Solarzellen auf Neubaudächern: Baupflicht wäre Aktionismus
Photovoltaik ist wirtschaftlich attraktiv, dafür braucht es keinen Zwang. Lieber sollte man die bestehenden Hemmnisse beseitigen.
N un ist sie also vorerst vom Tisch, die Idee, Häuslebauer bundesweit zu verpflichten, ihre Dachflächen im Dienste der solaren Energiewende zu nutzen. Schade? Nicht wirklich, denn eine Solardachpflicht braucht genau besehen kein Mensch. Letztlich stünde sie nämlich nur in einer absurden Kette von sich widersprechenden Regelungen und würde damit nur Probleme zu lösen versuchen, die durch andere überflüssige Regelungen erst geschaffen wurden.
Tun wir einfach mal einen Blick auf die Entwicklung: Im ersten Schritt hatte die damalige Bundesregierung mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vor gut 20 Jahren die Photovoltaik mächtig vorangebracht – und die Preise der Solaranlagen fielen in der Folge drastisch. So weit, so gut, es war eine Erfolgsgeschichte. Solarstrom wurde so günstig, dass er anfing, sich immer öfter auch ohne EEG zu rechnen.
Das aber schien der Politik dann auch wieder nicht recht zu sein; so viel Eigendynamik der Energiewende schien ihr des Teufels. Es könnte ja der Eindruck entstehen, man bräuchte die Bundesregierung gar nicht mehr für den solaren Fortschritt. Also sah die Politik sich bemüßigt, den Solarstrom, dort, wo er aus sich heraus wirtschaftlich wurde, vorsätzlich zu verteuern; die „Sonnensteuer“, die EEG-Umlage für vor Ort verbrauchten Solarstrom war geboren.
Und als sei selbst das noch nicht genug, wird heute jeder Versuch, auch bei einem Mehrfamilienhaus billigen Solarstrom für die Mietparteien anzubieten, zusätzlich erstickt in irrwitziger Bürokratie. So wurde die Energiewende zum Opfer einer Politik, die von einem Drang zur stetigen Gängelei beseelt ist. Angesichts der Option, einfach bestehende Hemmnisse zu beseitigen, ist eine Solardachpflicht purer Aktionismus. Man braucht sie nicht, denn zu attraktiven Investitionen muss man niemanden verpflichten.
Der Gesetzgeber muss nur aufhören, den Strom vom Dach (oder kleinteiliger noch: vom Balkon) vorsätzlich unattraktiv zu machen. Wenn dieser Gedanke endlich durchdringt, wird kein Solarfreund mehr eine Baupflicht vermissen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?