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SPD im Unions-AsylstreitStillhalten bis es kracht

Die Unionsparteien zerfetzen sich gegenseitig. Und die SPD? Sie versucht, den Asylstreit von sich fernzuhalten. Nur wie lange geht das noch gut?

Symbolisch: Am Montag wehte die EU- statt der SPD-Flagge auf dem Willy-Brandt-Haus in Berlin Foto: dpa

Berlin taz | Während sich die Union über Abweisungen von Flüchtlingen an den Grenzen streitet, setzt die SPD auf Symbole: Am Montagmorgen wird die europäische Fahne auf dem Willy-Brandt-Haus gehisst. Ein gelber Sternenkreis auf blauem Grund flattert im Wind – statt des üblichen SPD-Rots. „Es sind entscheidende Tage für Europa“, schreibt SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil dazu auf Twitter.

Die Sozialdemokraten betrachten den Krach zwischen CDU und CSU mit gemischten Gefühlen. Einerseits sind sie froh, dass sich ausnahmsweise mal der Koalitionspartner beharkt. Chaostage waren in der jüngsten Zeit sonst eher eine Spezialität der Sozialdemokratie. Aber gleichzeitig könnte der Streit auch die SPD in die Bredouille bringen. Wie lange können sich die Sozialdemokraten noch heraushalten? Schließlich sitzen sie in der Regierung, nicht am Spielfeldrand.

Wenn Spitzengenossen in diesen Tagen Interviews geben, bemühen sie sich erkennbar, den Druck auf der Union zu lassen. „Ich erwarte von Angela Merkel und von Horst Seehofer, dass sie sich zusammenreißen und die würdelosen Machtspiele unterlassen“, sagte SPD-Vizechefin Malu Dreyer am Wochenende der Funke-Mediengruppe. Beide müssten ihre „Scharfmacher“ zur Räson bringen. Der Unionsmachtkampf schade dem Land. Die SPD, so die Botschaft, ist die Stimme der staatstragenden Vernunft.

Doch inhaltlich hält sich die Sozialdemokratie bedeckt. Zwar lassen SPDler anklingen, dass sie auf Merkels Seite stehen, etwa wenn Parteichefin Andrea Nahles, sagt, dass in der Flüchtlingspolitik nur mit Europa eine vernünftige Lösung für Deutschland gefunden werden könne. Aber auf eine engagierte Verteidigung der Kanzlerin wartet man bisher vergeblich. „Es bringt uns jetzt gar nichts, Merkel inhaltlich zu stützen“, heißt es in der Fraktion. Es gehe um eine „klare Machtfrage“ in der Union. Die Kanzlerin müsse zeigen, dass sie von ihren eigenen Leuten noch getragen werde.

Taktisch ist die Duck-and-Cover-Strategie nachvollziehbar. Aber sie hat auch Nachteile. Die SPD wirkt erstaunlich defensiv. Sie ist stolz darauf, ein engagiertes Europakapitel in den Koalitionsvertrag verhandelt zu haben. Doch wenn es um die zentrale Frage geht, nationale Grenzen zu schließen, hält sie sich heraus?

Der Streit steht der SPD noch bevor

Die Vorsicht hat nicht nur strategische Gründe. Die SPD muss Neuwahlen fürchten wie keine andere Partei. In Umfragen liegt sie im Moment zwischen 16 und 18 Prozent, also noch deutlich unter dem 20,5-Prozent-Desaster von 2017. Die AfD rangiert knapp dahinter. Nachdem sich die SPD in einem schmerzhaften Ringen aufs erneute Regieren eingelassen hat, drohte ihr bei einem Sturz Merkels eine Katastrophe.

Hinzu kommt: Die SPD hat ihre eigene Position in der Flüchtlingspolitik noch nicht wirklich geklärt. Sie schwankt zwischen der humanitären Position, viele Flüchtlinge aufzunehmen – und der, offensiver über Begrenzung nachzudenken. Nahles hat als Parole einen „Realismus ohne Ressentiments“ ausgegeben. Als sie neulich in einem Interview sagte, Deutschland könne nicht alle Flüchtlinge aufnehmen, warf ihr der Berliner Landesverband „rechte Rhetorik“ vor. Juso-Chef Kevin Kühnert betonte, solche Sätze seien im Konflikt mit der AfD nicht hilfreich.

Andere Sozialdemokraten verteidigen Nahles, allen voran Ex-Parteichef Sigmar Gabriel. Er fordert in Interviews Asylzentren in Afrika und begrüßt Nahles „unideologischeren Zugang zu dem Thema“. Sie habe nur eine Binsenwahrheit ausgesprochen. Er könne nur allen raten, „sich die Lebenswirklichkeit im Land sehr aufmerksam anzuschauen“, sagte er der Funke-Mediengruppe. Gabriel hatte seinerzeit früh darauf gedrängt, dass neben der Versorgung von Geflüchteten auch mehr soziale Investitionen für Einheimische geben müsse.

Der Streit, den CDU und CSU im Moment austragen, steht der SPD also noch bevor – wenn auch in gemäßigterer Form. Allerdings könnte die SPD früher in den Unionskonflikt gezogen werden, als ihr lieb ist. Nämlich dann, wenn mehr Details aus Horst Seehofers sogenanntem Masterplan in der Flüchtlingspolitik bekannt werden. Bisher sind nur wenige der 63 Punkte öffentlich. Doch schon das Wenige, was durchsickert, birgt Sprengstoff – auch jenseits der Idee, bestimmte Flüchtlinge an den deutschen Grenzen abzuweisen.

Lauern unangenehme Überraschungen in Seehofers Plan?

So will Seehofer zum Beispiel Geldzahlungen an Geflüchtete fast komplett unterbinden. Stattdessen soll laut der Augsburger Allgemeinen auf Sachleistungen umgestellt werden. Flüchtlinge bekämen also Kleidung, Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs zugewiesen statt einer Pauschale, die deutlich unter dem Hartz IV-Satz liegt. Die SPD war in der Vergangenheit immer dagegen. Ein solches Verfahren, so das Argument, würde den organisatorischen Aufwand in den Flüchtlingsunterkünften deutlich erhöhen.

Dem SPD-Vizevorsitzenden und Parteilinken Ralf Stegner schwant bereits, dass noch unangenehme Überraschungen in Seehofers Plan lauern. Die Wahrscheinlichkeit, dass jener „weitere Schikanen“ außerhalb der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen enthalte, sei extrem groß, twittert Stegner: „Zumal wir ja blindwütigen Wettbewerb der CSU mit der AFD zu Genüge kennen.“

Die SPD mag im Moment noch die Rolle der unbeteiligten Zuschauerin spielen können. Doch lange wird dieser glückliche Zustand nicht dauern.

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16 Kommentare

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  • "Stattdessen soll laut der Augsburger Allgemeinen auf Sachleistungen umgestellt werden"..... "Ein solches Verfahren, so das Argument (der SPD), würde den organisatorischen Aufwand in den Flüchtlingsunterkünften deutlich erhöhen."

     

    Blödsinn, "ein solches Verfahren" war bis 2012 in fast allen GUs üblich und hat bestens funktioniert!

  • Die SPD macht es gut, wenn sie nicht aktiv ins Geschehen eingreift. Die haben genug Schelte bekommen, auch hier lacht doch schon der Fettnapf...

     

    und der sollte Seehofer und Merkel gehören.

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Warum nochmal koaliert die SPD mit den Nazis von der CSU?

    • @970 (Profil gelöscht):

      Weil ansonsten bald 0% linke Politik betrieben wird. Muss nicht schlechtes bedeuten, aber weil Sie fragen...

      • 9G
        970 (Profil gelöscht)
        @lord lord:

        Haha, "linke" Politik und die SPD. Hahahahahahahaha!

    • @970 (Profil gelöscht):

      Aus Gründen der Staatsräson «(º¿º)»

  • Es sollte langsam so jedem Beteiligten klar sein, dass sie CSU nicht regierungsfähig ist. Das bedeutet für die CDU das Ende der Unionsgemeinschaft, wenn sie jemals wieder regieren möchte, für die SPD das Ende der Koalition. Wenn es dann endlich zu Neuwahlen kommt, verliert va. die Partei, die es verdient hat: Die CSU.

    • @Dorian Müller:

      Warum glauben Sie bitte, dass Merkels Position auch die der CDU ist?

      • @insLot:

        Was hat das damit zu tun dass die CSU moralisch/charakterlich mit der AfD gleichzieht dabei aber die Regierung aber derart rücksichtslos destabilisiert wie man es von der Linken(sollte diese mit CDU und SPD koalieren) erwarten würde.

         

        Die CSU ist derzeit doch vollkommen untauglich als Partner ein jeden Koalition. Jede andere Partei wäre regierungsfähiger.

  • Wer immer ja zu allem sagt wird irgendwann eben nicht mehr gefragt.

     

    Es ist bezeichnend wie die CSU ihre Koalitionspartner vor sich hertreibt.

     

    Anstatt bei sinkender Zustimmung zu kämpfen verfällt die SPD in Schockstarre, den Blick konzentriert auf die Scheinwerfer gerichtet.

  • Erst kürzlich wurde ich schmerzhaft daran erinnert, dass die stärksten Gewitter meist mit völliger Windstille eingeleitet werden.

  • "Er [Gabriel] könne nur allen raten, „sich die Lebenswirklichkeit im Land sehr aufmerksam anzuschauen“..." Das ist ja ein toller Tipp. Vielleicht sollten wir dann auch mal schauen, wem wir diese beklagenswerte "Lebenswirklichkeit" zu verdanken haben. Da kommt seine Truppe, die aktuell nur wenig besser wirkt als Schröder-Müntefering-Clement-Sarrazin-Heil auf einen ziemlich guten A...och-Punktwert. Schwätzer!

    • @My Sharona:

      Yes. Yes. Yes

  • Ideenlos, kraftlos, farblos, leblos, richtungslos, wirbellos.

    hypnotisierte Kaninchen.

  • Selbsttäuschung um die SPD Clique in Berlin noch schön zu reden, ist der falsche Weg. Wenn Malu Dreyer (SPD) daher blubbert, dass die SPD, die Stimme der staatstragenden Vernunft sei, muss man fragen, wo bleiben denn die Staatsbürger die das auch so sehen? Schließlich zeigen alle Umfragen eines sehr deutlich, alle Parteien haben seit der Bundestagswahl an Stimmen zugelegt, nur die SPD nicht. Die SPD ist die einzige Partei, die seit der BT-Wahl erheblich an Zustimmung verloren hat. Tendenz weiterso.

     

    Wie lange will die SPD von Malu Dreyer noch staatstragend bleiben?

    Mach wir uns nichts vor. Die SPD Protagonisten, die sich alle mit warmen Posten eingedeckt haben, würden alles mitmachen, was die UNION beschließt. Die Elite – Genossen haben die SPD tatsächlich in eine alternativlose Zwickmühle gebracht. Bei Neuwahlen verlieren sie und in der GroKo auch. Nur mit einem entscheidendem Unterschied: Bei Neuwahlen verlieren sie ihre Ministerposten sofort und in der GroKo können sie noch weitere 3,5 Jahre Kasse machen.

    • @Nico Frank:

      Ja. Kommt kein Corbyn, ist das hypnotisierte Kaninchen tot. Erben Schröder sind wie Blairs Erben. Wie die Basis es duldet ist mir ein Rätsel, habe kein Insidersicht. Sollen trotzdem viele gute da sein, ist noch eine Massenpartei, sind noch nicht alle Parteifunktionäre und Minister. Sind aber hier auch im Forum nicht zu hören.