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Sachsens geplantes Polizeigesetz geleaktGranaten, Maschinengewehre, Taser

Sachsen will die Polizei mit Handgranaten ausstatten, Gesichtserkennung einführen und Grundrechte einschränken. Ein Leak zeigt, wie verschärft werden soll.

Mehr Überwachung für die Bevölkerung, wenig Kontrolle für die Polizei: Beamte in Sachsen Foto: dpa

Dresden/Berlin epd/taz | Schon vergangene Woche stieß die geplante Reform des sächsischen Polizeigesetzes auf scharfe Kritik. Da hatte Landesinnenminister Roland Wöller (CDU) erste Einzelheiten bekannt gegeben: „breitere Observationsmöglichkeiten“, „neue Durchsuchungsbefugnisse“ und Maschinengewehre für Polizisten seien geplant. Linke und Grüne im Landtag warnten vor einem Eingriff in die Grundrechte und forderten, der Entwurf solle vollständig öffentlich gemacht werden.

Das ist nun geschehen: Der Gesetzentwurf wurde an die Nachrichtenseite Buzzfeed geleakt, die ihn vollständig veröffentlicht hat. Demzufolge sollen Spezialeinheiten nicht nur Maschinengewehre, sondern auch Handgranaten bekommen. Weitere Formulierungen legen nahe, dass die sächsische Polizei auch mit Elektroschockwaffen wie Tasern ausgestattet werden könnte.

Auch die Möglichkeiten zur Überwachung sollen ausgeweitet werden: Polizeibehörden sollen den öffentlichen Raum per Video überwachen dürfen, es können geheime Kontrollbereiche eingerichtet werden, in denen Grundrechte eingeschränkt werden und in bestimmten Fällen sollen sogar JournalistInnen überwacht werden dürfen, die eigentlich als Berufsgeheimnisträger geschützt sind. An den Grenzen zu Polen und Tschechien soll die Polizei Bildaufzeichnungen mit personenbezogenen Daten abgleichen können, beispielsweise um Gesichter zu erkennen.

Laut Buzzfeed sind andererseits aber keine weiteren Kontrollmöglichkeiten für PolizistInnen geplant, von einer Kennzeichnungspflicht etwa sei im Entwurf keine Rede. Bodycams, die das Handeln der PolizistInnen aufzeichnen, werden nicht explizit genannt, aber der Gesetzentwurf schaffe theoretisch die rechtliche Grundlage dafür.

„Wenn die Umstände es nicht zulassen“, müssen sich PolizistInnen auch nicht ausweisen. Eine Beschwerdestelle im Innenministerium soll zwar Vorwürfe gegen die Polizei aufnehmen dürfen, aber nicht die Befugnis haben mehr zu tun, als Empfehlungen auszusprechen.

„Angriff auf die Bürgerrechte“

Innenminister Wöller bezeichnete den Gesetzentwurf vergangene Woche als „Qualitätssprung und eine deutliche Verbesserung gegenüber geltendem Recht“. Die sächsische Polizei benötige moderne Einsatzmittel sowie „zeitgemäße Regeln und rechtliche Instrumentarien für eine erfolgreiche Gefahrenabwehr“, so der Minister. Vom Koalitionspartner SPD hieß es, mit dem Entwurf reagiere Sachsen auf gestiegene Anforderungen und neue Phänomene „etwa bei der politisch oder religiös motivierten Kriminalität und des Terrorismus“.

Bereits da hatten Linke und Grüne die Pläne kritisiert. Der innenpolitische Sprecher der Linken-Fraktion, Enrico Stange, sagte, die Landesregierung wolle unter dem Vorwand von Terrorbekämpfung und Sicherheit tiefe Eingriffe in die Grundrechte erleichtern. Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Valentin Lippmann, bezeichnete den Gesetzentwurf als „Frontalangriff auf die Bürgerrechte“. Nach dem Leak twitterte er nun: „Jetzt ist klar: Es ist ein Angriff auf unsere Bürgerrechte und Freiheit.“

Die neuen Gesetze sollen bis 2019 das bisherige Polizeigesetz ersetzen und die Polizeiarbeit des Landes und der Kommunen getrennt regeln. Das schwarz-rote Kabinett hat dem Entwurf bereits zugestimmt. Nach einer Anhörung durch Experten und Verbände soll der Entwurf in den Landtag eingebracht werden. (lrs)

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35 Kommentare

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  • "Vom Koalitionspartner SPD hieß es, mit dem Entwurf reagiere Sachsen auf gestiegene Anforderungen und neue Phänomene „etwa bei der politisch oder religiös motivierten Kriminalität und des Terrorismus“."

