar-Energie für Marokko im Kleinen & Grossen (29:04 SWR TV-Reportage 24.11.18)



      www.klimareporter....ng-dank-co2-steuer - Nachhaltige Entwicklung mit CO2-Abgabe finanzieren (21.07.18)



      Bis heute leidet die Wirtschaft vieler Entwicklungsländer unter unzuverlässiger Stromversorgung zu Preisen, die sich viele Einwohner nicht leisten können, so dass sie oft noch auf Kerzenlicht angewiesen sind, wenn man ihnen keine Solar-Lämpchen spendet.



      www.dw.com/a-46231001 - Lokale Netze + Solarlampen für Afrika

  • Warum sagen sie nie woher das CO2 wirklich kommt? Es sind die Zementfabriken in China und Indien. Chinas Zementfabrikation alleine hat höhere CO2 Emissionen als die USA. 1.7 Mrd Tonnen will China bis 2020 jährlich produzieren. Das sind satte 70-80% der Weltproduktion.

    Sie können in Europa und USA Autos verbieten, Flüge einschränken, Kraftwerke abschalten und und und. Alles das ist völlig wirkungslos. Sie müssten den Chinesen den Städtebau verbieten, und das KÖNNEN sie nicht.

    • @el presidente:

      Wie anmassend, El Presidente, Schwellenländern den Bau von Wohnraum & Infrastruktur beschränken zu wollen, während man im eigenen Land munter mit Diesel-SUV zum Kiosk knattert oder mit Steaks & Süßwaren gemästet adipöse Kinder zur Schule chauffiert...



      Ja, Klimaschutz & Energiewende sind eine globale Herausforderung. Ein Grund mehr, jetzt heute und hier den eigenen Hintern hoch zu kriegen und mit gutem Beispiel voran zu gehen:



      JEDER EINZELNE kann mit seinem ganz persönlichen "Klima-Fußabdruck" einen Beitrag leisten: Von Radfahren statt SUV über mehr Gemüse statt Klima-belastendem Fleisch auf dem Teller bis zum Energiespar-Kühlschrank mit kleinerem Gefrierfach (vielleicht auch ganz ohne ?), sowie einer neuen Heizung mit BHKW-Fernwärme, Geothermie & Solartechnik...

      Wirken Sie mit & setzen Sie sich ein: Wenn Sie Freunde & Nachbarn überzeugt haben, wenden Sie sich auch persönlich an Wahlkreis-Vertreter + Ministerien & Abgeordnete (www.bundestag.de/wirtschaft ): Konfrontieren + verunsichern Sie v.a. notorische Bremser sowie Gewerkschafter, nicht länger tausende Arbeitsplätze in jenen Branchen-Juwelen unserer Wirtschaft zu verspielen, die künftig verteilte BHKW + Nahwärme-Netze, Erdwärme-Speicher, Wärmepumpen, Wechselrichter, Windkraft- & Biogasanlagen uvm. herstellen, installieren & warten möchten. Zur Inspiration:



      Zur Inspiration:



      youtu.be/eQiQnOWVXpk?t=44 Erdgas-betriebene Zeolith Wärmepumpe (4:04 Video)



      youtu.be/Oxt8WdjCvck?t=21 Plusenergiehaus: Solar-Heizung mit Eisspeicher (6:00 Video)



      youtu.be/4eB3QU65EpM Energie-Wende & Sektorenkopplung (6:40 Video)



      youtu.be/KWlh2EBbx8s WissensWerte: Vision Energie-Wende (8:58 Video)



      aktionskreis-energ...3%A4rmequellen.pdf Quartier-Klimatisierung mit Wärmerückgewinnung, Geothermie & kalter Nahwärme (Präsentation 17.05.18)



      www.klimareporter....bis-2025-ergruenen Erneuerbare Energie in Bergbau-Wüsten

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Was Wunder! In den Industrienationen wird die Digitalisierung und der Individualverkehr (unabhängig von der Antriebsart) weiter zumehmen - und zunehmend Energie verbrauchen. Gleichzeitig schließen die Schwellenländer im Gesamtkonsum komplett auf und die sogenannte „Dritte Welt“ holt nach. Das ist nicht Klimaneutral, das wird nicht Klimaneutral und das wird ohne massive Komsumeinschränkungen auch nicht Klimaneutral werden!

