Russische Großmachtansprüche: Zu wenig Gegenwind

Der lange Arm des russischen Präsidenten Putin reicht nach Armenien, Aserbaidschan und in die Ukraine. Überall mischt er mit. Und der Westen schaut zu.

Präsident Wladimir Putin mit Gewehr.

Was für ein Mann: Putin ist gerne mal auf Eskalationskurs, hier bei der Jagd in einem Bild von 2010 Foto: Russian Government Press Service

Klar möchte Wladimir Putin in irgendeiner Form der Herr des Raumes sein, der einmal die Sowjet­union war. Ehemals weitgehend unabhängige Staaten wie Kasachstan, Armenien oder Belarus können sich kaum noch aus der Umarmung des russischen Präsidenten befreien. Doch Putins Wünsche und Putins Möglichkeiten müssen nicht übereinstimmen. Nach dem Grundsatz „teile und herrsche“ hat er seinen Einfluss auf die Staaten des Karabach-Konflikts, Armenien und Aserbaidschan, bewahrt.

Beide Seiten werden mit Waffen beliefert, und je nach Konjunktur stellt sich Russland mal auf die Seite von Armenien, mal auf die Seite von Aserbaidschan. Mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan hat sich Putin weitgehend die Zone des Karabach-Konflikts aufgeteilt. Dass das so ist, liegt nicht nur an Putin und Erdoğan. Es liegt auch daran, dass die westlichen Staaten den Südkaukasus vernachlässigt haben. Und das rächt sich jetzt.

Dabei hätte man diesen Ländern so viel mehr Werte zu bieten als die beiden Autokraten aus der Türkei und Russland. Auch in der Ukraine haben es Russland und die staatlichen russischen Medien geschafft, schlafende Hunde zu wecken und mit den Ängsten der ostukrainischen Bevölkerung Konflikte zu schüren und für sich zu nutzen. In Kiew hätte eine „faschistische Junta“ das Sagen, so die staatlichen russischen Medien. Viele Menschen in der Ostukraine glauben das.

Wie leicht wäre es für die Ukraine, dieser Propaganda den Wind aus den Segeln zu nehmen. Man müsste nur darauf verzichten, Straßen mit den Namen bekannter Nationalisten zu benennen, die an der Seite der Wehrmacht gekämpft hatten. Aber auch westliche Zivilgesellschaften könnten mit der Unterstützung von Kräften, wie beispielsweise der „Gesellschaft Memorial“ in Russland, die der Regierung kritisch gegenüberstehen und einen militärischen Angriff auf ein anderes Land ablehnen, deeskalieren.

Die russische Generalstaatsanwaltschaft will Memorial verbieten. Man fragt sich, wo die Solidaritätsadressen von westlichen Pazifisten für Memorial bleiben.

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Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.

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