    Als Terrorist_innen können notfalls auch radikale Linke definiert werden. Da würde die SPD ihre Gustav Noske-Tradition weiterfahren. ;)

    Ansonsten liest sich die Nachricht wie der feuchte Traum von Rechten, der bald für sie wahr würde. In Angsicht der (rassistichen) Hysterie gegenüber Geflüchteten und Terror gerade in Sachsen, finde ich es nicht unwahrscheinlich, dass geleakte Gesetzesvorhaben umgesetzt werden. Eine recht breite Basis (SPD+CDU) im Parlament haben sie ja. Der AFD würde es sowieso entgegenkommen.

  • Das System der multinationalen Konzerne kann nicht in einer Weltkriegswirtschaft leben (noch dazu in einer atomaren), aber es weiß, daß es die natürlichen Schübe der biologischen Aggressivität oder das sporadische Aufbegehren von Völkern und Gruppen nicht ganz unterdrücken kann. Darum akzeptiert es einerseits »kleine« lokale Kriege, die von Mal zu Mal diszipliniert und durch gezielte internationale Eingriffe klein gehalten werden müssen, und andererseits eben den Terrorismus. Da und dort ein Betrieb sabotiert, aber das System bleibt intakt. Ab und zu eine Flugzeugentführung, aber dafür gewinnt man das Fernsehen und die Presse. Außerdem ist der Terrorismus nützlich, um die Polizeiapparate und Armeen zu beschäftigen, die sonst womöglich verlangen würden, sich in einem größeren Konflikt zu bewähren. Und schließlich dient der Terrorismus zur Rechtfertigung von disziplinierenden Eingriffen, wenn ein Exzeß an Demokratie die Situation unregierbar zu machen droht.

     

    (aus: Umberto Eco: Den Staat im Herzen treffen? -- La Repubblica, 23.3.78, dt. von Burkhart Kroeber)

  • Geil!

    Granaten, Maschinengewehre, Taser!

    Geil!

    ich will Polizist werden!

    Nur - wozu soll denn diese Gesichtserkennung gut sein?

    Versteh ich nicht.

  • "Statt der Funkstreifwagen Panzer!

    Wer drin sitzt, kann zwar nix sehen,

    doch es kann ihm nix geschehen.

    Außerdem an jeder Ecke zwei Kanonen für die Leut'

    Sie werden sehen, wie sich Ihr Schutzmann drüber freut!"

     

    Georg Kreisler

    ( https://www.youtube.com/watch?v=0s06mOpQe0Q )

  • Ja so was, Handgranate Maschinengewehr?

    Die Sachsen sind da aber doch nicht allein.

     

    Gucksdu selbst nach Paramilipoliti der Gaue in PdF unten die Tabelle:

    https://www.bundestag.de/blob/423560/e4f56d73d086d20a9465ad3303989cfc/wd-3-037-08-pdf-data.pdf

     

    Interessant die Formulierung in Thüringer PolizeiG.

    Ich will mal hoffen, die Sachsen erweisen den brachialen Waffen den nötigen Respekt, wie z.B. hier:

     

    https://www.youtube.com/watch?v=FFAbhi6xnCo

  • Man könnte ja fast auf die Idee kommen, es gäbe in Sachsen besonders schwer zu fassende Verbrecher (;-))

    • @Rainer B.:

      Nö, hab gehört, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz dort keine Verbrecher entdecken konnte. Daran kanns also nicht liegen... :D

      • @Neinjetztnicht:

        Na wenn das so ist, was will die Polizei in Sachsen dann mit Handgranaten, Maschinengewehren und Tasern? Einfach nur „nice to have“ für verhinderte Gamer?

  • Die Frage wäre auch mal zu stellen, wieviel denn dann in die Ausbildung der Polizisten gesteckt wird, damit die überhaupt mit ihren neuen tollen Ausrüstungen umgehen können.

     

    In Hamburg haben die sich ja schon beim Abfüllen von CS-Gas in Wasserwerfer verletzt und afaik haben die so selten Übungsschießen, dass es schon ein Wunder wäre, wenn die mal mit ihrer Waffe treffen. Das kostet nämlich alles Geld. Mit reinen Sachinvestitionen ist sowieso nix zu verbessern.

  • Maschinengewehre?

     

    Also nicht etwa G36 oder MP5, sondern die ganz große Nummer, mit Patronengurt und Dreibein? So richtig mit Sandsäcken drumherum? Wirklich so rattazong, ab ist der Balkon? Die alte "Hitlersense"?

     

    Echt???

     

    Da hat einer ein Rad ab.

     

    Damit jeder sich das vorstellen kann, ein Maschinengewehr sieht so aus:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Rheinmetall_MG_3#/media/File:IL%C3%9C_2012_-_MG3.jpg

  • Am neuen Sächsischen Polizeiaufgabengesetz (PAG) fällt auf, dass im PAG Rechtsgrundlagen (z.B. § 84 Abs. 3 u. 4, § 88 Abs. 1) existieren um personenbezogene Daten, von der Polizei, an nichtöffentliche Stellen zu übermitteln.

    Im Bundesland Sachsen existiert seit vielen Jahren ein (landesweiter) Kooperationsvertrag zwischen der Polizei und privaten Sicherheitsdiensten; die enge Zusammenarbeit zwischen der Polizei und der Sicherheitswirtschaft – der damit verbundene Informations- und Datenaustausch – wurde im Laufe der Jahre intensiviert. Auch im Computerbereich, beispielsweise im Bereich von “Cyberkriminalität“, greifen die Polizeibehörden gerne auf die Dienste privater Spezialisten zurück.

    Für die Bürgerinnen und Bürger ist nicht(!) transparent, welche Daten über sie gespeichert, weitergeleitet oder an “nichtöffentliche Stellen“ - und vor allem zu welchen Zwecken - übermittelt werden. Interessant wäre in diesem Zusammenhang, ob der Sächsische Landesbeauftragte für den Datenschutz, beim Entwurf des neuen PAG, beratend tätig war oder nicht?

    • @Thomas Brunst:

      ...und vor allem sind bei "Sicherheitsdiensten" in Sachsen sehr viele rechte bis rechstextreme Mitarbeiter oder Subunternehmer beschäftigt.

      • @Hanne:

        Und die sollen dann z.B. in Flüchtlingsunterkünften und auf (Freiluft)Veranstaltungen für Sicherheit und Ordnung sorgen – na klasse!

        In der Stadt Plauen (Vogtlandkeis) wurde die kommunale, private “Citystreife“ mit der Durchsetzung einer “Polizeiverordnung“ beauftragt. Dieser private Sicherheitsdienst soll u.a. Alkoholverbote im öffentlichen Raum durchsetzen und ist offizieller Kooperationspartner der Polizei. Dies nennt sich dann: “public private security“ bzw. “police private security“.

        • @Thomas Brunst:

          In Leipzig gab es ja auch den Fall, dass ein Polizist/die Polizei Daten von anreisenden Demonstranten aus dem "linken" Bereich an Rechte (Bekannte) weitergeleitet hat, nur so zur Info, wer da genau angereist kommt...

    • @Thomas Brunst:

      Ja, das sollte schon wach rütteln diese schöne neoliberale Endordnung.

  • Kann mir jemand bitte erklären, wozu Spezialkräfte der Polizei Handgranaten benötigen? Sind es nur Blendgranaten (ok) oder etwa Kriegswaffen mit Sprengladung (no-go)?

     

    Warum muss man schon wieder die Privatssphäre aushöhlen?

     

    Hoffen wir mal, dass das doch noch gestoppt wird.

    • @FrankUnderwood:

      Ich glaube:

      - Es ist die tödliche Variante gemeint.

      - Die wollen sich dafür vorbereiten: https://en.wikipedia.org/wiki/2008_Mumbai_attacks

       

      Bei einem schweren Angriff, wie eben in Mumbai, ist es für die Polizei halt von Vorteil Kriegswaffen zu haben.

       

      Übertrieben?

      Ich glaube nicht:

      - Die Bundeswehr darf/soll man nicht einsetzen.

      - Einfach nur hoffen ist auch keine Alternative.

       

      Persönlich habe ich da kein Problem da

      1. Ein legitimer Grund vorhanden ist

      2. Die Polizei hierzulande jetzt nicht unbedingt dafür bekannt ist bei Demos in die Menge zu schiessen

      • @FermentierterFisch:

        "2. Die Polizei hierzulande jetzt nicht unbedingt dafür bekannt..."

         

        Und wenn, wird man die Verschärfung gewiss wieder zurücknehmen... oder so.

  • Die Politiker haben Angst!

    Bei dem was sie ihrem Volk mit dem langsam aber sicher verschiebenden Mittelstand, hinein in die Armut!

    Die Politiker haben Angst vor dem eigenen Volk, dass ihr ungezügeltes Streben nach Feudalherrschaft bald endet. Und das sie zur Verantwortung gezogen werden; denn wer u.a. schon auf Journalisten losgeht, hat sich bereits von der Demokratie entfernt!

  • Mit was für Handgranaten soll die Polizei den ausgestattet werden?

    Blendgranaten, Schockgranaten oder Splittergranaten?

  • Das hat doch System weltweit: man redet irgendeine Gefahr herbei, die man soundso in den Griff bekommen will und schwups, wird die Armee aufgestockt, Milliarden in Waffen versenkt, beleibige Überwachungstechniken freigeschaltet usw.

    Dummerweise versagen diese Systeme dann viel zu oft, wenn's ernst wird oder wenn es "nicht genehm ist", dass Beweise vorliegen. Man kann es also auch gleich lassen.

     

    Und wenn das Herbeireden nicht so klappt, hilft man ein bischen nach und betont dieses oder unterschlägt jenes...schliesslich will man ja seine Ziele erreichen.

     

    Mit "Terrorismus" klappt das hervorragend, denn diffuse Gefahren von überall kann man beliebig erzeugen, herbeireden und ausnutzen durch das säen von Angst und Hass.

    • @Mitch Miller:

      Nunja, es war in Sachsen ja bisher eher so, dass der rechtsextreme Terrorismus immer nicht als solcher gesehen wurde. Nun ist zumindest das einigermaßen deutlich geworden (NSU, Freital etc.), aber gegen diese werden die Waffen sicher nicht eingesetzt werden in Sachsen.

       

      Am schlimmsten sind ja in den Augen vieler Sachsen, besonders der Politiker die "Linksextremen" und dann vermutlich auch noch der islamistische Terror.

       

      Bisher fällt mir aber nur der rechte Terror als wesentlich auf.

  • Und wenn dann einer mal hingeht und das nicht einer Meinung mit der Regieeungspartei sein, als politische Kriminalität einstuft, was passiert dann mit uns?

  • Polen, Ungarn, Türkei und jetzt auch Bayern und Sachsen... da ist leider ein Muster zur Förderung und, vor allem, Sicherung der Autokratie/Monachie/u.ä. zu erkennen.

  • Was ist denn das Problem mit einer Videoüberwachung und einer Gesichtserkennung? Wenn damit Straftaten aufgeklärt oder verhindert werden können, sind sie doch sinnvoll.

    • @Frank Stippel:

      Eine Kamera verhindert leider keinen Terroranschlag. Was nützt es den Opfern, wenn man hinterher den Täter identifizieren kann, der sich wahrscheinlich schon selbst umgebracht hat?

       

      Toll, man kann sich dann das Verbrechen in Zeitlupe angucken, nur was bringt's?

    • @Frank Stippel:

      Das meinen Sie ernst? Sie fühlen sich also insgesamt sicherer, wenn um Sie herum ein Überwachungspparat aufgebaut wird, der Ihnen an jeder Ecke suggeriert, dass wir unter permanenter Gefahr leben und deshalb total überwacht werden müssen? Da fühlen Sie sich wohler als vorher?

       

      Mich macht das krank, ich gehe mit Bauchweh über öffentliche Plätze, weil vielleicht irgendein durchgeknallter Ex-Stasi-Überwachungsfuzzi meinen könnte, dass ich irgendwas vor haben könnte oder jemandem ähnlich sehe.

       

      Es ist erwiesen, das Menschen sich unter Überwachung auch anders benehmen als in Freiheit. Also werden wir rundum massiv beeinflusst, ohne konkreten Verdacht.

    • @Frank Stippel:

      Am besten in jeder Wohnung -- und wir haben das Ende häuslicher Gewalt!

       

      Ernsthaft: Studien legen eher nahe, daß Kriminalität dadurch entweder nicht abnimmt oder sich an andere Orte verlagert. Weshalb Regierungen auch auf Evaluation der Überwachungsmaßnahmen verzichten, bzw. -- wie beim Gesichtserkennungsprojekt am berliner S-Bahnhof Südkreuz -- vor der Auswertung keine Ziele festgelegt werden, damit das Projekt unabhängig vom Ausgang ein "Erfolg" wird.

       

      Was Kameraüberwachung hauptsächlich bewirkt, ist, daß das Sicherheitsgefühl der Leute sinkt. Dann versprechen Politiker wieder mehr Überwachung, also eine Scheinlösung, die das Grundproblem verstärkt. Das Verhältnis zwischen Dealer und Süchtigem.

