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SPD-ParteivorsitzStichwahl für Esken und Geywitz

Die SPD-Mitglieder haben sich entschieden: Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans treten in einer Stichwahl um den Parteivorsitz gegen Klara Geywitz und Olaf Scholz an.

Noch drücken sie sich: Saskia Esken (l) und Klara Geywitz samt jeweiligem Anhang Foto: dpa

Berlin dpa/afp | Im Wettstreit um den SPD-Vorsitz kommt es zu einer Stichwahl, wie die Partei am Samstag bekanntgegeben hat: Im zweiten Wahlgang des Mitgliederentscheids treten Finanzminister Olaf Scholz und die Brandenburgerin Klara Geywitz gegen Nordrhein-Westfalens früheren Finanzminister Norbert Walter-Borjans und die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken an.

Die beiden Paarungen kamen beim Mitgliedervotum für die neue Parteispitze auf die Plätze eins und zwei, wie Dietmar Nietan vom SPD-Wahlvorstand am Samstag in Berlin mitteilte. Scholz/Geywitz erhielten knapp 22,7 Prozent der gültigen Stimmen, Walter-Borjans/Esken gut 21 Prozent.

Rund 53,3 Prozent der gut 425.000 Mitglieder hatten an der Abstimmung teilgenommen. Die Suche nach einem neuen SPD-Vorsitz war nötig geworden, nachdem die damalige Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles Anfang Juni zurückgetreten war. Die Kandidaten tourten in 23 Regionalkonferenzen durch Deutschland. Seit Mitte Oktober konnten die Sozialdemokraten für die am Ende noch sechs Kandidat*innenduos abstimmen, online oder per Brief.

Die kommissarische SPD-Vorsitzende Malu Dreyer sprach von einem „besonders wichtigen Tag für unsere Partei“. Mit diesem Mitgliedervotum habe die Partei etwas Neues gewagt.

Es geht um die GroKo

Vom 19. bis zum 29. November entscheiden die Mitglieder nun zwischen Platz 1 und 2. Vorher treffen die zwei vorne liegenden Duos bei mehreren Veranstaltungen aufeinander. Bei der Stichwahl geht es auch um eine Flügelentscheidung Rechts oder Links. Vizekanzler Scholz gilt als Vertreter des rechten Parteiflügels und ebenso wie seine Mitbewerberin Geywitz als Befürworter der großen Koalition.

„Ich bin froh, dass es so ausgegangen ist“, sagte Scholz nach der Bekanntgabe des Ergebnisses. Sein Ziel sei, „dass die SPD eine mutige Partei ist und sich etwas zutraut“, hob er hervor. Geywitz warb für eine weitere Regierungsbeteiligung der Sozialdemokraten: „Die SPD ist am besten in der Lage, Probleme zu lösen, wenn sie gestalten kann.“

Ganz anderer Meinung ist das Duo Walter-Borjans und Esken, das stark von den Jusos unterstützt wird. Sie sehe „keine Chance“, gemeinsam mit der Union „Strategien für Zukunftsfragen zu entwickeln“, erklärte Esken am Samstag. Als ihr zentrales Ziel nannte sie, „die soziale Schere in Deutschland wieder zu schließen, die immer weiter auseinandergeht“. Neben dem sozialen Zusammenhalt gehe es ihr auch um mehr Chancengerechtigkeit und den Kampf gegen den Klimawandel.

Auch Walter-Borjans sagte, er sehe die Zukunft der Koalition mit CDU und CSU „sehr kritisch“. Allerdings wolle er noch „die Hoffnung nicht aufgeben“ und die Chancen der „GroKo“ noch einmal ausloten. „Wir müssen klare Ansagen machen, wie man in diesem Land für Gerechtigkeit sorgen kann“, forderte auch er seine Partei auf.

„Das Ergebnis muss stehen“

Nach der Stichwahl müssen die Gewinner*innen noch von den Delegierten des Parteitags Anfang Dezember in Berlin endgültig bestätigt werden. Auch um die Zukunft der Koalition soll es dann gehen und um die programmatische Erneuerung der Partei.

