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SPD-Entwurf zum WahlprogrammZu Scholz, um wahr zu sein

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Die SPD will Hartz IV durch ein Bürgergeld ersetzen. Wenn sie es wirklich ernst meint, ist ihr Programm nur mit Grünen und Linkspartei durchsetzbar.

Olaf Scholz stellt das SPD-Wahlprogramm im Willy-Brandt-Haus vor Foto: Kay Nietfeld/dpa

E s ist ein Wahlprogrammentwurf der schönen Worte, den die SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken gemeinsam mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz am Montag präsentiert haben. „Wir wollen aus Träumen Zukunft machen.“ Was für ein sympathischer Satz! „Wir wollen, dass alle Menschen ihre Wünsche verwirklichen und ihre Ziele erreichen können.“ Klingt auch klasse, oder?

Die Wer­be­tex­te­r:in­nen im Willy-Brandt-Haus haben ganze Arbeit geleistet. Einziges Problem: So hübsch sich das 48-seitige Papier auch liest, so unklar bleibt über weite Strecken, was daraus praktisch folgen soll.

Nehmen wir das für die SPD immer noch heikle Thema Hartz IV, ihr Sündenfall aus der unsäglichen Schröder-Ära. „Die Grundsicherung werden wir grundlegend zu einem Bürgergeld entwickeln“, lautet das Versprechen der Partei. Dieses Bürgergeld stehe „für ein neues Verständnis eines haltgebenden und bürgernahen Sozialstaats“. Das wäre erfreulich. Nur: Worin besteht der substanzielle Unterschied zum Bestehenden? Die Regelsätze in diesem neuen Bürgergeld müssten „zum Leben ausreichen und zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen“, heißt es im Entwurf.

Aber haben nicht alle sozialdemokratischen Ar­beits­mi­nis­te­r:in­nen von Wolfgang Clement über Franz Müntefering, Olaf Scholz und Andrea Nahles bis zum heutigen Amtsinhaber Hubertus Heil stets behauptet, genau das würde bereits für die jämmerlichen Hartz IV-Regelsätze gelten?

Zudem wird ein Hauptproblem des Hartz IV-Regimes nicht grundsätzlich angegangen: dass Erwerbslose erst dann eine Grundsicherung erhalten, wenn sie bis auf geringfügige „Schonbeträge“ ihre gesamten finanziellen Reserven verzehrt haben.

Genau deswegen löst Hartz IV bei vielen Menschen eine derartige Angst aus, weil ihnen nach dem Auslaufen des Arbeitslosengelds I droht, innerhalb kurzer Zeit so gut wie alles zu verlieren, was sie sich erarbeitet haben – bis hin zur Wohnung. Die SPD will diese Zeit nun etwas strecken. Innerhalb von zwei Jahren solle in Zukunft Vermögen und Wohnungsgröße nicht überprüft werden. Und was kommt danach?

Wolkiges zu Auslandseinsätzen

Ein anderes Beispiel: „Als die Friedenspartei in Deutschland setzen wir auf Diplomatie und Dialog, auf zivile Krisenprävention und Friedensförderung, auf Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie internationale Zusammenarbeit“, heißt es. Klingt gut, aber was bedeutet das konkret? Will die SPD endlich die deutschen Sol­da­t:in­nen aus Afghanistan abziehen oder einen der anderen 12 Auslandseinsätze der Bundeswehr beenden? Ist die SPD für oder gegen bewaffnete Drohnen? Wie steht sie zum fatalen 2-Prozent-Ziel der Nato? Man erfährt es nicht.

Ist der Entwurf schlecht, den die SPD-Führung vorgelegt hat? Nein, ist er nicht. Aber er enthält zu viele Leerstellen, um wirklich überzeugend zu wirken. Den größten Erklärungsbedarf gibt es jedoch in der Frage, mit wem die SPD ihr „Zukunftsprogramm“ eigentlich umsetzen will.

Wer die Vermögenssteuer wieder in Kraft setzen, die Einkommenssteuer für Spit­zen­ver­die­ne­r:in­nen erhöhen, die steuerliche Abzugsfähigkeit von Ma­na­ge­r*in­nen­ge­häl­tern begrenzen und eine Finanztransaktionssteuer einführen will, der wird das weder mit der Union noch gar mit der FDP können. Falls es SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ernst meint, dann muss er sich unzweideutig für eine Koalition mit den Grünen und der Linkspartei aussprechen. Sonst bleibt es bei schönen Worten mit nichts dahinter.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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23 Kommentare

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  • „Zu Scholz, um wahr zu sein“

    Beste Headline seit langem.

  • Immerhin. Die SPD bastelt an einem Programm. Von den anderen Parteien ist so etwas kaum zu erwarten.

    • Pascal Beucker , Autor des Artikels, Inlandsredakteur
      @Kappert Joachim:

      Na ja, das stimmt jetzt nicht so ganz. Die Linkspartei hat ihren Wahlprogrammentwurf bereits Anfang Februar vorgestellt. Falls Sie den Bericht dazu in der taz seinerzeit verpasst haben, können Sie ihn hier nachlesen: taz.de/Wahlprogram...nkspartei/!5746624

  • Scholz ist dich einer der Letzten der unsäglichen Garde von 1998. Clement, Münte, Schröder alles Verbrecher..



    Wenn der Letze von denen verstorben ist, kann mit Kühnert ein Neuanfang gemacht werden. Vorher gibt's die SPD für mich nicht

    • @Rasmuss:

      Wenn Kühnert seinen Lebensweg so konsequent wie bisher durchzieht, scheitert er auch damit.

  • Stimmt schon, eigentlich müssten Scholz und SPD sich klar für RRG/GRR aussprechen. Das weiß auch jeder. Aber wenn sie das tun, sind sie erledigt, denn dann gehen massenweise Arbeitnehmer zur Union über.

    Eine unmögliche Situation für die Partei.

  • "I have a dream..."

    Olaf Scholz, Willy-Brandt-Haus, 2021

  • Schon interessant - die Mehrheit der Hartz IV Bezieher will dass man die Sanktionen beibehält.

    www.google.de/amp/...html%3fservice=amp

    Jetzt kommt die SPD und sagt bitte weg damit - gegen den Willen der Betroffenen?

    Meine Meinung: Geld hilft nicht sonder vergrößert die Armut weil sich ganze Generationen darin einrichten.

    • @Wombat:

      LOL, wunderbares Beispiel für plumpe Desinformation, der von Ihnen verlinkte Artikel. Es handelt sich um eine "Befragung" (und nicht um eine Umfrage), es wurden die "Kunden" eines einzigen Jobcenters "befragt" (repräsentativ ist also definitiv nicht), der Autor schwadroniert deshalb ständig mit Formulierungen wie "es scheint", und die "Untersuchung" fand im Auftrag einer bekannten Arbeitgeber-Lobbybude statt

      lobbypedia.de/wiki/Klaus_F._Zimmermann

      Das wäre vermutlich selbst der Blöd-Zeitung zu plump.

    • @Wombat:

      Bitte für den ASSI-Pokal 2021 anmelden.



      Dank im Voraus.



      Für den A 🕳🕳-Preis langts allemal 👹

      • @Lowandorder:

        Wollten wir nicht pfleglich miteinander umgehen? Wer beleidigt, hat vermutlich keine Argumente.

        • 9G
          91491 (Profil gelöscht)
          @bestrosi75:

          Na , wo er recht hat , hat er recht .

        • @bestrosi75:

          Gern.

          “ Geld hilft nicht sonder vergrößert die Armut weil sich ganze Generationen darin einrichten.“

          Welch Argumente hams denn am Start?



          Rüberwachsen lassen. Gellewelle.



          Dank im Voraus.

          • @Lowandorder:

            Ich habe nicht behauptet, dass ich Wombats Meinung teile. Mich störte nur Ihr Ton.

            • @bestrosi75:

              Normal Schonn #me too. Aber hier. Nö.

  • Naja eine Abwandlung der negativen Einkommenssteuer wäre gleich dreifach vorteilhaft:

    - Leute müssen nicht beim Amt betteln gehen,



    - sondern reichen eine Steuererklärung ein wie alle "besser Gestellten",



    - kriegen gleich alle geldwerten Vorteile mit, die sie durch jahrelang nicht eingereichte Steuererklärungen verpasst haben.

