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Silvester in BerlinAbfrusten in der Großsiedlung

Die Befürchtungen vor erneuten Silvesterkrawallen in Berlin sind groß. Neuköllns Jugendstadträtin bleibt trotzdem verhältnismäßig gelassen.

Neuköllner Silvesternachlese im Januar 2023 Foto: Paul Zinken/dpa

Berlin taz | In der Silvesternacht werden wieder viele Augen auf Neukölln gerichtet sein. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnt schon jetzt – auch mit Blick auf den Berliner Bezirk –, dass es „blinde Wut und sinnlose Gewalt“ geben könne. Von solchem Alarmismus ist im Neuköllner Rathaus selbst nichts zu spüren.

Am Donnerstagmittag geben hier Jugendstadträtin Sarah Nagel (Linke) und die Leiterin des Jugendamtes, Katrin Dettmer, einen Einblick in ihre Arbeit nach den Ausschreitungen im vergangenen Jahr, die Aktivitäten der Jugendclubs, ihre Gespräche mit Jugendlichen und den betreuenden So­zi­al­ar­bei­te­r*in­nen.

Wie Nagel und Dettmer betonen, hätten ihnen gegenüber die Jugendlichen sowohl Ablehnung als auch Verständnis für die Gewalt geäußert. Klar sei, so Nagel: „Das Potenzial an Frustration und Aggression ist nicht niedrig.“

Trotzdem habe man im Vorfeld dieser Silvesternacht eine geringere Konfrontationsbereitschaft und weniger offensichtliche Krawallpläne wahrgenommen. Es sei viel in Beziehungsarbeit und Streetwork investiert worden. Der Bezirk habe mit verlängerten Öffnungszeiten der Jugendeinrichtungen und mit Angeboten speziell für ältere männliche Jugendliche wie dem Mitternachtssport reagiert.

Silvester als Höhepunkt für Jugendliche

Bei der Gewalt in Neukölln insgesamt gebe es zwar, so Linke-Politikerin Nagel, keine großen Auffälligkeiten. Anders sehe es speziell mit der Jugendgewalt in den Großsiedlungen aus. „Wir sehen eine Peripherisierung“, sagt Nagel.

Ob in der High-Deck-Siedlung oder der Gropiusstadt: Das seien Gebiete mit einer hohen Kinder- und Familienarmutsquote, „Schuldistanz“ und zu engen Wohnungen. Zudem verweist Nagel auf die psychosozialen Schädigungen durch den Coronalockdown: „Das schlägt voll zu.“

Silvester sei dabei ein Höhepunkt im Kalender von Jugendlichen. Dass die dann „über die Stränge schlagen“, sei nicht schön, aber Realität. Umso wichtiger sei es, den Kontakt zu suchen und Wege aus der Gewalt aufzuzeigen.

„Die Jugendlichen wollen böllern“

„Die Jugendlichen sind zum Teil gewaltbereit“, sagt auch Neuköllns Jugendamtsleiterin Katrin Dettmer. Zwar sei der Nahostkonflikt hinsichtlich ihrer Erwartungen an Silvester ein Thema: „Der Palästinakonflikt beschäftigt uns seit 20 Jahren.“ Aber man habe es in dieser Hinsicht vor Ort weniger mit organisierten und politisierten Jugendlichen zu tun, als mit solchen, „die nach Orientierung suchen“. Das jedoch, so Dettmer, „fängt mit Spaß an und hört mit Gewalt auf“.

Auf die Frage nach dem Sinn der neuen Böllerverbotszone in Neukölln antwortet Dettmer: „Die Jugendlichen wollen böllern“. Auch die Amtsleiterin erinnert daran, dass im vergangenen Jahr nach drei Jahren Corona erstmals wieder geböllert werden durfte.

Bei alldem, gibt Dettmer zu bedenken, sei nur eine Minderheit an Gewalttaten beteiligt gewesen. In Neukölln leben 55.000 Jugendliche. „Es gab bei der Staatsanwaltschaft zehn Verfahren gegen Minderjährige aus Neukölln“, sagt Dettmer.

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2 Kommentare

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  • Angesichts der Vorkommnisse die Anzahl der Verfahren ins Feld zu führen ist ein Schlag ins Kontor. Bei den Bedingungen war an eine geordnete Strafverfolgung nicht zu denken.

  • Klingt irgendwie nicht so, als hätte die Jugendstadträtin der Linken Ideen, wie man was ändern könnte.

    Eher nach Laissez-faire.