Schwarzer Block in Hamburg: Ausdauersport Polizistenbeleidigung
Die anarchistische 1. Mai-Demo in Hamburg blieb überwiegend friedlich. Nur zum Schluss gab es ein Handgemenge, kaputte Schirme und eine blutige Nase.
Gekommen sind laut Polizei rund 800 bis 900 Linke – ihr Ziel: die ebenfalls zu hunderten rechts und links des Demozuges laufenden Polizist:innen zu zermürben. Zumindest scheint es so. Mehr als vier Stunden dauert der Weg vom Inselpark, vorbei am Polizeikommissariat 44 bis zur S-Bahn-Station Veddel. Die Palette der Schmähgesänge gegen die Beamt:innen ist breit, manchmal sogar kreativ. „Acht Cola, Acht Bier“, tönt es aus dem Block in Anspielung auf das Kürzel „ACAB“, das für „All cops are bastards“ steht. Woher die Wut auf die Polizei rührt, rufen sie ebenfalls: „Wo, wo, wo wart ihr in Hanau?“ Bei dem rechtsextremen Anschlag war der Polizeinotruf unterbesetzt. „So, so, so viele Einzelfälle“, geht der Sprechchor weiter.
Die Demonstrierenden laufen eng beieinander. An den Seiten haben Antifagruppen aus mehreren Hamburger Stadtteilen Transparent an Transparent gebunden und bilden so einen Block. Die Klamottenfarbe ist einheitlich schwarz, viele tragen Kapuze und Sonnenbrille. Masken sowieso. Als kurz nach dem Start dann auch noch schwarze Regenschirme den Blick auf den Zug komplett verdecken und in der Mitte pinke und rote Pyrotechnik gezündet wird, stoppt die Polizei schon nach ein paar Metern das erste Mal die Demo.
Wieder und wieder kommt die Durchsage mit der Aufforderung, die Vermummung abzulegen – Mund-Nasen-Bedeckungen sind zwar erlaubt, Schals aber nicht – und die Regenschirme einzuklappen. Die Reaktion ist zögerlich, aber irgendwann geht es weiter. Das Spiel wiederholt sich von Zeit zu Zeit.
Demo-Hopping über die Elbe
Manche der Teilnehmer:innen waren auch schon bei der „Wer hat der gibt“-Demo am Nachmittag in der Hafen City dabei. Zumindest tauchen ihre Transparente wieder auf: „Lasst uns über das Erben sprechen“, steht da zum Beispiel. Oder eines von der Klimajugend Hamburg.
Langsam wird es dunkel. In der Luft hängt der Geruch von Pyrotechnik – obwohl es in diesem Jahr ziemlich ruhig bleibt. Es wird wenig gezündelt, nichts geworfen, nur beleidigt. Die Demonstrierenden sind darin allerdings äußerst ausdauernd. Die Polizist:innen laufen stoisch nebenher, bilden Ketten, behalten das Pfefferspray aber in ihren Kartuschen – und die zwei Wasserwerfer kommen auch nicht zum Einsatz.
Kurz vor Ende eskaliert die Situation dann doch: Unter einer Eisenbahnbrücke beim S-Bahnhof Veddel kommt der Demozug zum Stehen. Über den Köpfen der Aktivist:innen poltern S-Bahnen, dann hallen Schreie wider. Polizist:innen und Demonstrierende sind in ein chaotisches Handgemenge verstrickt. Transparente und Schirme fliegen zur Seite, Journalist:innen spurten mit Kameras in die Richtung. Ein Polizist sagt später, einige Demonstrierende hätten mit den Schirmen nach Kolleg:innen geschlagen. Aus dem Demozug schallt es hingegen: „Wir sind friedlich, was seid ihr?“
Ein paar Minuten später geht es dann doch weiter, nun ohne Transparent an der Spitze. Die Demo endet auf dem Busvorplatz nur wenige Meter entfernt. Dort gibt es das nächste Handgemenge. Polizist:innen ziehen gewaltsam einige wenige Demonstrierende aus der Masse. Von der Polizei hinter einen Einsatzwagen gebracht, zieht sich ein junger Mann erst die Sturmhaube, dann die Maske vom Gesicht. Sie ist von innen blutverschmiert.
„Sie waren über eine Stunde vermummt“, sagt ein Polizist zu ihm. „Das ist eine Straftat. Außerdem haben Sie polizeifeindliche Parolen gerufen.“ Es wirkt, als hätte die Polizei noch einmal gezielt Personen festgenommen, die während der Demo besonders auffällig waren, bevor sie die Menschengruppe geschlossen zur S-Bahn lenkte. Bestätigen wollte das allerdings keiner der umstehenden Beamten – und viele Menschen sind es auch nicht, die an diesem Abend in Gewahrsam landen. Das hat Hamburg schon heftiger erlebt.
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