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Schlechteste Erdbeer-Ernte seit 1995Strawberry Fields Forever?

Viel Niederschlag und kleinere Anbauflächen sorgen für die dürftigste Erdbeerernte im Freiland seit fast 30 Jahren. Eine Rolle spielt die Inflation.

Strawberry Fields Forever? Klimawandel und gesteigerte Produktionskosten stellen deutsche Erdbeer-Bauern vor Probleme Foto: Klaus-Dietmar gabbert/dpa

Berlin taz | Wegen anhaltendem Starkregen und einem Rückgang der Anbaufläche wird die schlechteste Erdbeerernte seit 1995 erwartet. Laut Statistischem Bundesamt rechnen die Betriebe aktuell mit nur 70.000 Tonnen Freilandernte für das laufende Jahr.

Damit fällt die Erntemenge um knapp 25 Prozent geringer aus als im bereits schwachen Vorjahr (92.625 Tonnen Freilandernte) und unterschreitet die Durchschnittsernte in den Jahren 2018 bis 2023 sogar um 34 Prozent. Da waren noch durchschnittlich 110.400 Tonnen Erdbeeren geerntet worden. Grund für die geringe Menge sind neben dem Rückgang der Anbaufläche um rund ein Sechstel auch starke Regenfälle in diesem Jahr.

2024 ist laut Deutschem Wetterdienst das nasseste Jahr seit Beginn der Messungen. Grund dafür sei vor allem der Klimawandel. Die Weltmeere sind so warm wie nie, For­sche­r*in­nen verzeichnen seit April 2023 immer wieder Rekordtemperaturen an der Wasseroberfläche. Dadurch wird mehr Wasser in der Atmosphäre verdunstet, was sich auch hierzulande in starken Regenfällen äußert.

Wetter und Inflation erhöhen Produktionskosten

Mit der geringeren Anbaufläche reagierten die Produzenten auch darauf, dass Ver­brau­che­r*in­nen sich durch hohe Inflation und gesunkenen Reallohn weniger leisten können, sagte Benjamin Luig, Fachreferent Landwirtschaft bei der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Spargel und Erdbeeren sind vergleichsweise teure Ernteprodukte. In einem Edeka-Supermarkt in Berlin zahlt man heute zum Beispiel 8,73 Euro für ein Kilo Erdbeeren aus Niedersachsen, das Kilo deutsche Bio-Erdbeeren gibt’s für 13,30 Euro.

Außerdem setzen gesteigerte Produktionskosten die Landwirte unter Druck: Ar­beit­ge­be­r*in­nen beklagen den steigenden Mindestlohn, die Erdbeerernte ist eine sehr arbeitsintensive Erntearbeit.

Die deutsche Spargelernte wird laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2024 auf 105 200 Tonnen geschätzt, das sind 6 Prozent weniger als im Erntejahr 2023 und wäre die niedrigste Erntemenge seit 2013. Im Vergleich zum sechsjährigen Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2023 von 120 400 Tonnen wird die Ernte voraussichtlich um 13 Prozent geringer ausfallen.

Die ertragsfähige Anbaufläche von Spargel im Freiland sank nach der ersten Schätzung gegenüber 2023 um 4 Prozent auf 19 600 Hektar. Auch hier schmälerten vielfach hohe Niederschläge und Spätfröste die Ernte. „Zudem führten steigende Betriebskosten, die Inflation und damit verbunden eine sinkende Nachfrage dazu, dass viele Betriebe – wie auch bei den Erdbeeren – ihre Produktionsflächen verringert haben“, so die Statistikbehörde.

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6 Kommentare

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  • Legalize Erdbeereis.



    Ein Recht auf billige Erdbeeren gibt es nicht.



    Danke aber für die Auflistung der möglichen Gründe.



    Klimaschutz kann mensch auch so angehen, nicht nur für Erdbeereis-

  • Schön, dass es im Frühjahr und Frühsommer mehr Regen in Deutschland gab. Die meisten Bauern haben sich gefreut.

  • heimische Erdbeeren gabs überall genügend und die Preise waren ähnlich wie voriges Jahr. Und jetzt gibts wieder überall Erdbeeren aus aller Welt.

  • Tja, höhere Löhne führen nicht automatisch zu mehr Kaufkraft, sondern nur dann, wenn dem Lohnanstieg entsprechende Produktivitätsfortschritte gegenüberstehen. Sprich: Wenn der Einsatz der teureren Arbeitskraft durch optimierte Produktionsmethoden gesenkt werden kann, so dass die Herstellungskosten nicht steigen. Wenn das nicht möglich ist, werden die Dinge halt teurer, für viele unerschwinglich teuer. Das gilt für Erdbeeren oder etwa den Wohnungsbau gleichermaßen.

  • Schwierige Vergleiche. Wenn die Anbaufläche sinkt, wird auch bei bestem Wetter die Erntemenge geringer. Das lässt sich ja kaum dem Klimawandel zuschreiben.



    Es wäre sinnvoll gewesen, die durchschnittliche Erntemenge pro Hektar Anbaufläche zu berechnen, um einen sinnvollen Vergleich zu haben.



    Und selbst dann bleibt noch die Frage, ob die Anbaumethode sich geändert hat, weil zum Beispiel Kunstdünger aus Kostengründen gegen andere Dünger getauscht wurden.

    • @Herma Huhn:

      Was ist da schwierig? Der wichtigste Punkt ist doch genannt: Der Klimawandel.



      Wir brauchen mehr Wärmepumpen, dann gibt's auch wieder mehr Erdbeeren!!