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Russische Bedrohung in der OstukraineSchweigen über den Krieg

Wie blicken die Menschen in der Ostukraine auf die russische Gefahr? Viele verstecken ihre Angst, andere demonstrieren. Eindrücke aus Charkiw.

Charkiw am 5. Februar: Demonstration gegen den Aufmarsch russischer Truppen an der Grenze Foto: Evgeniy Maloletka/dpa

Charkiw taz | Hundert Gramm?“, fragt die stämmige Wirtin ihren einzigen Gast in einem Imbiss im Hauptbahnhof der ostuk­rainischen Metropole Charkiw und nimmt schon die Wodkaflasche in die Hand. Dann sieht die Frau, die davon lebt, ihre Gäste zum Wodkakonsum zu animieren, sich um, auf ihrem Gesicht macht sich plötzlich Unsicherheit breit. „Was meinen Sie, kommt der Krieg?“

Ohne die Antwort abzuwarten, schiebt sie nach, dass das momentan die Frage sei, die sie am meisten umtreibe. Einen Teil der Schuld vermutet sie auch bei der eigenen Regierung. Auf die ist sie gar nicht mehr gut zu sprechen, seitdem die Behörden ihren gutgehenden Kiosk in Bahnhofsnähe einfach geschlossen haben und ihr dabei niemand zur Seite gestanden hatte.

Plötzlich wird die Tür ruckartig aufgestoßen, ein Mann mit zerrissener Militärjacke und zwei Tragetaschen in der Hand, betritt den Imbiss, tritt die Tür mit dem Fuß wieder zu, stellt die Taschen auf den Boden und sich wortlos an die Theke. Die Wirtin versteht sofort, holt eine Flasche Wodka hervor und gießt ihrem Stammkunden 200 Gramm ein – ein Milchglas voll.

„Heute mal keine vulgären Sprache“, schärft sie ihrem Kunden ein, „da hinten sitzt ein Ausländer.“ „Hoffentlich kein Amerikaner“, antwortet der. Dann sprechen die beiden miteinander, über das Wetter, die Vergangenheit und gemeinsame Bekannte. Nur über eines sprechen sie nicht: über einen möglichen Krieg gegen Russland und ihre Furcht davor.

Unter vier Augen

Diese Szene ist typisch für die Stimmung dieser Tage in Charkiw. Über die eigene Angst vor einem Krieg spricht man nur unter vier Augen. Im größeren Kreis gibt man sich entweder stark oder tauscht sich über andere Themen aus.

Lidiya Pliszka ist Journalistin und vor fünf Jahren in die USA gezogen. Jetzt ist sie wieder für ein paar Wochen zurück nach Hause, nach Charkiw, gekommen. Sie kann nicht verstehen, warum von Seiten der Charkiwer Stadtverwaltung so wenig getan wird, um die Bevölkerung auf den Kriegsfall vorzubereiten. Obwohl sie nicht einmal die US-Staatsbürgerschaft besitze, werde sie ständig von der US-Botschaft in Kiew mit Informationen darüber informiert, wie sie sich im Krisenfall zu verhalten habe.

Sie erfahre von der US-Botschaft mehr als die Bürger ihrer Heimatstadt Charkiw von ihrer Stadtverwaltung. „Das geht mir nicht in den Kopf“, sagt Pliszka kopfschüttelnd, „dass der Bürgermeister von Charkiw versprochen hat, der Himmel über Charkiw werde friedlich bleiben. Woher nimmt der diese Gewissheit? Der kann doch gar nicht wissen, wie es weitergehen wird“, meint sie. Die große Sorglosigkeit der Behörden und der Bevölkerungsmehrheit findet sie „nicht sehr erwachsen“. Nachdenklichkeit und auch Angst spüre man nur im direkten Kontakt mit guten Bekannten, meint Pliszka.

Im Café Zentral in der Freiheitsstraße direkt bei der Stadtverwaltung ist am Nachmittag immer Hochbetrieb. Obwohl derzeit in der Ukraine prozentual gesehen täglich mehr als doppelt so viele Menschen an dem Coronavirus sterben als in Deutschland, kümmert man sich im täglichen Leben nur wenig um die 3G-Regelung. Auch das Café Zentral kann man betreten, ohne dem Personal ein Impfzertifikat oder einen Testnachweis vorlegen zu müssen.

Kein Rückhalt in der Bevölkerung

„Ein russischer Angriff auf Charkiw ist möglich, eine russische Besetzung und Besatzung von Charkiw nicht“, meint die an der Charkiwer Universität dozierende Politologin und Soziologin Julia Bidenko, die hier vor einem Heißgetränk an einem Tisch sitzt. Besatzer hätten in Charkiw keinerlei Rückhalt in der Bevölkerung. Trotz aller Kritik an der Regierung hätten die Menschen erkannt, dass sie Dinge bekommen hätten, die in Russland nicht möglich seien.

Als Beispiel führt sie die Dezentralisierung an, die den Menschen mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten einräume. Dadurch habe die Loyalität gegenüber dem ukrainischen Staat zugenommen. Über 380.000 Binnenflüchtlinge hätten in Charkiw gelebt. Und deren Erzählungen hätten den Einheimischen deutlich gemacht, wie unattraktiv der Separatismus sei.

Auch die Toleranz gegenüber nationalen oder sexuellen Minderheiten und die demokratische Entwicklung habe die Ukraine sehr attraktiv gemacht. Es gebe nicht viele ehemalige Sowjetrepubliken, wo vor der Wahl wirklich nicht klar sei, wer gewinnen werde.

Von den 50.000 in Charkiw studierenden Ausländer:innen, so Bidenko, kämen allein 15.000 aus Indien. „Sollte diesen Stu­den­t:in­nen bei einem russischen Angriff etwas zustoßen, bekommt Russland mit Indien ein Problem. Und Indien ist Atommacht.“

Erfolg vor Gericht

Kürzlich habe es einen Streit zwischen den städtischen Behörden und dem Inlandsgeheimdienst auf der einen Seite sowie den Ver­an­stal­te­r:in­nen einer Demonstration unter dem Motto „Charkiw gehört zur Ukraine“ auf der anderen Seite gegeben. Die Behörden hatten die für den 5. Februar geplante Kundgebung verbieten wollen, die Veranstalter hatten vor Gericht jedoch eine Aufhebung dieses Verbots erstritten. „In Russland gibt es so was nicht, dass sich Nichtregierungsorganisationen vor Gericht gegen Verwaltung und Geheimdienst durchsetzen“, erklärt Bidenko.

So hatte die Demonstration wie geplant am 5. Februar stattfinden können. Zwischen 500 und 1.000 Menschen seien dabei gewesen, meint der Charkiwer Journalist Stanislaw Kibalnik. Weit mehr als 2.000 habe sie gezählt, berichtet hingegen Julia Bidenko. So unterschiedlich wie die Einschätzung der Teil­neh­me­r:in­nen­zahl ist auch die Bewertung der Aktion.

Für Bidenko hat die Demonstration am 5. Februar erneut gezeigt, wie lebendig die Zivilgesellschaft in Charkiw ist. Kibalnik ist der Auffassung, die geringe Beteiligung an der Demonstration zeige, dass der aktive Teil der Gesellschaft geschrumpft sei.

„Wir haben ein Vakuum, unter anderem weil die rechten Gruppen immer mehr an Bedeutung verlieren. Gleichzeitig ist keine Gruppe in der Lage, dieses Vakuum zu füllen“, sagt Kibalnik. „Und es gibt Positionen, die man besser nicht öffentlich äußert“, sagt er. Nach wie vor seien ungefähr 15 Prozent der Bevölkerung prorussisch eingestellt. Das gehe aus anonymen Umfragen im Telegram-Kanal hervor. Aber öffentlich würde niemand seine Sympathie zu Russland bekunden.

Zwei Projekte

Gemeinsam mit anderen Aktivst:innen, die alle unterschiedliche politische Biografien haben, arbeitet Kibalnik an zwei Projekten: der Internetplattforum assembly.org.ua und Stadtteil-Chats in Telegram-Kanälen. Bei beiden Projekten geht es um soziale Fragen, Mieten, Ökologie und Verkehr.

„Mit den Chats wollen wir vor allem Leben in die Stadtteile bringen, die am meisten benachteiligt sind, wo die Ärmsten der Bevölkerung leben“, so Kibalnik. „Das heißt, wir wollen ihnen helfen, sich selbst zu organisieren, ihren Ärger über Missstände, wie schlechte Trottoirs, Umweltprobleme oder eine nicht funktionierende Müllabfuhr zu artikulieren.“ Sein Credo lautet: Wirkliche Veränderungen lassen sich nur an der Basis der Gesellschaft erreichen.

