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Serie: Wie weiter, Germans (3)Jamaika muss leben können

Peter Unfried
Kommentar von Peter Unfried

Gegen eine schwarz-gelb-grüne Koalition spricht aktuell vieles. Tot ist sie deswegen nicht. Denn staatsbürgerliche Verantwortung geht vor Chaos.

FDP und Grüne: Heute Konkurrenten, bald Partner? Foto: imago/IPON

I st Jamaika tot? Wenn der oberliberale Chefredakteur der Welt, Ulf Poschardt, ein sogenanntes Jamaika-Bündnis von Union, FDP und Grünen nach der Bundestagswahl für erledigt erklärt, so muss man das ernst nehmen. Es spricht tatsächlich vieles dafür, dass Jamaika nicht zustande kommt.

Der wichtigste Grund: Warum sollte eine mit der Regierungsbildung beauftragte Angela Merkel sich mit einer komplizierten 5-Parteien-Koalition herumärgern (CDU, CSU, FDP, Realo-Grüne, linke Grüne), in der regelmäßige Kindergarten-Aufstände praktisch eingepreist sind? Warum sollte sie Sozialdemokraten und Sozialisten in gemeinsamer Opposition dazu zwingen, eine politische Alternative anzubieten, wenn sie stattdessen mit einer ordentlich mitziehenden SPD gemütlich ihren Stiefel herunterregieren kann?

Zudem haben sich sowohl die Grünen-Spitzenkandidaten Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt als auch FDP-Chef Christian Lindner aufgerafft und führen jetzt einen Entweder-oder-Wahlkampf: Schwarz-Grün oder Schwarz-Gelb.

Lindner als Gruselfigur

Zwar gibt es kaum Wechselwähler zwischen den beiden Parteien, aber es gibt aus Grünen-Sicht neben Nachfrageproblemen und den drohenden Schulz-Mitleidswählern auch die Abwanderungsgefahr von Realo-Wählern zu Merkel. Das will man verhindern, indem man Lindner als Gruselfigur aufbaut.

Lindner warnt derweil vor gruselgrüner, offener Einwanderungspolitik und ökologischer Modernisierung. Es gibt jetzt also doch noch zwei deutlich unterscheidbare Alternativen.

taz.FUTURZWEI

Wie weiter, Germans? Über die entscheidenden Zukunftsfragen wird weder vor noch nach der Wahl gesprochen: Wir stellen sie. In der neuen Ausgabe von taz.FUTURZWEI, Magazin für Zukunft und Politik.

Dennoch ist Jamaika nicht tot, wie Ulf Poschardt behauptet. Erstens, semantisch gesprochen, kann nicht tot sein, was noch gar nicht gelebt hat. Zweitens ist nur der sicher, der die Schlechtigkeit der Welt so sehr ablehnt, dass er sich partout nicht an der Verbesserung beteiligen kann, also AfD und Linkspartei.

Die anderen müssen nach der Wahl in der Lage sein, das demokratische Votum umzusetzen. Wenn es weder Schwarz-Gelb noch Schwarz-Grün hergibt und die SPD zu sehr durchgeschüttelt werden sollte, um sich wieder als Juniorpartner in die Regierung zu schleppen, dann müssen CDU, CSU, FDP und Grüne so erwachsen verhandeln, dass am Ende staatsbürgerliche Verantwortung steht und nicht Chaos.

Sonst würde es wirklich finster in Deutschland.

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Peter Unfried
Chefreporter der taz
Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried
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13 Kommentare

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  • Was in Schleswig-Holstein auf Landesebene mit Habeck vielleicht gut funktionieren kann, wird es ganz sicher nicht mit Özdemir und Göhring-Eckardt im Bund. Eine Gruselvorstellung!

     

    Ich finde, dass die GRÜNEN im Bund jetzt mal aussetzen müssen, auf die Strafbank, damit sie mal wieder zu sich und ihren meist ehemaligen Wähler_innen finden können.

    Das ist/wäre sehr tragisch, aber meiner Meinung nach notwendig. Ströbele tritt nicht mehr an und Beck haben sie in NRW von der Liste geschmissen, was wollen wir denn mit den aktuell aufgestellten nichtssagenden Abgeordneten, die (mit dem E-Auto) nur nach oben wollen?

     

    Ich habe keine Ahnung, wie es weitergehen soll, aber mit den GRÜNEN zurzeit sicher nicht. Die E-Autos wird es so oder so irgendwann geben, das wird in den kommenden fünf Jahren nicht gestoppt werden.

    • @Hanne:

      Sorry, die Legislaturperiode im Bund sind ja bisher noch vier Jahre, also nur vier Jahre aussetzen, wenn die kommende Regierung so lange durchhält.

  • Tja - wie weiter Germans -

    Einfält'ich noch ein - die eine eine Frage - Na si'cher dat!

