Berlin Alexanderplatz: Wahlkampf auf Kosten der Polizei

Innensenator Andreas Geisel besucht die Polizeiwache auf dem Alexanderplatz. Mit dabei: Die Spitzenkandidatin der SPD und die Presse.

Andreas Geisel und Franziska Giffey vor der Weltuhr auf dem Alex

Der Innensenator und die SPD Spitzenkandidatin vor der Weltzeituhr auf dem Alex Foto: taz

BERLIN taz | Es herrscht das übliche Treiben am Alexanderplatz, eingestuft als kriminalitätsbelasteter Ort. Touristen nuckeln an Eisshakes, ein Radfahrer mit Kippe zieht eine Marihuanafahne hinter sich her, in der Grünanlage schlafen Obdachlose ihren Rausch aus.

Vor der Polizeiwache neben der Weltzeituhr leuchtet an diesem Donnerstag viel uniformiertes Blau. Innensenator Andreas Geisel (SPD) und die Spitzenkandidatin der SPD für die Landtagswahlen, Franziska Giffey, haben sich angesagt. Geisel, dunkler Anzug, weißes Hemd, gebräunt, ist zuerst da. Als er kurz in der Wache verschwindet, nähert sich die Spitzenkandidatin: Weiße Pumps, rotes Kleid, die blonden Haare wie immer hochgesteckt.

Freundlich nickend begrüßt Giffey die Journalisten und Polizisten. „Hallo, ich bin der KOB vom Alex,“ stellt sich einer der Beamten vor. „Und ich bin die KÖPPin hier“ sagt die daneben stehende Beamtin. Giffey braucht etwas, bis sie kapiert, dass die weibliche Form vom „Kontaktbereichsbeamten“ gemeint ist. Als Geisel aus der Wache kommt, ruft sie amüsiert: „Ich habe gerade erfahren, dass es hier auch eine KÖPPin gibt“.

Law-und-Order

Die Veranstaltung ist Wahlkampf pur. Die infolge der Plagiatsaffäre um ihre Dissertation als Bundesfamilienministerin zurückgetretene Giffey will Regierende Bürgermeisterin von Berlin werden. Als Law-und-Order-Frau versucht sie sich zu profilieren. „Mir ist wichtig, die innere und soziale Sicherheit zusammenzubringen“, sagt sie auf dem Alex. Und: „Andreas Geisel finde ich sehr gut als Innensenator“.

Die Presse im Schlepptau geht quer über den Platz. Den KOB und die KÖPPin haben Geisel und Giffey in die Mitte genommen. Die beiden sollen ihnen aus der Praxis berichten. Geisel doziert, dass sich die Aufenthaltsqualität auf dem Alex verbessern müsse. Besonders unangenehm sei es in der Unterführung.

Eine ältere Dame spricht Giffey an. Um ihr Enkelkind, das wegen der Pandemie so lange nicht zur Schule konnte, sorgt sich die Frau. Das Gespräch unter Beobachtung der Fernsehkameras dauert. KOB und KÖPPin warten derweil. Nein, er missbrauche die Polizei nicht für Wahlkampfzwecke, erwidert Geisel auf taz-Nachfrage. Er sei öfter auf Dienststellen. Warum solle er nicht vorzeigen, dass sich die Wache auf dem Alex bewähre?

Auch der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei ist vor Ort. Den Dienststellenbesuch des Innensenators findet er gut. Aber die Häufung vor den Wahlen stoße den Kollegen negativ auf. Ein Uniformierter drückt es so aus: Er sei froh, dass er eine Maske trage. „Da kann man meine Emotionen nicht sehen.“

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