SPD-Spitze gegen „nukleare Teilhabe“: Atomwaffen? Nein, danke
Seit 45 Jahren verstößt Deutschland gegen den Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag. Jetzt fordert Mützenich den Abzug der US-Atomwaffen.
D ie Forderungen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich und des Co-Parteichefs Norbert Walter-Borjans, alle US-Atomwaffen aus Deutschland abzuziehen und die „nukleare Teilhabe“ der Bundesrepublik in der Nato zu beenden, sind überfällig. Denn mit dieser Teilhabe, die im Kriegsfall den Einsatz US-amerikanischer Atombomben durch Tornado-Kampfflugzeuge der Bundesluftwaffe ermöglicht, verstößt Deutschland seit 45 Jahren gegen den Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NVV).
Bereits im März 2010 hatte der Bundestag die Bundesregierung fast einstimmig aufgefordert, sich „für den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland einzusetzen“. Im Widerspruch dazu stimmten die drei SPD-Außenminister der letzten zehn Jahre bei allen Nato-Tagungen seither den Plänen der USA für eine „Modernisierung“ der in Büchel in der Eifel stationierten Atombomben ab 2021 zu und damit auch dem Ersatz des Tornados durch ein für den Einsatz der „modernisierten“ Bomben geeignetes Kampfflugzeug.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will zu diesem Zweck US-amerikanische F-18-Kampfflugzeuge kaufen. Mützenichs Widerspruch gegen diese Pläne wird nicht zuletzt angesichts der Coronakrise und der letzte Woche bekannt geworden Rekordzuwächse des deutschen Militärhaushalts auf breite Zustimmung stoßen.
Wichtiger ist allerdings sein Hinweis, dass die USA unter Trump die Entwicklung von Atomwaffen betreiben, die nicht nur zur Abschreckung, sondern auch zur Kriegführung dienen sollen. Dazu gehören auch neue Mininukes. All das hatte die Trump-Administration bereits im Februar 2018 verkündet.
Die hysterischen Reaktionen von Unionspolitikern, die diese Entwicklung beim wichtigsten Verbündeten völlig ausblenden und nur auf nukleare Rüstungsanstrengungen Russlands verweisen, erinnern in ihrer verlogenen Einseitigkeit an die Debatten vor und nach dem Nato-Doppelbeschluss von 1979. Wenn Mützenich und Walter-Borjans durchhalten, könnte die SPD wieder Profil und Wähler*innen gewinnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag