Russland, Deutsche Welle und Impfen: Kein Interesse an Sport
Kanzler Scholz wird für seine Stille kritisiert. Russlands Präsident Putin macht tabula rasa mit deutschen Medien. Und bei Olympia fehlt die Stimmung.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Erdogan vermisst Merkel, die „immer einen Schlüssel zur Lösung des Problems brachte“.
Und was wird besser in dieser?
Damit kann Scholz leben.
Die olympischen Spiele in Peking haben begonnen, doch Feierstimmung will nicht aufkommen: Das liegt an internationaler Kritik am Austragungsort, diplomatischen Boykotten und diversen Corona-Infektionen unter Sportler:innen. Schalten Sie trotzdem mal ein?
Nach allem, was die KollegInnen vor Ort durchkassibern, ist das kein Pressezentrum, sondern die organisierte Zubereitung von Peking-Enten. Dank einer tief wurzelnden Abneigung gegen alle Hophophop-Sportarten, die mich schon beim gucken schockfrosten, nehme ich es als willkommenes Training im Durchignorieren. Für die WM in Katar. Eis, wo ist Dein Pickel!
Die EU-Kommission stuft Investitionen in Atomkraft und Erdgas unter bestimmten Auflagen als nachhaltig ein. Haben wir den Kampf gegen die Klimakrise jetzt aufgegeben?
Ich warte noch kurz ab, bis die Kohlelobby mit dem Geniestreich durch die Tür kommt, ihre gesammelten Gifte im Endlager neben die Castoren mit Atommüll einzulagern. Dann ist die Sause rund. Vattenfall hat das schonmal versucht.
Russland verfügt über ein Sendeverbot für die Deutsche Welle. Die Entscheidung ist wohl als Gegenreaktion auf den Ausstrahlungsstop des russischen Fernsehkanals RT DE in Deutschland gedacht. Wie geht es jetzt weiter mit den deutsch-russischen Beziehungen?
2014 definierte DW-Intendant Peter Limbourg als Zielsetzung, „Putins Propaganda Paroli zu bieten“. Er forderte mehr Geld, um „eine Alternative zum russischen Staatssender Russia Today“ zu schaffen. Klingt nach einer Bewerbung um das, was jetzt passiert ist. Nachts bei Putin Klingelmännchen spielen wäre ähnlich. Es gab Proteste der Belegschaft, weil Limbourg drohte, das deutschsprachige Programm zu Gunsten eines englischen News-Kanals zu kürzen.
Heikel, das passt nicht zum Image eines sendenden Goethe-Institutes. Die DW hat eine öffentlich-rechtliche Struktur mit allerhand kirchlichen und Kultur-Honoratioren in den Gremien. Doch das Geld ist komplett Staatsknete, Bundeshaushalt, auf Russisch: ungefähr so Staatsfunk wie RT.de. Also: Bauerntausch im Äther, nichts für sensible Antennen. Die Verbotsbegründungen sind auf beiden Seiten aus eitel Strohhalm gebastelt; nichts, was man nicht zurückholen könnte.
Die neuen Plakate für die Impfkampagne der Bundesregierung ernten Kritik. Die Plakate sähen aus wie die Bons von Sanifair, spötteln manche. 60 Millionen Euro hat der Spaß gekostet. Hätten Sie eine bessere Idee, um Menschen zur Impfung zu bewegen?
Binnenwitz: die Agentur heißt „Scholz and friends“. Ein Großteil des Etats dürfte nicht für den plumpen Look draufgehen, sondern für die Distribution. Es wird uns von Klorollen und Handyklingeltönen entgegendröhnen. Der frühe Verzicht auf die Impfpflicht, die zähe Entwicklung von Nicht-Gentec-Impfstoffen, leider auch die föderale Kakophonie waren Fehler. Na gut und die Wiedervereinigung.
Bei einem US-Militäreinsatz wurde ein IS-Anführer in Syrien getötet. Joe Biden sagt, das Militär habe auf seinen Befehl hin die Welt zu einem sichereren Ort gemacht. Wird das die Beliebtheitswerte des US-Präsidenten wieder steigern?
Empfohlener externer Inhalt
Mal kurz Pause. Auch als „extralegale Hinrichtung“ ist ein Mord ein Mord. Obama verantwortet den an Usama Bin Laden, danach kam Trump.
Um Olaf Scholz ist es in den vergangenen Tagen ruhig gewesen, bei Twitter trendete #WoIstScholz? Haben Sie eine Ahnung, was er zuletzt getrieben hat?
Der Textbaustein „Merkel lässt Führung vermissen“ liegt offenbar in vielen Redaktionen noch wohlfeil rum. Hatten wir eine Ahnung, dass Angela Merkel etwa 2014 rings um die Ukraine-Krise 33 Mal mit Putin telefoniert hat? Diplomatie ist leise, wenn sie gut sein soll. Das Beste an dem, was Scholz tut, ist das, was Baerbock nicht tut: Die Außenministerin spricht behutsam und meidet ihren Wahlkampfsound. Als dagegen die FDP den RKI-Chef mobbt, kontert Scholz sogleich öffentlich. „Wer Führung bestellt, bekommt Führung“ soll er mal gesagt haben; wer Kanzler bestellt, bekommt Kanzler, keinen Kirmesboxer. Ausnahme Schröder.
Und was machen die Borussen?
Bilden Sie mal einen Satz mit „Klimawandel“, „nachhaltige Energie“ und „24-Stunden-Beleuchtung des Westfalenstadions an 7 Tagen die Woche“. Geht nicht? Treffer.
Fragen: Anna Meyer-Oldenburg, Carolina Schwarz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo