Sebastian Kurz und Attila Hildmann: Mama regelt das
Sebastian Kurz versucht mit Verweis auf seine Mutter Mitleid zu erheischen. Und Attila Hildmann will durch seine Mutter von dem Haftbefehl erfahren haben.
D er Papa wird’s schon richten“, sang der österreichische Kabarettist Helmut Qualtinger in den 50ern. Heute scheinen es dem zeitgenössischen Diskurs folgend die Mütter zu sein, die richten müssen, was ihre Söhne verbockt haben.
Unlängst hat Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz seine Mama ins Spiel gebracht und gegenüber der Kronen Zeitung auf die Tränendrüse gedrückt: „Meine Mutter ist extrem traurig und besorgt.“ Sie habe sich für ihren Basti etwas anderes vorgestellt als diesen Umgang.
Die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen Kurz wegen mutmaßlichen Falschaussagen im Ibiza-Untersuchungsausschuss.
Dass Kurz auf seine Mutter verwies, war eine Steilvorlage für den Satiriker Jan Böhmermann, der das Ganze gleich in einen Tweet verwandelte und proklamierte, Kurz sei der erste Bundeskanzler der Welt, dem seine „Mami aus der Patsche“ helfen müsse. Ein dem Kanzler zugewandtes Medium bezeichnete Böhmermanns Vorgehen als „Generalangriff“, geschmacklos und ohne Anstand.
Mütterliche Protektion
Aber warum bringt Kurz überhaupt seine Mutter aufs Tapet? Dem oamen Buam soll die mitleidheischende Referenz Empathie bringen; ganz im Sinne der sogenannten „Message-Control“, mit der Kurz von je her seine mediale Präsenz kuratiert. In seiner aktuellen Notlage dürfte er hoffen, dass ihm durch die Erwähnung der besorgten Frau Mama Anteilnahme garantiert ist. Die Mama soll es also richten.
Auch der Verschwörungstheoretiker Attila Hildmann greift gerne auf Mamas Hilfe zurück. Seit Monaten wird er wegen des Verdachts auf Volksverhetzung per Haftbefehl gesucht. Er soll sich in der Türkei aufhalten. Hildmann soll davon erfahren haben, bevor der Haftbefehl vollstreckt werden konnte und seinen Telegram-Anhänger*innen mitgeteilt haben, dass er dringend untertauchen müsse. Die Berliner Staatsanwalt vermutet nun, dass jemand aus den eigenen Reihen diese Information an Hildmann weitergegeben hat. Er selbst soll behauptet haben, dass seine Mutter vom Haftbefehl erfahren habe, weil Polizisten ihr das gesagt hätten.
Sollte das wahr sein, wäre auch das ein astreines Beispiel für mütterliche Protektion.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Neue EU-Kommission
Es ist ein Skandal
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative