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SPD-Spitzenkandidatin in BerlinGiffey verliert Doktortitel

Die FU Berlin hat der SPD-Politikerin Franziska Giffey den akademischen Grad aberkannt. Als Familienministerin war sie deshalb schon im Mai zurückgetreten.

Jetzt wirklich titellos: SPD-Politikerin Franziska Giffey Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin afp/dpa | Wegen Plagiaten in ihrer Dissertationsschrift verliert die frühere Bundesfamilienministerin und Spitzenkandidatin der Berliner SPD zur Abgeordnetenhauswahl im September, Franziska Giffey, ihren Doktortitel. Wie die Freie Universität (FU) Berlin am Donnerstag mitteilte, fasste das Hochschulpräsidium „nach umfassender Beratung einstimmig“ den Beschluss, der 43-jährigen Politikerin den Doktorgrad zu entziehen.

Zur Begründung hieß es, der Titel sei durch „Täuschung über die Eigenständigkeit ihrer wissenschaftlichen Leistung“ erworben worden. Es seien Texte und Literaturnachweise anderer Autorinnen und Autoren übernommen worden, ohne dass dies hinreichend gekennzeichnet worden sei.

Nach langen Diskussionen um ihre Doktorarbeit und die Plagiatsvorwürfe gab Giffey im Mai das Amt der Bundesfamilienministerin auf. Sie machte damals bereits öffentlich, dass sie auch bei einem Entzug des Doktortitels an ihrer Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahl in Berlin im September festhalten will. Giffey will als Nachfolgerin von Michael Müller Regierende Bürgermeisterin werden.

Im Herbst 2019 hatte die FU Giffey wegen Mängeln in ihrer Dissertation eine Rüge erteilt, ihr aber den Titel nicht entzogen. Nach Kritik an diesem Verfahren kündigte die FU eine erneute Prüfung durch ein neues Gremium an. Die Rüge sei aufgehoben worden, teilte die Hochschule am Donnerstag weiter mit.

Giffey hatte wiederholt erklärt, sie habe die Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. „Ich bedauere, wenn mir dabei Fehler unterlaufen sind.“ Im vergangenen November – noch während des Prüfverfahrens an der FU – hatte sie entschieden, den Doktortitel nicht mehr zu führen.

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7 Kommentare

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  • Bei diesem Trauerspiel, das die FU hier aufführt, vermisse ich die Konsequenzen für die Doktormutter, die offenkundig nichts geprüft hat (gerüchteweise soll sie das genau so den Doktorand*innen aufgegeben haben.



    Also genau genommen, vermisse ich diese Konsequenzen bei allen Unis.

  • Wir erinnern uns .....gelle.....was ist bloß aus unserer Es Pe De geworden....

    www.welt.de/politi...s-Hochstapler.html

  • Man muss befürchen, dass sie im Falle ihrer Wahl auch Berlin "nach bestem Wissen und Gewissen" regieren wird.

  • "Nach besten Wissen und Gewissen" lese ich, hat sie ihre Arbeit erstellt. Wie entlarvend doch mach schlichte Sätze sind mit denen man die etwas einfacherern Gemüter beruhigen will, denn: Beides hat dafür eben nicht ausgereicht. Und wie schal dann dieser Satz doch wirkt, zumal man "nach bestem Gewissen" ja jetzt Bürgermeisterin werden will.

    • 0G
      06438 (Profil gelöscht)
      @Tom Farmer:

      Giffey hat von 2005-2010 ein berufsbegleitendes Promotionsstudium absolviert und mit dem Titel Dr. rer. pol. mit dem Prädikat "summa cum laude" abgeschlossen.

      Bei der Bewertung hat sich die FU sicher nicht mit Ruhm bekleckert - das Verfahren dauert jetzt 3 Jahre nach mehreren sich wider-sprechenden Entscheidungen. Der Witz in dieser unendlichen Geschichte ist das nach dem Verwaltungsrecht bereits getroffene Entscheidungen eigentlich nicht mehr revidierbar gewesen wären.

      Aber sei es drum - für Jean-Paul Sartre ist es besonders schlimm, eine Person auf eine einmalige Handlung oder einen einmaligen Handlungszusammenhang in der Vergangenheit festzulegen. Das bedeutet für diesesn Fall:

      Die Verfehlung Giffeys ereignete sich vor 11 Jahren - wobei in den letzten 3 Jahren ein Verfahren jedesmal das nächste auslöste.

      Satres Beispiel ist die Zuschreibung „Dieb“: Wenn jemand einmal etwas gestohlen hat, ist er deshalb nicht für alle Zeiten ein Dieb.

      Dementgegen lautet das neuste Urteil der FU gegen Giffey:



      ===



      „Keine HINREICHENDE Kennzeichnung“



      ===



      das ist der Kern und der Höhepunkt dieser unendlichen Geschichte.

      1.. Also entweder für Satre -

      2.. oder die Heraufsetzung aller Strafen nach dem bürgerlichen Gesetzbuch in Angleichung an das Strafmass gegen Giffey und den hammerharten Umgang gegen Sie - inklusive der Abschaffung jeglicher Verjährungsfristen.

      Wer jetzt noch nicht begriffen hat das er im Glashaus sitzt - der werfe bitte den ersten Stein - habe gerade mit Jean - Paul auf Wolke 7 telefoniert - wir werfen zurück.

  • Dass ihre Doktorarbeit nicht in Ordnung war, ist ja schon länger bekannt. Jetzt wurde sie - einstimmig (!) - aberkannt und es stellt sich doch die Frage, was man von einer Uni zu halten hat, die offensichtlich völlig ungeprüft einfach mal so Doktortitel verliehen hat. Das wirft gewiss kein gutes Licht auf den Hochschulstandort Deutschland. Forsche Leere statt Forschung und Lehre, ihre Exzellenz?

  • Alles andere wäre auch eine Überraschung gewesen.



    Nach der jahrelangen Zermürbung war nicht zu erwarten, dass an der FU noch jemand die Energie aufbringt, dem veröffentlichten Druck Widerstand zu leisten.

    Spätestens seit Schavan sind solche Plagiatsvorwürfe nicht mehr ernst zu nehmen -- kein Wunder, dass das Publikum den ganzen Bohei achselzuckend ignoriert.