Sinkende Inflationszahlen: Weiter im Würgegriff

Die Teuerungsrate ist nicht mehr ganz so massiv, doch für Entwarnung ist es zu früh. Die Inflation wird so rasch nicht zu stoppen sein.

Ein Mann und eine Frau mit Einkaufstaschen in der Augsburger Fussgängerzone

Der Gang in den Supermarkt war um 14,9 Prozent teurer als im Mai 2022 Foto: Andreas Arnold/dpa

Endlich „nur“ noch 6,1 Prozent Inflation in Deutschland im Mai. Die Teuerungsrate erhöhte sich damit wieder etwa so stark wie zuletzt im März 2022, als die Ukraine von Russland überfallen wurde, worauf die Energiepreise explodierten. Zuletzt hatte es eine derart starke Teuerung hierzulande zu Zeiten der Ölkrise 1981 gegeben.

Die neuen voraussichtlichen Zahlen der Statistiker zeigen also, dass der Würgegriff der Inflation zwar langsam nachlässt. Aber sie zeigen genauso, dass wir uns immer noch in einer absoluten Ausnahmesituation befinden. Zwar liegen die Kosten für Heizen, Strom und Mobilität inzwischen um etwa ein Viertel unter denen des – extrem teuren – Spätsommers 2022.

In diesem Mai sanken die Benzinpreise weiter, das 49-Euro-Ticket (mit inzwischen sagenhaften 10 Millionen KundInnen) wurde eingeführt – und hat die Portemonnaies vieler VerbraucherInnen entlastet. Auch die Lebensmittelpreise stiegen nicht mehr so stark wie zuletzt: Dennoch war der Gang in den Supermarkt noch um 14,9 Prozent teurer als im Mai 2022.

Da auch in Frankreich (6,0 Prozent) und Spanien (3,2 Prozent) die Inflations­raten im Mai abgesackt sind, rückt ein Ende der die Konjunktur abwürgenden Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank näher. Allerdings: Dass das Gespenst der Inflation in Europa noch nicht vertrieben ist, zeigt die mit über 8 Prozent nach wie vor hohe Rate in Italien. Der Weg zur „Normalität“ ist also noch weit. Und damit ist auch noch kein Ende der durch die sinkende Kaufkraft schrumpfenden Löhne in Sicht.

Real sinken sie derzeit im dritten Jahr in Folge. Darunter leiden vor allem Geringverdiener. Ein weiteres Abebben der Inflation in den kommenden Monaten ist unwahrscheinlich: erstens, weil die Unternehmen die teils stark gestiegenen Lohnkosten weitergeben werden. Das wird sich vor allem bei den Dienstleistungen zeigen, wie beim teuren Sommerurlaub. Zweitens schlagen demnächst das von der Bundesregierung im Juni 2022 eingeführte 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt zu Buche. Inflationssenkungen sind also in diesem Juni rein rechnerisch schwer zu erreichen.

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Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

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