Schwierige Jamaika-Verhandlungen: Turbulenzen im Binnenklima

Bei den Sondierungen zwischen Union, FDP und Grünen knirscht es mächtig. Grund ist vor allem ein grober Webfehler in der Kommunikation.

Zwei Männer, Christian Lindner und Alexander Dobrindt, umarmen sich, daneben eine Frau, Katrin Göring-Eckard

Der Christian und der Alex im Engtanzmodus, die Katrin im Abseits Foto: dpa

BERLIN taz | Kleines Sondierungs-Rätsel: Wer hat’s gesagt? „Uns ist das Baumaterial für tragfähige Lösungen ausgegangen.“ „Wir waren kurz vor dem Ziel.“ „Wenn's leicht wäre, könnte es jeder.“ „Wir prüfen, ob es funktioniert.“ Na?!

Richtig, dieser entmutigenden Rhetorik haben sich die GeneralsekretärInnen der möglichen Jamaika-Koalition befleißigt. Am Donnerstagabend erklärten Nicola Beer, Andreas Scheuer, Peter Tauber und Michael Kellner, die Gespräche zu den Themen Klima und Zuwanderung ergebnislos vertagen zu müssen. Man habe sich nicht einigen können.

Und das, obwohl viereinhalb Stunden zuvor von ihren Parteispitzen per Twitter eine „geeinigte Fassung“ der klimapolitischen Ziele veröffentlicht worden war.

Ist Jamaika damit schon gescheitert? Gemach. Wer die vier ParteienvertreterInnen beim Duzen beobachtete, spürte schnell: Da geht noch was. Lange vorher war jedem – ob beteiligt oder beobachtend – klar, dass es gerade bei den Themen Klima und Zuwanderung mächtig knirschen würde. Umweltpolitik ist der Markenkern der Grünen, eine begrenzende Flüchtlingspolitik das Herzensanliegen der Union (und hier insbesondere von Horst Seehofer).

Tragfägige Lösungen

Dass da im ersten Durchgang keine Einigung erzielt wird, ist im Grunde logisch. Denn es geht nicht nur darum, für mögliche vier gemeinsame Jahre tragfähige Lösungen statt jederzeit auszuhebelnder Formelkompromisse zu finden. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es auch wichtig, den WählerInnen vor Augen zu führen, wie hart jede Seite um ihre politischen Inhalte kämpft. Bei den Streitthemen Klima und Zuwanderung müssen deshalb die Großen ran. Zeitnah wird es dazu nun ein Treffen zwischen den ParteichefInnen geben.

Bei all dem öffentlich zelebrierten Streit wird der Konstruktionsfehler dieser Verhandlungen immer deutlicher sichtbar. Denn was da in der Parlamentarischen Gesellschaft geführt wird, sind eigentlich keine „Sondierungsgespräche“. Sondierungen wären ergebnisoffene und unverbindliche Gespräche zu verabredeten Themenblöcken. Schriftlich festgehalten und dann auch noch gemeinsam veröffentlicht wird bei solchen Anlässen eher nichts.

Termine über Termine

So erleben also die BürgerInnen, wie fünf Parteien – inklusive ihrer Flügel – so tun, als rede man halt so ein bisschen mit­einander. Doch alle wissen: Es sind verkappte Koalitionsgespräche.

Dieser Text stammt aus der taz.am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.

Denn was so easy und ergebnisoffen erscheinen soll, steht in Wirklichkeit unter hohem zeitlichem Druck. Mitte November müssten sich die Grünen von einem Parteitag das Go zur Aufnahme echter Koalitionsverhandlungen geben lassen. Zeitgleich will die CDU in Klausur gehen, Bundesvorstand und Unionsfraktion tagen. Wenn da alles glattgeht, sind für Mitte Dezember sowohl die Parteitage von CDU und CSU geplant als auch die Mitgliederbefragungen bei den Liberalen und den Grünen. Die durchaus ambitio­nierte Hoffnung ist, kurz vor Weihnachten die Kanzlerin zu wählen und das neue Kabinett zu vereidigen.

Das ist also die Form. Fehlen nur noch die Inhalte. Und die werden hart verhandelt. Am Montag wird deshalb schon um neun statt zehn Uhr angefangen. Und es wird nicht nur wie verabredet über die Großthemen Arbeit und Soziales gesprochen, sondern zusätzlich um die geschobenen Bereiche Bildung, Forschung und Digitalisierung sowie innere Sicherheit. Die Koalitionäre haben viel vor.

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