      • @Soso:

        Ich hätte jetzt gedacht, dass zumindest das subjektive Sicherheitsgefühl zunehmen würde.

        • @Frank Stippel:

          Fühlen Sie sich auch sicher, wenn Cops mit Maschinenpistolen im öffentlichen Raum, wie bereits an Bahnhöfen geschehen, herumstehen? Keine Bedenken vor einer Benutzung/Besitz von automatischen Schusswaffen in einer Menschenmenge?

        • @Frank Stippel:

          Es gibt zumindest keinen Hinweis darauf, daß sich Menschen durch Überwachung sicherer fühlen. Wohl aber darauf, daß sie sich unsicherer fühlen. Belastbare Studien gibts meines Wissens keine (und generell müßte hier zuerst eine Methodendiskussion geführt werden).

           

          Der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sieht sogar die Gesetzgebung und öffentliche Debatte nach Terroranschlägen als Ursache für steigende Angst (und nicht etwa den Anschlag selbst), die wieder abnimmt, wenn das Bundesverfassungsgericht entsprechende Gesetze wieder kassiert und Bürgerrechte mit in die Debatte kommen (natürlich schwierig, so etwas sauber zu bestimmen).

           

          Daß selbst auf eigentlich mal beschlossene Evaluationsmaßnahmen verzichtet wird, deutet darauf hin, daß zumindest ein Teil der verantwortlichen Politiker und Staatssekretäre das auch so sieht, und die Überwachungsmaßnahmen offenbar aus anderen Gründen forciert werden.

           

          Man muß sich auch anschauen, vor welchen Straftaten Leute eigentlich Angst haben. Terroranschläge z.B. lassen sich kaum durch Kameras verhindern. Einbrüche zumindest nicht durch Kameraüberwachung an öffentlichen Plätzen. Jugendliche im Gewaltrausch lassen sich von ner Kamera auch nicht beeindrucken. Daß man letztgenannte in einzelnen Fällen hinterher faßt, verhindert keine Straftaten und löst kein gesellschaftliches Problem (es handelt sich hier eben nicht um eine Handvoll Täter, die man nur endlich mal fassen müßte, und dann wär gut). Und ich vermute, daß das den meisten auch "emotional" klar ist, wenn sie nachts durch Parks oder Bahnhöfe gehen.

      • @Soso:

        Das Sicherheitsgefühl der Leute wird ja mit Sicherheit gesteigert wenn z.B. die ach so berühmten U-Bahn-Treter nicht mal mehr identifiziert bzw. verfolgt werden können.

         

        Es heulen die üblichen Verdächtigen: Linke und Grüne. Und aller Erfahrung nach bedeutet das: Es ist notwendig, es ist sinnvoll und es ist wirksam.

        • @Thomas_Ba_Wü:

          Gerade der "U-Bahn-Treter" ist ein Beispiel für Fälle, in denen Videoüberwachung nicht zu einem größeren Sicherheitsgefühl führt (noch zu mehr Sicherheit). Bestenfalls dazu, daß der Täter gefaßt wird (was zur Sicherheit nichts beiträgt).

           

          Und ein Beispiel dafür, wie irrational die Debatte geführt wird. Und daß für viele für Videoüberwachung zu sprechen scheint, daß zwar keine Straftat verhindert wird, aber Leute (hoffentlich hart!) bestraft werden und dabei noch ein hübsches Video für die Öffentlichkeit rausspringt.

           

          "Es heulen die üblichen Verdächtigen: Linke und Grüne." -- Ja, könnte natürlich auch eine Ursache sein; so ungefähr "Mir egal, was man tut, Hauptsache, 'die Linken' sind dagegen." Auf jeden Fall gut, daß Thomas Ba-Wü nochmal darauf hinweist, daß es den Befürwortern nicht um Argumente geht. Ein bißchen klingt hier auch die bizarre Rhetorik an, mit der Konservative und extreme Rechte in der öffentlichen Debatte anscheinend punkten können, nämlich Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit zu dem Scheinargument "weniger Freiheit bedeutet per se mehr Sicherheit" zu verdrehen.

        • @Thomas_Ba_Wü:

          Ein weiterer Schritt in Richtung 1984... Und die Menschen schlucken es... sowas dämliches.

          Das Einzige was hier Notwendig ist, sind leichte Schläge auf den Hinterkopf derer, die sowas befürworten...