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Seid verschlungen, MilliardenGegen Corona hilft Geld verbrennen

Plötzlich gibt es unbegrenzt Steuergeld als Heilmittel gegen die Krise. Zukunftsfähig? Egal. Man könnte auch Dampfloks oder Kohleöfen finanzieren.

Nur bedrucktes Papier... Foto: imago stock

H ast du mal 5 Euro für mich?“, fragt unser Sohn, „ich muss die Physiotherapie bezahlen.“ Ich stehe in der Küche, habe die Hände voller Teig und sage: „Klar, da liegt meine Brieftasche. Nimm dir ein paar Millionen.“

Das ist natürlich selbst für einen taz-Redakteur eine Menge Geld. Woher kommt diese ungewohnte väterliche Großzügigkeit? Es ist der Tag nach dem neuesten „Autogipfel“ im Kanzleramt, mir sind alle Maßstäbe verrutscht.

Gerade hat die Regierung der Autoindustrie noch einmal 3 Milliarden Euro Steuergeld geschenkt für das Verschrotten von alten Lkws, für Plug-in-Hybride, die kaum elektrisch fahren, und für E-Lädesäulen, die die Industrie mal schön selbst zahlen könnte.

Um uns herum brennen gerade endgültig alle finanzpolitischen Sicherungen durch. Die Forderung nach Staatsknete muss nur a) irgendwas mit Corona zu tun haben, b) irgendwie Arbeitsplätze sichern und c) möglichst zukunfts-unfähig sein.

Geld für Flughäfen – und für Pferdekutschen?

Deshalb gibt es neben Kaufprämien für E-Autos auch Sterbehilfe für die Verbrenner. Deshalb retten wir mit 9 Milliarden die Lufthansa ohne irgendwelche grünen Auflagen und subventionieren auch weiter unsinnige und unrentable Regionalflughäfen. Und 500 Millionen für die Waldbesitzer haben wir auch noch in der Kasse.

Die rund 50 Milliarden umweltschädlichen Subventionen, die wir uns jedes Jahr im Bundeshaushalt so leisten, tasten wir dagegen nicht an. Obwohl mit ihnen billiger Strom, Kerosin, Diesel und Fleisch lustig alle unsere Öko-Ziele ad absurdum führen.

Jahrelang haben wir über schwarze Null und sparsame Haushaltsführung geschimpft, jetzt sind wir am Ziel. Wenn wir also in der Pandemie verzweifelt nach Wegen suchen, anhand der Kriterien a, b und c Geld rauszuwerfen, sind hier ein paar Ideen:

Für geschätzte 476 Millionen könnten wir Bau und Einsatz von Dampflokomotiven im Güterverkehr voranbringen; wir könnten mit einem Förderprogramm des Bundes (2 Milliarden) wieder gemütliche Kohleöfen in Altbauten installieren; für 167 Millionen ließe sich erforschen, ob nicht stationäre Bakelit-Telefone mit Wählscheibe den Smartphones überlegen sind.

Reeder und Werften bekommen 1,4 Milliarden für ein Forschungsprojekt, um Kreuzfahrtpötte zu Segelschiffen mit Work-out-Ruderantrieb umzurüsten; wenn die Post und DHL ihre Lieferungen auf Pferdekutschen umstellen (832 Millionen), würde der Onlinehandel wirklich klimaneutral; und ein 500-Millionen-Programm könnte deutsche Schrebergärten mit gasbefeuerten Gewächshäusern für den Cannabis-Anbau versehen.

Ohnehin sollten wir uns vom Fetisch Geld lösen. Das sind doch alles nur Zahlen im Computer oder bedrucktes Papier. Wenn wir die Scheine direkt verbrennen, wärmt das und ist auch noch CO2-neutral. In der EU sind 23 Milliarden Euro-Scheine unterwegs. Damit sollten wir über den Coronawinter kommen.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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6 Kommentare

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  • Kreuzfahrtschiffe, Geldfetisch, Cannabis ... etwas modifiziert und richtig umgesetzt sind einige Vorschläge am Ende noch ganz brauchbar.

  • Ebenfalls Danke für die klaren Worte. Ich hoffe, sie erreichen auch den einen oder anderen Politiker. Lesestunden für Pötter Kommentare würde ich im Bundestag zur Pflicht machen!

  • 9G
    92290 (Profil gelöscht)

    Sehr gut! Und direkt darunter der Aufruf, in die taz zu investieren.



    Wir können uns alle dem kapitalistischen Diktat nicht entziehen.



    „Geld regiert die Welt!“



    Das ist ungebrochen.



    Manche sitzen einfach näher an der Quelle.

    • @92290 (Profil gelöscht):

      „Und direkt darunter der Aufruf, in die taz zu investieren.“



      Und was ist daran schlimm? Wovon sollen Zeitungsmacher sonst leben?



      Die TAZ beweist doch ihr Bemühen um „Journalismus für alle“ . Sie befindet sich nicht hinter einer Bezahlschranke (so wie The Guardian auch). Die, die es sich leisten können, dürfen wirklich daran erinnert werden. Wer schon etwas zahlt, fühlt sich auch nicht gestört.

  • Transferleistungen gibt es nur für die, die haben.

  • Nur Satire hilft über den Winter. Danke!