Sat.1-Moderator im Fernseh-Duell: Marke „politisch unkorrekt“
Nach dem Schlagabtausch von Merkel und Schulz gibt es viel Empörung über die Fragen von Claus Strunz – aber auch Beifall. Wer ist der Typ?
Nach dem TV-Duell zwischen Bundeskanzlerin Merkel und Herausforderer Schulz ist einer Thema des Tages: ProSieben-Sat.1-Mann Claus Strunz. Der „Akte“-Moderator und Springer-Journalist stach am Sonntagabend aus dem ModeratorInnenquartett heraus: Durch hohen Redeanteil, Falschbehauptungen – und populistische Fragen. Im Netz herrscht Empörung.
So unterbrach Strunz mehrfach seine Nachbarin Maybrit Illner. Er provozierte Schulz mit einem Zitat, dass er unvollständig wiedergab und damit aus dem Kontext riss: „Was die Flüchtlinge zu uns bringen, ist wertvoller als Gold“, hatte Schulz im Sommer 2016 an der Uni Heidelberg gesagt. „Es ist der unbeirrbare Glaube an den Traum von Europa.“ Strunz ließ den letzten Teil weg um Schulz zu unterstellen, er sehe in Geflüchteten einen Gewinn für die deutsche Wirtschaft.
Schließlich warf der Moderator die Zahl von 226.500 ausreisepflichtigen Asylbewerbern in den Raum und bezeichnete diese als „Menschen, die hier eigentlich nichts mehr zu suchen hätten“. Später setzte er nach „Wann sind diese Leute weg?“ Strunz unterschlägt damit, dass über die Hälfte dieser Menschen den Status als Geduldete und damit hier durchaus etwas zu suchen haben.
Viele NutzerInnen auf Twitter empörten sich während des Duells über Strunz und warfen ihm Populismus vor…
Empfohlener externer Inhalt
… oder waren genervt von seinem Redeverhalten.
Empfohlener externer Inhalt
Claus Strunz ist Geschäftsführer der Maz & More TV Produktion GmbH, die unter anderem das „Sat.1-Frühstücksfernsehen“ produziert. Maz & More ist eine 100-prozentige Tochter der WeltN24-GmbH aus dem Haus Springer. Zuvor war Strunz Chefredakteur der Bild am Sonntag und anschließend des Hamburger Abendblatts – eine Position, die er 2011 nach knapp drei Jahren wieder verlor, nachdem es ihm nicht gelungen war, die Auflagenzahlen der Lokalzeitung zu konsolidieren.
Strunz tritt regelmäßig als Experte für alle möglichen Themen im „Sat.1-Frühstücksfernsehen“ auf. Dabei fällt er nicht selten durch rechte und anti-muslimische Ressentiments auf, die er als „klare Ansage“ verpackt.
Empfohlener externer Inhalt
Dass Strunz gegen Populismus nichts einzuwenden hat, zeigte er in der ARD-Talkrunde von Sandra Maischberger Ende 2016. Populismus sei „das Viagra einer erschlafften Demokratie“, so Strunz dort.
Neben viel Kritik bekommt Strunz allerdings aus anderen Richtungen auch Lob als jemand, der „Klartext“ rede oder statische politische Formate spannend mache. Klar ist, dass Strunz für sich das Image als der mit den „unbequemen Positionen“, des „politisch Unkorrekten“ als Alleinstellungsmerkmal erkannt hat. Das hat für ihn zumindest funktioniert: Denn Illner, Kloeppel und Maischberger sind nach dem Duell nicht weiter Thema. Und für die anderen ModeratorInnen wirkt Strunz ein wenig wie ein Blitzableiter: Denn tatsächlich hatte keiner die Flüchtlingsthematik als humanitäre Katastrophe problematisiert, das Team übernahm geschlossen die rechte Deutung als „Gefahr für Deutschland“.
Ein Witz jedenfalls hat sich bereits durchgesetzt: „Was erlauben Strunz?“ schreiben alle, die sich mit dem Moderator beschäftigen – in Anspielung auf Giovanni Trapattoni. Der Witz dürfte Claus Strunz allerdings langweilen: Er hat schon mal auf N24 eine Sendung mit genau diesem Titel moderiert.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Geiselübergabe in Gaza
Gruseliges Spektakel
Jugend im Wahlkampf
Schluss mit dem Generationengelaber!
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens