Sanktionen gegen Nord Stream 2: USA doch im Recht
Ein Bundestagsgutachten sagt: US-Sanktionen gegen deutsche Unternehmen, die am Bau von Nord Stream 2 beteiligt sind, sind nicht völkerrechtswidrig.

taz | Die USA drohen deutschen Unternehmen mit Sanktionen gegen die fast vollendete Ostseepipeline Nord Stream 2. Doch einen Verstoß gegen das Völkerrecht sieht der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags darin nicht. Solange die USA maßvoll agierten und sich auf den Schutz nationaler Sicherheitsinteressen und die negativen Auswirkungen auf die eigene Wirtschaft beriefen, „kann das Völkerrecht dem Ergreifen von extraterritorialen Sanktionen nur wenig entgegensetzen“, heißt es in einem Gutachten. Dieses hatte die Linken-Außenpolitikerin Sevim Dağdelen in Auftrag gegeben.
Trumps Vorwurf: Deutschland lasse sich militärisch von den USA vor Russland schützen, importierte aber gleichzeitig Gas von dort. Seine Kritiker*innen sagen dagegen, es gehe dem US-Präsidenten nur um den Verkauf von US-Flüssiggas in Europa. Extraterritoriale Sanktionen sind rechtlich umstritten, da sie nicht direkt dem Schutz des Gebietes, der Staatsbürger*innen oder Unternehmen des sanktionierenden Staates dienen.
Die Bundesregierung lehnt extraterritoriale Sanktionen ab, aus der EU-Kommission gab es Äußerungen, die solche Sanktionen als völkerrechtswidrig einstuften. „Auch wenn eine direkte Auswirkung des Nord-Stream-2-Projekts auf die nationale Sicherheit der USA fernliegt, so sind mittelbare Auswirkungen nicht auszuschließen“, argumentieren die Gutachter*innen dagegen.
Durch Ausnahmeklauseln im Freundschaftsvertrag mit der BRD von 1954 und durch WTO-Bestimmungen könnten die USA ihre nationale Sicherheitslage eigenständig definieren. Es existierten keine objektiven völkerrechtlichen Kriterien, „um die Auslegung und Anwendung des Schutzprinzips rechtlich einzuhegen“.
Die Gutachter*innen empfehlen der Bundesregierung, eine diplomatische Lösung mit den USA anzustreben. Sevim Dağdelen fordert die Bundesregierung auf, trotzdem vor den Internationalen Gerichtshof zu ziehen, falls die angedrohten Sanktionen gegen die Betreiberfirma des Hafens auf Rügen umgesetzt würden. „Die Bundesregierung darf nicht vor US-Präsident Trump und seinen dreisten Sanktionsdrohungen einknicken“, sagt sie. (mit dpa)
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