Schachspielerin Pähtz im Männerzirkel: Großmeisterin wird Großmeister
Elisabeth Pähtz darf sich als erste deutsche Frau Schachgroßmeister nennen. Weltweit haben das nur 40 Frauen geschafft.
Titel und Medaillen hat Elisabeth Pähtz in ihrer Karriere schon zuhauf abgeräumt. Bei der WM-Vorausscheidung belegte die ehemalige Jugend- und Juniorenweltmeisterin am Wochenende in Riga Platz zwei. In der Schlussrunde des Grand-Swiss-Turniers besiegte die 36-Jährige nervenstark die Kasachin Bibisara Assaubajewa und sicherte sich mit 7,5 Zählern aus elf Runden Silber vor der punktgleichen Chinesin Zhu Jiner. Deren Landsfrau Lei Tingjie, die gegen Pähtz in der dritten Runde remisierte, dominierte den Wettbewerb des Schach-Weltverbandes Fide mit neun Punkten.
Dass Pähtz ihr Abschneiden danach als das „Turnier meines Lebens“ adelte, hat mehrere Gründe. Der große Zahltag mit 15.250 Dollar ist dabei für die einzige deutsche Profispielerin erfreuliches monetäres Beiwerk. Wichtiger ist jedoch die Qualifikation für das Kandidatenturnier, mit der die Wahlberlinerin ihren Traum vom WM-Titel wahrte.
Unabhängig davon wird die 36-Jährige sich ihre gesamte Karriere über an den Erfolg in Lettland erinnern: Denn Pähtz darf sich als erste Deutsche fortan lebenslang als Großmeister bezeichnen. Frauen-Großmeisterin wurde sie bereits mit 16 anno 2001.
Die Anforderungen dafür sind jedoch deutlich niedriger – statistisch gesehen muss man rund 200 Elo-Weltranglisten-Punkte besser spielen (was einer zusätzlichen Punktausbeute von etwa 25 Prozent entspricht), um Herren-Großmeister zu werden. Unter den laut Wikipedia weltweit rund 500 Großmeistern sind lediglich 40 Frauen.
Als erste Frau war Nona Gaprindaschwili 1978 in die Männerdomäne eingebrochen. Die Rekordweltmeisterin, die in ihrem Heimatland Georgien Schach zum Nationalsport machte, erzählt gerne, wie sie lange von den Großmeistern müde belächelt wurde und diese sich bei Turnieren verbündeten, um sie nicht hochkommen zu lassen. Ähnlich wie dies in der Netflix-Erfolgsserie „Das Damengambit“ geschieht.
Zu wenig Unterstützung vom Verband
Wichtig für das Frauenschach war insbesondere auch Judit Polgar. Die Ungarin mied Frauenwettbewerbe und maß sich fast nur mit Männern. Sie brach im Alter von 15 Jahren und 4 Monaten den legendären Rekord von Bobby Fischer als jüngster Herren-Großmeister und katapultierte sich als bisher einzige Frau in die Top Ten der Männer-Weltrangliste. Die 45-Jährige hat sich längst aus dem aktiven Geschehen zurückgezogen und promotet lieber den Denksport weltweit.
Es kursieren in der Männerwelt des königlichen Spiels zahlreiche Witzchen, warum Frauen auf den 64 Feldern nicht mithalten können. Zwei quantifizierbare Gründe sind: Zum einen fühlen sich Mädchen offensichtlich – ähnlich wie bei Computerspielen – weniger von Schach angezogen. Beim Deutschen Schachbund (DSB) ist nur knapp jedes 17. Mitglied eine Frau. Zudem erhalten sie, was Pähtz schon häufiger gegenüber dem DSB monierte, weniger Preisgeld und Unterstützung als die Männer.
Das macht das Leben einer Profispielerin noch schwieriger als das ohnehin meist karge der mehr als 1.600 Herren-Großmeister – in Riga kassierte der zweitplatzierte Fabiano Caruana mit 50.000 Dollar im Männer-Turnier zum Beispiel mehr als dreimal so viel Preisgeld wie Pähtz. Selbst Vincent Keymer erhielt für seinen sensationellen fünften Platz (7:4 Punkte) mit 16.773 Dollar ein besseres Salär. Der nur an Nummer 65 gesetzte Bundesligaspieler von Vizemeister SF Deizisau wurde dank seines Erfolgs mit 16 Jahren die bislang jüngste Nummer eins der deutschen Schachbestenliste. Das Talent rückte mit aktuell 2.652 Elo in die Top 100 der Männer vor.
Pähtz ist davon noch weit entfernt. Der Zugewinn von 19 Elo-Weltranglisten-Punkten lässt sie jedoch mit 2.504 Elo auf Platz 14 der Frauen-Weltrangliste vorrücken – und sie befindet sich damit endlich auf Augenhöhe mit ihrem langjährigen Trainer und Vater: Der Erfurter Thomas Pähtz ist seit 1990 Großmeister.
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