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Schulschließungen in der PandemieLauterbach räumt Fehler ein

In der Coronapandemie blieben Kitas und Schulen teils monatelang dicht. Rückblickend sieht das Gesundheitsminister Karl Lauterbach kritisch.

„Bei den Schulen und bei den Kindern sehr hart eingestiegen“: Bundesgesundheitsminister Lauterbach Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin dpa | Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat die lange Schließung von Schulen und Kitas während der Coronapandemie als Fehler bezeichnet. Unternehmen seien relativ geschont worden, sagte der SPD-Politiker am Montag im ARD-“Morgenmagazin“.

„Wir sind aber bei den Schulen und bei den Kindern sehr hart eingestiegen“, so Lauterbach. Das könne durchaus kritisiert werden. „Damals wurde das aber von den Wissenschaftlern, die die Bundesregierung beraten haben, angeraten“, erklärte Lauterbach. Zu dem Zeitpunkt sei noch zu wenig über die Übertragung des Virus bekannt gewesen.

Mit Blick in die Zukunft zeigte Lauterbach sich in Bezug auf eine mögliche nächste Pandemie optimistisch: „(…) Wir sind sehr viel besser vorbereitet, wir haben viel gelernt und wir würden ganz anders herangehen.“ Im Vergleich mit anderen Ländern mit einer ähnlich alten Bevölkerung sei Deutschland zudem noch relativ gut durchgekommen.

Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, waren Schulen und Kitas in den ersten Coronawellen teils monatelang geschlossen geblieben. Lauterbach war zu dem Zeitpunkt noch nicht Gesundheitsminister, aber als SPD-Gesundheitsexperte in der gemeinsamen Regierung mit der Union an wichtigen Entscheidungen beteiligt.

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6 Kommentare

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  • Wissen und Nichtwissen

    Zitat Lauterbach: „Damals wurde das aber von den Wissenschaftlern, die die Bundesregierung beraten haben, angeraten. Zu dem Zeitpunkt sei noch zu wenig über die Übertragung des Virus bekannt gewesen.“

    In diesem Falle stellt sich die Frage, auf welche wissenschaftliche Grundlage sich die Empfehlungen der Regierungsberater dann stützten und warum nicht jene Stimmen gehört wurden, die davon dezidiert abrieten. Warum wurde da nicht kritischer hinterfragt und auf valide Beweise für eine Wirksamkeit gedrängt? „Zu wenig“ gewußt zu haben, ist keine Entschuldigung für eine solche verhängnisvolle Entscheidung, sondern ein Inkompetenzzeugnis für die politischen Entscheider, die sich ausschließlich auf zweifelsfrei gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse stützen sollten. Alles andere wären gigantische, waghalsige Experimente in mit ungewissem Ausgang.

    Darüber hinaus bliebe die Frage, warum die Strategien anderer Länder nicht in Betracht gezogen wurden. Schweden hat bekanntlich die Kindereinrichtungen unterhalb der Sekundarstufe II offengelassen, ohne daß sich dies signifikant auf das Ausbreitungsgeschehen ausgewirkt hätte. (vgl. die Princeton-Studie „The effects of school closures on SARS-CoV-2 among parents and teachers“ v. J. Vlachos, E. Hertega u. H. B. Svaleryd, 5.10.2020)

    Im übrigen ist die Rolle rückwärts in dieser Frage nichts neues. Bereits im August stellte Lauterbach klar, „daß es einen weiteren Lockdown oder Schulschließungen nicht geben wird“, das indirekte, wenn auch späte Eingeständnis, daß sich beide Werkzeuge aus dem Anti-Pandemie-Instrumentenkoffer als unwirksam erwiesen hatten. Kritiker dieser NPIs wie die Professoren Raoult und Giesecke, die Nestoren der Epidemiologie in Frankreich und Schweden, hatten dies von Anfang an so gesehen und wurde schon sehr früh von den Meta-Studien von Prof. Ioannidis (Standford) bestätigt.

    Man darf nun gespannt sein, auf welch weitere NPIs sich das Eingeständnis der Unwirksamkeit ausdehnt.

  • Medizinische Fehlinformationen durch Druck der Politik?

    Zitat Lauterbach: „Damals wurde das aber von den Wissenschaftlern, die die Bundesregierung beraten haben, angeraten.“

    Jetzt nun alle Fehlentscheidungen der Anti-Corona-Politik allein auf das Kerbholz der Wissenschaftler zu schnitzen, ist ja wohl ein starkes Stück, dabei den Druck ausblendend, dem sie seitens der Politik ausgesetzt waren. Das Ergebnis waren zwangsläufig oft „Unfertige klinische Studien“ (FAZ, 28.8.20). Die Ursache dafür sah etwa Prof. Drosten im Drängeln der Politiker, die bei ihren Entscheidungen gern wissenschaftliche Erkenntnisse vorschöben und „auch mal ganz schön Druck" ausübten: “Ich will diese Verantwortung nicht auf meinen Schultern haben. Ich möchte sie lieber in einem wissenschaftlichen Manuskript sehen, aus dem ich eine Zahl entnehmen und sagen kann, das steht doch schwarz auf weiß da geschrieben. Dann kommen wir in diesen etwas gefährlichen Bereich rein, daß einem Institutsdirektor gesagt wird: Du bist hier doch der Chef. Wir brauchen jetzt Zahlen von deinen Mitarbeitern. Dann geht der Direktor zu seinen Mitarbeitern und sagt: Was habt ihr denn? Manchmal wird es dann nicht von Wissenschaftlern zusammengeschrieben, sondern von der Pressestelle, dort arbeiten aber auch keine Wissenschaftler, sondern vielleicht ausgebildete Journalisten. Und schon ist eine Fehlinformation in der Welt.“ (WDR, 5.5.2020)


  • Im Nachhinein ist es immer einfach die Fehler zu benennen.



    Die vielen Toten von Bergamo sind nicht vergessen.



    Die Impfverweigerer und andere Spinner sind ohne Konsequenzen davongekommen. DAS war ein Fehler!

  • Seit jeher drängtsich der Gedanke auf, dass die Schulen geschlossen worden sind um die Eltern vom arbeiten abzuhalten. So konnte ein großer Teil der Bevölkerung getrennt und das Virus verlangsamt werden.

    Angesichts der damaligen Ausgangs- und Wissenslage kann man dies heute kaum als Fehler bezeichnen.

    Es ist jedoch ein Fehler, dass heute keine Anstrengungen unternommen werden, um die Schulen für eine erneutes Virus in der Zukunft besser aufzustellen.

  • Es ehrt Herrn Lauterbach,



    dass er das Handeln kritisch hinterfragt. Insbesondere spricht er auch von "Wir" , obwohl er die Schuld auf den Vorgänger im Amt schieben könnte.



    Es gibt eben noch Persönlichkeiten mit Stil.



    Letztlich ist mir Vorsicht in derartigen Gefährdungslagen auch lieber. Wenn ein saloppes Umgehen mit den Vorschriften mehr Todesopfer gefordert hätte, wäre die Bilanz schlechter.



    Der Ansatz aus diesen Fehlern zu lernen gefällt mir auch.



    Meiner bescheidenen Meinung nach, hat Deutschland die Pandemie ganz gut bewältigt. Natürlich sind die Opfer zu beklagen. Es hätte aber auch noch schlimmer laufen können, wie die Opferzahlen anderer Länder belegen.

  • Ich würde der Regierung raten sich das nächste Mal wenn es um Schulschließungen geht von Jemand beraten zu lassen der auch selbst Kinder hat. Mir kamen die ganzen Maßnahmen stets vor wie ausschließlich aus der Perspektive der Angestellten des ÖD und der Lehrer gemacht. Kinder und deren Anliegen waren da oft sekundär.