Die Auszählung der Stimmen hatte am Samstagmorgen im Willy-Brandt-Haus begonnen. Insgesamt 250 Freiwillige aus ganz Deutschland waren im Einsatz. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius mahnte seine Partei zur Geschlossenheit. Entscheidend sei am Ende, dass sich alle hinter dem Ergebnis versammelten, auch wenn die Wahlbeteiligung nicht so irre hoch sei, sagte Pistorius der Deutschen Presse Agentur. „Das Ergebnis muss stehen.“

Das Ergebnis des SPD-Mitgliederentscheids über den Parteivorsitz entspricht nach den Worten von Berlins SPD-Chef Michael Müller seinen Erwartungen. „Meine Prognose war, dass es eng wird. Und so ist es auch gekommen“, sagte der Regierende Bürgermeister. Dass Finanzminister Olaf Scholz und die Brandenburgerin Klara Geywitz in die Stichwahl gekommen seien, habe ihn nicht überrascht, so Müller. Schließlich sei Scholz als Bundesminister sehr bekannt. Das zweite Team mit Nordrhein-Westfalens Ex-Finanzminister Norbert Walter-Borjans und der Bundestagsabgeordneten Saskia Esken sei aber „eng“ dran. „Es bleibt also spannend“, so Müller.

Das genaue Ergebnis

So verteilen sich die insgesamt 213.693 zulässigen und gültigen Stimmen auf die Kandidat*innen-Paarungen:

Klara Geywitz / Olaf Scholz: 48.473 Stimmen (22,68 Prozent)

Saskia Esken / Norbert Walter-Borjans: 44.967 Stimmen (21,04)

Christina Kampmann / Michael Roth: 34.793 Stimmen (16,28)

Nina Scheer / Karl Lauterbach: 31.271 Stimmen (14,63)

Petra Köpping / Boris Pistorius: 31.230 Stimmen (14,61)

Gesine Schwan / Ralf Stegner: 20.583 Stimmen (9,63)

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7 Kommentare

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  • Eigentlich ein gutes Ergebnis für Saskia Esken, die jetzt zusammen mit N.W.B. aus NRW eindeutig die Favoritin ist. Fast alle Wähler*innen der Ausgeschiedenen außer Geywitz und Köpping können ihr zugerechnet werden.



    Es ist auch ein Zeichen von Toleranz, dass sich die SPD-Frauen trotz tausendjähriger Unterdrückung ihres Geschlechts noch auf Männer einlassen : Ihr politischer Gefährte, N.W.B., ist ein Mann, war im höheren Auftrag auf dem Schwarzmarkt tätig.



    Es lebe die nächste große Vorsitzende Saskia Esken. Könnte was werden, SPD.

  • Die SPD haette ihr Vorsitzendenpaar so wie die Labour-Partei waehlen sollen, also eine Wahl mit integrierter Stichwahl (englisch instant runoff oder alternative vote). Damit haette die Partei sich die Kosten der Stichwahl gespart und es waere Sichergestellt das wirklich das beliebsteste Kandidatenpaare gewinnt. Das ist hier naemlich gar nicht klar - wenn z.B. Kampmann/Roth die Zweitpraeferenz der ueberwiegenden Waehler von Scheer/Lauterbach, Koepping/Pistorius und Schwan/Stegner waeren, haetten sie die Mehrheit, aber dankt des dummen deutschen Stichwahlsystems kommen sie noch nicht mal in jene Stichwahl.

  • Ich sag ja, es war eine Farce, wenn nicht schlechte Satire. Im Endeffekt treten mit Borjans und Scholz zwei an, die sich im Kern so ähnlich sind, dass es kaum einen Unterschied macht wer gewinnt.

    Der eine hat die rote Null (schwarze war von CDU und konnotiert ja noch einen Gewinn dabei) gefestigt, verteidigt und will davon auch nicht abrücken.

