SPD-Parteivorsitz: Stichwahl für Esken und Geywitz
Die SPD-Mitglieder haben sich entschieden: Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans treten in einer Stichwahl um den Parteivorsitz gegen Klara Geywitz und Olaf Scholz an.
Die beiden Paarungen kamen beim Mitgliedervotum für die neue Parteispitze auf die Plätze eins und zwei, wie Dietmar Nietan vom SPD-Wahlvorstand am Samstag in Berlin mitteilte. Scholz/Geywitz erhielten knapp 22,7 Prozent der gültigen Stimmen, Walter-Borjans/Esken gut 21 Prozent.
Rund 53,3 Prozent der gut 425.000 Mitglieder hatten an der Abstimmung teilgenommen. Die Suche nach einem neuen SPD-Vorsitz war nötig geworden, nachdem die damalige Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles Anfang Juni zurückgetreten war. Die Kandidaten tourten in 23 Regionalkonferenzen durch Deutschland. Seit Mitte Oktober konnten die Sozialdemokraten für die am Ende noch sechs Kandidat*innenduos abstimmen, online oder per Brief.
Die kommissarische SPD-Vorsitzende Malu Dreyer sprach von einem „besonders wichtigen Tag für unsere Partei“. Mit diesem Mitgliedervotum habe die Partei etwas Neues gewagt.
Es geht um die GroKo
Vom 19. bis zum 29. November entscheiden die Mitglieder nun zwischen Platz 1 und 2. Vorher treffen die zwei vorne liegenden Duos bei mehreren Veranstaltungen aufeinander. Bei der Stichwahl geht es auch um eine Flügelentscheidung Rechts oder Links. Vizekanzler Scholz gilt als Vertreter des rechten Parteiflügels und ebenso wie seine Mitbewerberin Geywitz als Befürworter der großen Koalition.
„Ich bin froh, dass es so ausgegangen ist“, sagte Scholz nach der Bekanntgabe des Ergebnisses. Sein Ziel sei, „dass die SPD eine mutige Partei ist und sich etwas zutraut“, hob er hervor. Geywitz warb für eine weitere Regierungsbeteiligung der Sozialdemokraten: „Die SPD ist am besten in der Lage, Probleme zu lösen, wenn sie gestalten kann.“
Ganz anderer Meinung ist das Duo Walter-Borjans und Esken, das stark von den Jusos unterstützt wird. Sie sehe „keine Chance“, gemeinsam mit der Union „Strategien für Zukunftsfragen zu entwickeln“, erklärte Esken am Samstag. Als ihr zentrales Ziel nannte sie, „die soziale Schere in Deutschland wieder zu schließen, die immer weiter auseinandergeht“. Neben dem sozialen Zusammenhalt gehe es ihr auch um mehr Chancengerechtigkeit und den Kampf gegen den Klimawandel.
Auch Walter-Borjans sagte, er sehe die Zukunft der Koalition mit CDU und CSU „sehr kritisch“. Allerdings wolle er noch „die Hoffnung nicht aufgeben“ und die Chancen der „GroKo“ noch einmal ausloten. „Wir müssen klare Ansagen machen, wie man in diesem Land für Gerechtigkeit sorgen kann“, forderte auch er seine Partei auf.
„Das Ergebnis muss stehen“
Nach der Stichwahl müssen die Gewinner*innen noch von den Delegierten des Parteitags Anfang Dezember in Berlin endgültig bestätigt werden. Auch um die Zukunft der Koalition soll es dann gehen und um die programmatische Erneuerung der Partei.
Die Auszählung der Stimmen hatte am Samstagmorgen im Willy-Brandt-Haus begonnen. Insgesamt 250 Freiwillige aus ganz Deutschland waren im Einsatz. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius mahnte seine Partei zur Geschlossenheit. Entscheidend sei am Ende, dass sich alle hinter dem Ergebnis versammelten, auch wenn die Wahlbeteiligung nicht so irre hoch sei, sagte Pistorius der Deutschen Presse Agentur. „Das Ergebnis muss stehen.“
Das Ergebnis des SPD-Mitgliederentscheids über den Parteivorsitz entspricht nach den Worten von Berlins SPD-Chef Michael Müller seinen Erwartungen. „Meine Prognose war, dass es eng wird. Und so ist es auch gekommen“, sagte der Regierende Bürgermeister. Dass Finanzminister Olaf Scholz und die Brandenburgerin Klara Geywitz in die Stichwahl gekommen seien, habe ihn nicht überrascht, so Müller. Schließlich sei Scholz als Bundesminister sehr bekannt. Das zweite Team mit Nordrhein-Westfalens Ex-Finanzminister Norbert Walter-Borjans und der Bundestagsabgeordneten Saskia Esken sei aber „eng“ dran. „Es bleibt also spannend“, so Müller.
Das genaue Ergebnis
So verteilen sich die insgesamt 213.693 zulässigen und gültigen Stimmen auf die Kandidat*innen-Paarungen:
– Klara Geywitz / Olaf Scholz: 48.473 Stimmen (22,68 Prozent)
– Saskia Esken / Norbert Walter-Borjans: 44.967 Stimmen (21,04)
– Christina Kampmann / Michael Roth: 34.793 Stimmen (16,28)
– Nina Scheer / Karl Lauterbach: 31.271 Stimmen (14,63)
– Petra Köpping / Boris Pistorius: 31.230 Stimmen (14,61)
– Gesine Schwan / Ralf Stegner: 20.583 Stimmen (9,63)
– Enthaltungen: 2.376
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links