    Das wäre tatsächlich eine Möglichkeit den Fluch von Hartz IV rückgängig zu machen. Wenn es nicht klappt ist die SPD in 10 Jahren Geschichte. Warum sollten Wähler eine Partei wählen, die gegen sie selbst als Zielgruppe agiert?

  • 9G
    97760 (Profil gelöscht)

    Alles nur Sprüche. " Gesellschaftliche Teilhabe, "den Bürger möchte ich sehen, der mit seinen stabilen Schuhen aus dem Baumarkt, weil man die ewig tragen kann ( (Stahlkappe und Haltbarkeit von 5 Jahren)und Holzfällerhemd in die Oper oder ins Kunstmuseum geht. So jemand wählt auch keine Partei die verspricht, mehr Wohnungen zu bauen

  • Die SPD ist seit Schröder nicht mehr die Partei der arbeitenden Menschen.Sie hat sich meilenweit von den Gewerkschaften entfernt.Leider sehen die abhängig Beschäftigen keine Vertretung Ihrer Interessen im Bundestag.Klare KAnte wäre z.Bsp.gewesen die Rechte von Betriebs und Personalräte massiv zu erhöhen.Dann wäre einiges in diesem Land nicht passiert.Zum Bsp.die Leiharbeit,Werksverträge,sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen und so einiges mehr.

  • Ja wie?

    “ Zu Scholz, um wahr zu sein



    Die SPD will Hartz IV durch ein Bürgergeld ersetzen.



    Wenn sie es wirklich ernst meint, ist ihr Programm nur mit Grünen und Linkspartei durchsetzbar“ Ach was!

    kurz - Oil of Olaf I. Gröfimaz zu G 23 - wa!



    Hat mit sojet zahnloses Gequatsche doch beste Erfahrung.



    Doch Doch. Damals beie Jusos schon mit Cohiba-Gerd!



    Der große Wurf unter diesen Flacheisenjuristen. Woll!



    ABSCHAFFUNG DER BGB-SCHUTZ§§ für MAKLER!!! - 😱 -



    WEIL DIESE ASOZIAL & NICHT SCHÜTZENSWERT SEIEN!



    KORREKT!! - Aber was stört mich mein Snakken von gestern.



    Nicht wahr. Du hamburger Quidje.



    Aber du hast ja auch keine Polizeigewalt gesehen!

    kurz - War höbt wi lacht! - 👹 -

    unterm——- entre nous —-



    (Ok - ok - Du Olaf! - …das mit der 🐀 - …laß ich mal lieber wech!



    Dafür habt auch ihr ja längst gesorgt. Daß die das sinkende Schiff.



    Die alte Tante SPD - “hier können Familien Kaffee kochen!“



    Längst verlassen haben! Du … 🤮 -

  • Ist Olaf Scholz ernsthaft zuzutrauen, dass er Steuern von Reichen eintreibt?



    Sein Verhalten in Hamburg wegen cum-cum/cum-ex sagt Anderes...

    • 9G
      97760 (Profil gelöscht)
      @Mainzerin:

      Wie will man jemanden für voll nehmen, der zusammen mit Lothar Binding( angehöriger des linken Parteiflügels der SPD)eine völlig irre Besteuerung von Gewinnen und Verlusten auf Börsentermingeschäfte für Privatleute seit Januar2021 befürwortet? Wenn Sie mit einem Geschäft 40.000 verdienen, und mit einem fast gleichem Gegengeschäft 40.000 zeitgleich verlieren, müssen Sie 20.000 " Gewinn" versteuern. Sie dürfen nämlich nur 20.000 Verlust abziehen. Der Bundesrat hatte verfassungsrechtliche Bedenken geäussert(Klage läuft) dennoch wurde dem Gesetz, um den Koalitionsfrieden nicht zu gefährden, von der CDU zugestimmt.

  • 9G
    92293 (Profil gelöscht)

    Allerdings, Abschöpfen der Forderungen von Opposition und diese in ein Wahlprogramm packen, d.h. ach lass das doch liegen über lange Sicht geht das eh nicht .... kein Verlass auf SPD (so wie sie seit 10 Jahren sind)

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Linke Inhalte kann die SPD besser mit der Union umsetzen,



    wie die letzten Regierungsjahre zeigen.