    Der andere hat zwar ein paar Milliarden in seiner Zeit als Finanzminister in NRW hereingeholt, das aber nur durch potentielle Hehlerei mit Steuer-CDs, womit er sich damals profiliert hat und es heute auch nocht tut.

    Diese vermeintliche "Heldentaten" können aber nicht darüber hinwegtäuschen dass er 7 Jahre lang Finanzminister des bevölkerungsreichsten und somit stimmgewichtigsten Bundeslandes war.



    Er hat es aber nicht vermoch und vermutlich auch nicht gewollt, ein Vermögenssteuergesetz in den Bundesrat einzubringen, noch die Erbschaftssteuer aus ihrer ineffektiven pro forma Existenz zu befreien. Er hat daraus nicht einmal einen Konflikt gemacht, nicht mit der Kraftlosen Ministerpräsidentin, noch mit anderen Ländern, noch mit dem Bund.



    Stattdessen Ablenkung mit Steuer CDs.



    Und da behauptet der ernsthaft auf den Regionalkonferenzen man müsse "endlich aufhören zu diskutieren und auch endlich mal etwas durchsetzen" hat dies aber in seiner Zeit in Regierungsverantwortung für die relevanten Ressorts erst gar nicht versucht.



    Die EINMALIG paar Milliarden der Steuer CDs sind mithin nichts im Vergleich zu NRWs alleinigem Anteil an 400 Milliarden vererbten Vermögens JÄHRLICH noch entsprechender Vermögenssteuer JÄHRLICH die ja laut Art. 106 II GG die Finanzierung der Länder sicherstellen sollen.



    Viel zu viele meiner dummen Genossenschaafe interessiert es aber nicht, sie gehen ihm auf den Leim.

    Zu allem Überfluss setzen sie auch noch verbrecherische Bankster und Arbeitslose gleich und nur "die hart arbeitende Mitte" hat Rechte, nicht jeder Einzelne. Das geht mir viel zu sehr in Richtung Armenhäuser und schwarze Winkel für "Assoziale"!

    • @Pleb:

      Korrektur: Statt Armenhöuser sollte dort natürlich "Arbeitshäuser" stehen,

      Vgl. "Müssiggang" aus;



      lexetius.com/StGB/361,9 und Arbeitshaus aus



      lexetius.com/StGB/42d,2

      mit: "Die arbeitende Mitte will weder betrogen noch ausgenutzt werden, weder von marodierenden Banken noch von Steuerhinterziehern noch von den wenigen SozialleistungsempfängerInnen, die nicht nach Arbeit streben und letztlich dazu beitragen, eine ganze Gruppe zu stigmatisieren."¹

      Dividere et impera, "spätrömische Dekadenz" ist gar nichts dagegen.

      ¹5. aus:



      standhaft-sozial-d...t-fuer-die-vielen/

      Für solche reaktionäre Scheiße letztlich auch noch Corbyn zu missbrauchen, lässt den Hass in mir glühend orange werden.

  • Stichwahl am 19.11.2019? Was ist denn das?



    Scholz/Geywitz: 22,68 Prozent



    Esken/Walter-Borjans: 21,04 Prozent



    22,68 Prozent sind mehr !!! 1,64 Prozent mehr!!!

    • @Vordenker112:

      Das sind natürlich knapp 8% mehr und nicht 1,64% mehr.



      Oder 1,64 Prozentpunkte mehr.



      Nennt sich Vordenker, hält sich für gebildet, aber würde 5. Klasse Mathe durchfallen.

    • @Vordenker112:

      Es ist dieser typische SPD Konsensschwachsinn, fast schlimmer als es immer über den Osten gesagt wird, weswegen sie ja auch immer Stichwahlen bei Landtagswahlen haben wollen.

      Ich krieg die Aussage "meiner/meines" MdB nicht mehr verbetim auf die Reihe, aber es läuft letztlich nicht einmal auf die demokratische Legimintation hinaus sondern darauf Abweichler zu verstummen. Ähnlich der Übung dort sich durch sozialwissenschaftliche Methoden "consent" herbeizuzaubern.