Nötigungs-Vorwürfe gegen Andreas Renner: Höchster Polizist angeklagt

Andreas Renner, Baden-Württembergs Polizeichef, wird sexuelle Nötigung vorgeworfen. Landesinnenminister Thomas Strobl steht unter Druck.

Thomas Strobl

Der Innenminister von Baden-Württemberg auf dem Weg zu einer Befragung zur „Polizei-Affäre“ Foto: Bernd Weißbrod/dpa

KARLSRUHE taz | Der Vorwurf der sexuellen Nötigung gegen Andreas Renner, den ranghöchsten Polizeibeamten Baden-Württembergs, steht seit einem Jahr im Raum. Nun hat die Staatsanwaltschaft in der Affäre, die auch den baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl ins Trudeln brachte, Anklage erhoben.

Die Ermittler werfen dem inzwischen suspendierten 49-Jährigen vor, im November vergangenen Jahres eine Beamtin, die sich im Auswahlverfahren für den höheren Polizeivollzugsdienst befand, zu sexuellen Handlungen aufgefordert zu haben. Der 49-Jährige habe dabei seine Machtstellung bewusst ausgenutzt. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft war er in der Lage, der Polizeibeamtin im Falle ihres Widerstands erhebliche berufliche Nachteile zu bereiten.

Renner war maßgebliches Mitglied der Beurteilungskommission, die über Personalfragen in der Polizei entscheidet. Der Beamte soll der jungen Frau bei einem Kneipenbesuch unter Kollegen nähergekommen sein, sie anschließend möglicherweise bedrängt haben. Einige Tage später soll er ihr dann in einem Videotelefonat seine eindeutigen Angebote gemacht haben: Karriere gegen Sex. Der Fall war bekannt geworden, weil die Beamtin das Gespräch mitgeschnitten hatte. Als sie sich anschließend Kollegen anvertraute, meldeten die den Fall an höhere Stellen.

Besonders peinlich: Renner war für eine Nachwuchskampagne der Polizei verantwortlich, in der sich die Uniformierten als weltoffen, vielfältig und sensibel für Diskriminierung darstellten.

Merkwürdigkeiten rund um Strobl

Das Innenministerium hatte den Fall im vergangenen Herbst selbst öffentlich gemacht und auch interne Aufklärung versprochen. Anschließend hatte sich Innenminister Thomas Strobl aber selbst in eine höchst merkwürdige Affäre verstrickt. Renner galt als Protegé von Strobl, der einige Stufen auf der Karriereleiter übersprungen hatte. Als Strobl dann im Zuge des Disziplinarverfahrens ein Schreiben von Renners Anwalt an einen Journalisten weitergab, setzte er sich dem Vorwurf aus, geheime Gerichtsakten öffentlich gemacht zu haben.

Strobl rechtfertigte sich wenig überzeugend, damit maximale Transparenz zeigen zu wollen. Doch die Staatsanwaltschaft ermittelte und durchsuchte dabei auch die Räumlichkeiten des Innenministeriums.

Nach monatelangen Erklärungsversuchen und dem Vorwurf der Opposition, Ermittlungen der eigenen Behörde behindert zu haben, hat Strobl nun vergangene Woche eine Geldauflage der Staatsanwaltschaft für seine Durchstecherei akzeptiert.

Die Opposition, die Strobl nicht aus der Verantwortung lassen will, hat im Landtag inzwischen einen Untersuchungsauschuss eingesetzt. Der soll klären, ob Renner gemäß den Vorschriften so schnell auf einen hohen Posten gekommen ist. Zudem hoffen Mitglieder des Ausschusses, das verkrustete Beförderungssystem bei der Polizei mit ihren Untersuchungen modernisieren zu können.

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