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45 Kommentare

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  • "Sollte der Verweis auf eine selbstbewusster und stärker werdende ukrainische Zivilgesellschaft jetzt tatsächlich das Argument sein, der Ukraine in der Abwehr Putinscher Expansionsgelüste beizustehen?"

    beides: die stärker werdende ukrain. Zivilgesellschaft als auch die putinschen Expansionsgelüste sind Grund den Ukrainern beizustehen. Oder sollten putinsche Expansionsgelüste Grund sein, Russland zu unterstützen?

  • Sollte der Verweis auf eine selbstbewusster und stärker werdende ukrainische Zivilgesellschaft jetzt tatsächlich das Argument sein, der Ukraine in der Abwehr Putinscher Expansionsgelüste beizustehen?



    So sieht es in Kiew, Charkow und unter den ukrainischen Akademikern und Stadtbewohnern wohl aus ... aber wie ist es auf dem flachen Land um die prowestliche Orientierung bestellt?



    Es wurde der ukrainischen Bevölkerung traditionell immer schon ein starkes Freiheitsstreben gegen die jeweilige "Obrigkeit" unterstellt, was historisch auf dem Mythos von der freien Kosakengemeinschaft der Saporoger Sitsch fußt, die es seinerzeit wagte, dem Sultan am Bosporus "am Barte zu zupfen" und sich in diversen Kosaken- und Bauernaufständen mit polnischen und litauischen Magnaten schlugen ... um sich dann letztlich der russischen Zarenkrone zu unterwerfen.



    Neu-Russland oder Ukraine ... sprach nicht schon Dostojewki davon, dass Kiew nicht eigentlich das "bessere" Russland repräsentiere, anstelle des "dunklen, finsteren" Moskowiterreiches?



    Man sieht daran, die Sache lässt sich nicht nur aus zwei, sondern sogar aus ganz unterschiedlichen Perspektiven betrachten.

    • @Abdurchdiemitte:

      Kosaken, Zaren u Dostojewski geben zwar prima Gelegenheit seine Bildung auszustellen oder Kolorit für Russland- Romantik - aber hat das noch Validität für die Analyse der jetzigen gesellschaftl. u politischen Zustände? Oder kann man da auch gleich Teesatzlesen.

      • @ingrid werner:

        Sehr viel, würde ich meinen ... ein wenig Auseinandersetzung mit historischen Narrativen erleichtert das Verstehen von geschichtlichen wie aktuellen Nation-Building-Prozessen inklusive der Begründung des Rechts auf eine eigene (National-)Staatlichkeit wie derzeit in der Ukraine. Oder auch der Versuch, das zu verhindern, wie die Argumentation Putins zeigt.



        Beispielsweise hatte die Varusschlacht 9 n. Chr. tatsächlich nichts mit der Ausrufung des deutschen Kaiserreichs im Spiegelsaal von Versailles 1871 zu tun, sie wurde damals jedoch als der Beginn deutscher "Volkswerdung" und Staatlichkeit interpretiert. Kiewer Rus, ähnlicher Fall, auf den sich ironischerweise Russen wie Ukrainer berufen.

    • @Abdurchdiemitte:

      So viele TAZ-Leser, so viele Meinungen.



      Sie finden: "Es wurde der ukrainischen Bevölkerung traditionell immer schon ein starkes Freiheitsstreben gegen die jeweilige "Obrigkeit" unterstellt".



      @Warum_denkt_keiner_nach findet (s.u.): "Der Hang zum Autoritären in diesem Landstrich ist ja bekannt ..."



      Und ausgehend von Ihren "gefühlt richtigen" kulturellen Stereotypen mutmaßen Sie beide, ob die Ukrainer sich freuen werden, dreinschicken werden, wehren werden, wenn sie demnächst überfallen werden.



      1) Sind wir uns wohl alle einig, dass wir nicht erleben wollen, wer da recht hat.



      2) Erlaube ich mir zu @Abdurchdiemitte": Sollte der Verweis auf eine selbstbewusster und stärker werdende ukrainische Zivilgesellschaft jetzt tatsächlich das Argument sein, der Ukraine in der Abwehr Putinscher Expansionsgelüste beizustehen?" den Hinweis, dass ein Angriffskrieg immer ein Kriegsverbrechen ist, unabhängig von der politischen und gesellschaftlichen Zuständen in dem Land, das angegriffen wird.



      3) Gebe ich nicht auf, zu den Fragen, die Sie bewegen (wie sieht es in der ukrainischen Seele aus?) quantifizierte Fakten beizusteuern.



      Ukrainische Soziologen erstellen regelmäßig einen Vertrauensindex für eine Reihe gesellschaftlicher und politischer Institute. (Frage: Vertrauen Sie dieser Institution? Antwort: Ja/Nein/Weiß nicht).