     

    Ok - heute mal mit den ganz großen

    Staatsmümmelmann Journaille- Stiefeln! tazFUTURUMZWEI - AU WEI!

     

    "Jamaika muss leben können…

    Denn staatsbürgerliche Verantwortung geht vor Chaos."

     

    Sicher. "Leben wird es geben."

    Was soll frauman zu dieser simplen Mischung aus schwatz-grünem Agitprop & christlicher Erweckungslyrik plus "tu bede" sagen?

    Außer. "Ja sicher!"

     

    Zumal das Ganze mühelos getoppt wird Durch diese tuto completto sinnfreie Sentenz -

    "…Dennoch ist Jamaika nicht tot, wie Ulf Poschardt behauptet. Erstens, semantisch gesprochen, kann nicht tot sein, was noch gar nicht gelebt hat. Zweitens ist nur der sicher, der die Schlechtigkeit der Welt so sehr ablehnt, dass er sich partout nicht an der Verbesserung beteiligen kann, also AfD und Linkspartei.…"

     

    Ha no. Das ist nicht mehr Peterchens… -

    Nein - das ist Peterchens Mondachterbahnfahrt! Aber Hallo!

    Jau. Das ist Raupefahrt pur -

    Mit schamhaften zuVerdeck - zu recht!

     

    Für so einen semantisch gesprochen Geist&sinnfreien Doppelsalcho mit Doppelt gelockert eingesprungener Schraube -

    Könnte frauman glatt geneigt sein, den Wahrheitsunterbringungswettbewerb

    "Kalte Ente" statt mit -

    "Eher fällt'n Macrönchen ins Rhönechen" - doch doch sowieso& -

    Mit diesem PUschen Elaborat der Meisterklasse zu bestücken! Denn!

     

    "Sonst würde es wirklich finster in Deutschland." & - gellewelle!

    Das. Das können wir alle ja nun aber Wirklich nicht wollen - mal - Semantisch ernsthaft gesprochen!

    Da mähtste nix.

    Normal.

     

    (Frei nach "Du kleine Löterin" by

    Wiglaf Droste & das Spardosenterzett ~> https://m.youtube.com/watch?v=XnTBtrCGdnM ;))

  • PS. Unter "links" verstehe ich übrigens nicht den naiven Pazifismus der Putinversteher. Eher schon eine andere Wirtschafts-und Finanzpolitik, u.a. eine

    anti-zyklische Krisenintervention, wie sie u.a. Bofinger oder Ulrike Herrmann oder Sven Giegold vorgeschlagen haben. Zu einer klaren Neupositionierung und intellektuellen Schärfe war jedoch die SPD selbst nach der Krise, in der sie sich von der CDU noch treiben ließ, nicht in der Lage. Das ist ein intellektuelles, geistiges Versagen.

  • Es ist finster in Deutschland, u.a. wegen des nassforschen Auftretens eines Lindner oder Teile der CSU ("Illegale raus" - als ob der IS oder warlords in Libyen oder Schlepper den Flüchtenden "multiple choice" anbieten würden) oder diverser Gauleiter von der AfD.

    Es ist finster, weil die drei sozial sensibleren Parteien entweder n i c h t überzeugen oder die Wähler zu hohe Ansprüche an sie haben, vielleicht beides: Wenn sie zusammen auf weit unter 40% kommen, muss man von einer nie dagewesenen politischen Krise sprechen, trotz des relativ pragmatischen CDU-Blocks.

     

    Schon bei kleinen Reisen durch dieses Land wird klar, wie so langsam Vieles zerbröselt, die Kleinstädte mit ihren übriggebliebenen Rentnern zugrunde gehen, die Infrastruktur wegen der schwarzen Null grob vernachlässigt wird, in vielen Orten nur noch uniforme, hässliche Ketten mit ihren Produkten aus industrialisierter Landwirtschaft das Bild bestimmen. Die Verwüstung der Innenstädte durch Blechlawinen und Staus gehört dazu.

    Kleine, noch menschlich-kommunikative Läden, Cafés und Begegnungsorte sterben, weil sie Miethaien nicht genügend Profit einbringen. Die Provinzbahnhöfe sind eine einzige Katastrophe.

    Vielleicht brauchen wir gerade Neuwahlen, Chaos, Verweigerung, Konfrontation, anstatt alles "staatsbürgerlich verantwortlich" zu übertünchen. Der tiefsitzende und berechtigte Frust (zusammen mit dem Verantwortung abschiebenden Meckern der couch patoatoes) muss einen anderen öffentlichen Ausdruck finden: Nämlich offen- kommunikativ statt stupide digital. Diese Versammlungen und Orte zu organisieren wäre die Hauptaufgabe politisch bewusster Menschen.

    Jamaika bedeutet das Todesurteil für die Grünen. Dasselbe gilt für die SPD in einer großen Koalition, aber wir wissen schon: Diese SPD ist bis auf ein paar Restlinke windelweich geklopft. Also wirklich: Die Taz von heute liest sich teilweise wie der Osservatore Romano von vorgestern. Obwohl, ich habe den nie gelesen.