  • Natuerlich kommt es nicht darauf an, "weltweit die Energienutzung aus Kohle, Öl und Gas noch schneller zunimmt als selbst der rasante Zuwachs bei Ökostrom aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse", das vielleicht auch nicht der Fall.

    Der Anstieg ergibt sich ganz einfach daraus, dass weltweit die Energienutzung aus Kohle, Öl und Gas überhaupt zunimmt (und sich auch nicht genug umschichtet).

    Und der CO2-Gehalt der Luft wuerde auch bei abnehmenden Emisionen zunehmen.

  • Jeder Deutsche in seinem Konsumwahn pustet 10-15 Tonnen C02 im Jahr in die Luft. Höchstens 2Tonnen dürfte er.



    Wenn die große Mehrheit der Menschen, die mangels Wohlstand gerade mal auf 1 bis 2 Tonnen kommen genauso viel Auto fahren, fliegen, Fleisch essen, kaufen,kaufen,kaufen würden wie die Deutschen, dann wäre das die Apokalypse, die totale Katastrophe, das Ende der Menschheit in kurzer Zeit.



    Und wie reagiert der Konsumverwöhnte ? Jeder noch so kleine Verzichtsaufruf wird als Freiheitseinschränkung gedeutet. Das ist assozial und egoistisch.



    Von 10 Tonnen auf 2 Tonnen runterzukommen bedeutet 100 mal mehr als ab und zu mal Bio zu kaufen, 10 Euro zu spenden, den SUV mit Effizienstechnologie zu kaufen und die Politiker für ihr Nichtstun zu beschimpfen.



    Der größte Nichtstuer ist der Konsument selber. Wer satt und bequem ist und sich das leisten kann, dem ist die Welt egal.



    Kinder sollte man dann aber nicht in die Welt setzen. Die werden für unser Fehlverhalten bitter bezahlen müssen.

    • @Traverso:

      Auch wenn ich die Zahlen, die Sie nennen, nicht kenne, stimme ich grundsätzlich mit Ihnen überein.

      Ich habe in der letzten Zeit so viele Berichte gelesen mit Zahlen, welche Branche wieviel Prozent zur globalen Temperaturerhöhung beiträgt, welche Länder welche Mengen CO2 emittieren undundund. Ich bezweifele mittlerweile den Nutzen dieser Analysen für das Verhalten der Bevölkerung und der Politiker.

      Ich empfehle folgendes:

      - sich über den Klimawandel zu infor mieren (z. B. über Wikipedia oder Umweltverbände wie Greenpeace, BUND, Attac usw.) dazu muss man weder Meteorologe, Ingenieur noch Ökonom sein)

      - bei Wahlen sein Kreuzchen an der richtigen (klimaschützenden) Stelle machen



      - REGELMÄßiG zu Demonstrationen gehen



      - sein eigenes Verhalten klimafreundlich verändert, denn wenn wir auf die Anderen warten, bis sie ihr Verhalten ändern, wird es zu spät sein.

  • Und wen überrascht es, dass bei einem globalen Wirtschaftswachstum in 2018 von rund 3,5% die CO2 Emissionen um 2,7% gestiegen sind? Wohl nur diejenigen, die darin keinen Zusammenhang erkennen wollen. Deshalb wird die Freude groß sein, wenn die EU in den kommenden Jahren 260 Milliarden Euro in den technischen Klima-/Umweltschutz investieren will, um ein zusätzliches Wirtschaftswachstum in Höhe von 2% (EU-Kommission) zu 'generieren'. Ein paar zusätzliche Akkufabriken, ein paar zusätzliche E-Mobilfabriken, ein paar zusätzliche E-SUV mit 480 'PS', eine zusätzliche Infrastruktur... dem Klima zu liebe. Und morgen kommt der Nikolaus, liebe Kinder!

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @Drabiniok Dieter:

      Ob der morgen doch noch kommt, ist wohl sehr fraglich, aber wen stört es? Die Schornsteine müssen rauchen, das ist ein Zeichen von Wohlstand, so hiess es früher, aber auch heute wieder, vor allem in Trumps no world climate change paradise.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Drabiniok Dieter:

      Wohl noch nie was von einem Kreis mit Ecken gehört