      Ranking politischer/gesellschaftlicher Institute im Dez 2020 (Anteil der Ja-Antwort in Klammern)



      Freiwilligenorganisationen, die der Armee und Armeeangehörigen helfen (74%)



      Die Menschen in meiner Nachbarschaft (67%)



      Den Ukrainischen Streitkräften (66%)



      Freiwilligenorganisationen, die Binnenflüchtlingen helfen (66%)



      Kirche (52%)



      Binnenflüchtlinge (41%)



      Sonstige NGOs (39%)



      Ortspolizei/Streifenpolizei (34%)



      Präsident der Ukraine (32%)



      Ukrainische Medien (30%)



      (nicht örtliche) Staatspolizei (29%)



      Geheimdienst (27%)



      Regierung der Ukraine (14%)



      Oberste Rada der Ukraine (12%)



      Russische Medien (4%)



      Quelle: kiis.com.ua/?lang=...ports&id=1005&page

      • @Barbara Falk:

        Das mit dem Hang zum Autoritären geht übrigens auf meine Kappe und nicht auf die von @Warum_denkt_keiner_nach?, muss ich ehrlicherweise ergänzen.



        Das Phänomen ist tatsächlich ein besorgniserregendes, aber das gilt nicht nur für die Ukraine oder Russland, sondern leider weltweit.

      • @Barbara Falk:

        Der von Ihnen verlinkte Vertrauensindex der ukrainischen Soziologen soll uns jetzt genau was erklären? Da ist mir Ihre Intention nicht ganz klar.



        Wenn ich mal unterstelle, im Fall der Ukraine handelt es sich um eine liberale demokratische Gesellschaft westlicher Prägung (ist sie das?), so würde mich doch irritieren, dass das Vertrauen in Regierung und Parlament in der ukrainischen Bevölkerung so extrem niedrig gerankt ist, und das gerade in Krisenzeiten ... das Vertrauen in die Streitkräfte dagegen sehr hoch, was dafür sprechen könnte, dass in der Bevölkerung die Bedrohungslage von außen als extrem hoch eingeschätzt wird und wenig Vertrauen in die eigenen politisch-rechtsstaatlichen Institutionen besteht. Nur als Beispiel.



        Ihre Daten bieten hier also sehr viel Spielraum für unterschiedliche Interpretationen ... zudem sind auch immer die Methodik, die Erhebungsinstrumente sowie die aktuellen politischen Kontexte (sozial)wissenschaftlicher Untersuchungen zu berücksichtigen und ggf. kritisch zu hinterfragen, die eine bestimmte Datenbasis hervorbringen. Das lernt man heute auch schon im Studium der soziologischen Disziplin.



        Und hinsichtlich der kulturellen Stereotype, die Ukrainern, Russen oder wem sonst noch gerne zugeschrieben werden, habe ich mich in meinem vorherigen Post selbst dahingehend geäußert, dass es sich dabei möglicherweise um Klischeevorstellungen von außen handelt (und ich möchte mich auch überhaupt nicht davon frei sprechen, ab und an auch mal Klischees zu bedienen).



        Dazu gehört auch der Verweis auf eine wie immer geartetete slawische, russische oder ukrainische "Seele" ... dieses fragwürdige Deutungskonzept habe ich ebenfalls schon in einem anderen Beitrag hier im Forum kritisch kommentiert. Weil es immer entweder auf Slawophilie oder Slawophobie hinausläuft ... und beides wird weder der Einschätzung des Ukrainekonflikts noch der der Positionen und Handlungen eines Wladimir Putin gerecht.

        • @Abdurchdiemitte:

          "Der von Ihnen verlinkte Vertrauensindex der ukrainischen Soziologen soll uns jetzt genau was erklären? Da ist mir Ihre Intention nicht ganz klar."



          Meine Intention ist, dass man sich, um Fragen zu klären, besser mit Fakten befasst, als assoziativ mit historischen Versatzstücken zu jonglieren.



          Ein paar Thesen zu diesem Ranking:



          -Die Kriegserfahrung seit 2014, in der einen oder anderen Form, ist DIE prägende und nahezu alle Ukrainer betreffende kollektive Erfahrung.



          -Die Kriegserfahrung befördert Solidarität innerhalb der Gesellschaft.



          -Horizontale Bindungen und lokale Bindungen haben einen höheren Stellenwert als vertikale Bindungen (soviel zum Thema Autoritätshörigkeit).