  • "staatsbürgerliche Verantwortung statt Chaos"

     

    Nichtstun + Aussitzen = staatsbürgerliche Verantwortung?

     

    Merkel steht mehr oder weniger erklärtermaßen für Nichtpolitik. Immer noch besser als das Gerechtigkeitsgefasel von Schulz oder die christlichen Weltrettungsambitionenen der Grünen/KGE.

     

    Daraus aber jetzt staatsbürgerliche Verantwortung zu machen? Kanzlerin der Taz-Herzen? gehts noch?

     

    Chaos statt Anarchie!

  • Niemand muss Lindner als Gruselfigur aufbauen. Das tun seine parteiinternen Helfer doch an jeder Straßenecke.

  • Ich kann’s nicht mehr hören, das Koalitionsgerangel! Zur Erinnerung: Erst in reichlich 1 Woche ist Wahl! Aber wenn Wahlergebnisse bei der Diskussion von Koalitionsvarianten keine Rolle mehr spielen, können wir die Wahl auch absagen. Das Volk muss ja nicht unbedingt gefragt werden. Die Spitzenpolitiker können ihre Koalition auch untereinander auswürfeln.

     

    Erinnert sich noch jemand an die Weisheit aus Omas Zeiten (Tierschützer bitte weghören): „Das Fell des Bären kann erst verteilt werden, wenn der Bär erlegt ist“!

  • Herr Unfried,

     

    es mag vieles für eine schwarz-gelb-grüne Koalition sprechen, aber 'staatsbürgerliche Verantwortung' gehört nicht dazu. Erst recht nicht, wenn als Alternative das Chaos bemüht wird.

    Sowas erwarte ich eher in der 'Welt'. Und zwar nicht, weil sie konservativ ist, sondern darüber hinaus auch einfach schlecht.

  • "Sonst würde es wirklich finster in Deutschland."

     

    Es würde auch so finster in D. Denn was käme bei Jamaika raus?

     

    Die unrealistische Ideen und die Kriegslüsternheit der Grünen + die soziale Kälte und Spaltung der FDP + die verrückten Einfälle von Seehofer + abwarten und Raute zeigen von der Mutti und ihren Gefolgsleuten = finstere Zeiten für D. Besonders wenn man bedenkt, wer vielleicht danach kommt.

  • "Wenn es weder Schwarz-Gelb noch Schwarz-Grün hergibt und die SPD zu sehr durchgeschüttelt werden sollte, um sich wieder als Juniorpartner in die Regierung zu schleppen, dann müssen CDU, CSU, FDP und Grüne so erwachsen verhandeln, dass am Ende staatsbürgerliche Verantwortung steht und nicht Chaos."

     

    Die SPD, die würde immer und rebellierende Anti-Agenda-Meuchelmörder sind bei den Sozialdemokraten nicht in Sicht.

     

    Jetzt war das alles so schön bevor der It's-Man's-Man's-World-Patrick kam und allein durch seinen Drei-Tage-Bart 3 Prozentpunkte mehr holte. Die anderen 2 bekam er hauptsächlich durch seine Werbekampagne, die mit ihrer Don't-Care-Ausstrahlung stark an Coolness der 1990er erinnert.

    Im gleichen Umfang haben leider die so von Herrn Unfried favorisierten Oliv-Grünen (=Realos) verloren, was (nach UK/US-Manier) für einen 10%-Swing zwischen Gelb und Grün gesorgt hatte.

     

    In dem obigen Text wird weiterhin die Grüne Beteiligung an der künftigen Regierung beschworen, auch wenn da mit Seehofer und Lindner jetzt 2 Auto-Fans, Putin-Versteher, Flüchtlings-Nüchterne und Leistungsfreunde sitzen. Kann es Herrn Unfried wirklich egal sein, oder hofft er, dass die grüne Handschrift beim evtl. Koalitionsvertrag noch zu erkennen ist? Da muss man sich nur den Özdemit oder KG-E angucken - deren Selbstaufgabepreis dürfte den der SPD noch unterbieten.

     

    Aber letztendlich vielleicht ist es eine perfekt Koalition für Leute, die die letzten 12 Jahre noch für zu sozial hielten und jetzt einen "Ruck" erwarten, da sie aber nicht ihr mühselig konstruiertes Selbstbild nicht aufgeben wollen, brauchen sie ein Feigenblättchen. Ein grünes.

  • Es gibt auch noch die Möglichkeit einer Minderheitsregierung. Das hätte den Vorteil, dass nicht so viel im geschlossenen Kämmerlein ausgehandelt werden könnte.

  • Und was ist mit denen, die die Grünen wählen weil sie das gut finden, was in ihrem Wahlprogramm steht? Zählt deren demokratisches Votum gar nichts?