Schutz der Wildnis: Kein zweiter Nationalpark für NRW
Deutschland braucht mehr Schutzgebiete und Nordrhein-Westfalen ist dabei bisher Schlusslicht. Nach einem Bürgerentscheid wird das vorerst so bleiben.
Das Waldgebiet am Niederrhein ist 2,3-mal so groß wie der Frankfurter Flughafen, wäre also für einen Nationalpark recht knapp bemessen. Unter Experten galt es deshalb als Notlösung: klein – aber wenigstens machbar. Schließlich ist das ehemalige Jagdgebiet für Adelige der größte zusammenhängende Staatsforst in NRW, der schon größtenteils unter Naturschutz steht. Einen noch strengeren Schutz lehnten die Kreisbewohner:innen mit knapper Mehrheit von 52,59 Prozent nun ab.
265.000 Menschen durften mitstimmen, knapp 42 Prozent machten von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Der WDR berichtet von einer „zuletzt harsch geführten Auseinandersetzung“ während des Bürgerentscheids. Wahlplakate beider Seiten seien heruntergerissen oder beschmiert worden, „vor allem in sozialen Medien gab es wechselseitige Beleidigungen und Vorwürfe“, so der Sender.
Der Naturschutzbund Nabu in NRW reagierte enttäuscht: „Als bereits bestehendes Schlusslicht beim Schutz von Wildnisgebieten verliert Nordrhein-Westfalen mit dem negativen Ausgang des Bürgerentscheids weiter an Anschluss“, so der Verband.
„Krachende Niederlage“ für Grünen-Umweltminister
„Das Ergebnis beleuchtet das zweifelhafte Engagement einiger politischer Akteure, vor allem der CDU im Kreis Kleve“, sagte Nabu-Landesvorsitzende Heide Naderer. Bei ihrem Einsatz gegen den Nationalpark und der Unterstützung der Initiative ‚Unser Reichswald‘ hätten sie durch „Fake News die Diskussionskultur vergiftet“.
Das Ergebnis der Abstimmung sei für den Grünen Umweltminister Oliver Krischer eine „krachende Niederlage“, sagt René Schneider, umweltpolitischer Sprecher der SPD im Landtag NRW. In keiner einzigen Region sei es ihm gelungen, vom grünen Prestige-Projekt zu überzeugen. „Dazu war er viel zu passiv“, so Schneider. Das knappe Ergebnis habe gezeigt, dass mit geschlossener Unterstützung durch die Landesregierung mehr drin gewesen wäre.
Krischer erklärte, die Landesregierung habe „immer gesagt, dass die Entscheidung über einen Nationalpark bei den Menschen liegt. Wir haben deshalb für eine faire Debatte mit möglichst hoher Beteiligung geworben“.
Vor Kleve hatten sich auch die Kreise Höxter und Paderborn nach zum Teil giftigen Debatten dagegen entschieden, einen Nationalpark einzurichten. In anderen infrage kommenden Regionen, etwa dem Sauerland, waren für die Institutionalisierung eines Nationalparks erst gar keine Schritte unternommen worden. In ihrem Koalitionsvertrag hatte sich die schwarz-grüne Landesregierung zu einem zweiten streng geschützten Wildnisgebiet in NRW bekannt, nach dem 20 Jahre alten Nationalpark Eifel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sturz des Assad-Regimes
Freut euch über Syrien!
Krieg in Nahost
Israels Dilemma nach Assads Sturz
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Weihnachten und Einsamkeit
Die neue Volkskrankheit
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Missbrauch in der Antifa
„Wie alt warst du, als er dich angefasst hat?“