          -Die ukrainische Gesellschaft ist gegen die Narrative der russischen Propaganda weitgehend immun



          -Die große Mehrheit der Ukrainer möchte, dass die Gesellschaft, in der sie leben, nötigenfalls durch die Armee vor einer russischen Einmischung/Aggression geschützt wird. Man könnte dies als übergeordneten gesellschaftlichen Konsens bezeichnen.



          -Politiker in der Ukraine, die im Gegensatz zu Russland abgewählt werden können, müssen diesem übergeordneten gesellschaftlichen Konsens Rechnung tragen, und haben deshalb z.B. wenig Spielraum bei Verhandlungen mit Russland. Die Politiker finden die niedrigen Vertrauenswerte wahrscheinlich nicht gut, weil diese ihre Austauschbarkeit belegen, die Rückkopplung zwischen Bevölkerung und Politik muss deshalb aber nicht schlechter sein.



          -Die ukrainische Zivilgesellschaft ist in ihrer Entwicklung weiter als ihre politischen Eliten.

          • @Barbara Falk:

            Die von Ihnen formulierten Thesen zu der von ukrainischen Soziologen erhobenen Datenlage über Einstellungen in der ukrainischen Bevölkerung sind ja auch bloss Interpretationen bestimmter Sachverhalte ... wenn auch nicht ganz von der Hand zu weisen, wie ich gerne einräume.



            Nehmen wir beispielsweise die aktuelle "Sonntagsfrage" als objektiven Maßstab der politischen Stimmungslage in der deutschen Bevölkerung, würde der Kanzler - wenn jetzt Wahlen wären - Friedrich Merz heißen, und nicht Olaf Scholz.



            Will sagen, dass solche Umfragen immer nur aktuelle tagespolitische Stimmungsbilder spiegeln, die sich schnell wandeln können und auch immer in die jeweiligen historischen und politischen Kontexte einzubetten sind, um sie überhaupt zu verstehen. Auf die Problematik des Hinterfragens bzw. Nichthinterfragens der Methodik solcher sozialwissenschaftlichen Untersuchungen bin ich ja schon im vorherigen Post eingegangen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die Kontroverse zu der Heitmeyer-Studie zu islamistischen Einstellungen von Migrantenjugendlichen in Deutschland vor etlichen Jahren ... dürfte Ihnen vielleicht bekannt sein.



            Sie erwähnen den Krieg von 2014 als das "identitätsstiftende" Ereignis der ukrainischen Zivilgesellschaft ("kollektive Erfahrung") - wobei ich darin sogar zustimme - und argumentieren damit selbst auf historischer Grundlage. Nur beschleicht mich das Gefühl, dass diese Geschichte erst 2014 beginnen darf - für andere vielleicht 1991 oder 1989 -, weil sie sich für die Verteidigung der ukrainischen Position im Konflkt als weitaus günstiger darstellt als für die russische.



            Hinsichtlich der "Chruschtschowschen Schenkung" - meine persönliche Interpretation der Übergabe der ASSR Krim an die Ukrainische SSR 1954 - spielt also die russische Sicht auf die historischen Vorgänge keine Rolle? Also bestimmen Sie bzw. der Westen ganz alleine, welche historischen Ereignisse Relevanz für territoriale und völkerrechtliche Forderungen von Staaten haben?

      • @Barbara Falk:

        Danke für das spannende Ranking.

  • Die Ironie ist, dass die Ukraine sich tatsächlich in den Jahren seit 2014 deutlich stärker in Richtung Demokratie und Pluralismus und sogar gesellschaftliche Liberalität bewegt hat - und zwar vor allem deswegen, weil man sich dort von Russland abgrenzen will. Die ukrainische Gesellschaft und Politik wären denen in Russland vermutlich viel ähnlicher, wenn Putin die Ukraine nie angegriffen hätte.

  • Hm, Die Gesprächspartner, die den Input für diesen Artikel geliefert haben:



    1. Wirtin (Haltung zum Konflikt neutral)



    2. Kunde (mag keine Amerikaner, insofern vermutlich eher pro Russland)



    3. bis 5. (Politologin und zwei Journalisten) Haltung pro Ukraine, davon eine, die lange in den USA gelebt hat.

    3 bis 5 haben den meisten Platz eingeräumt bekommen, obwohl man sich da nur in der Blase des gebildeten liberalen Bürgertums bewegt. Bin mir doch eher unsicher, ob die im Artikel genannten Schlußfolgerungen, dass nur 15% pro russisch sind stimmen können.

    Mein Vorschlag - mehr Leute auf der Straße befragen, als irgendwelche Aktivisten und Dozenten. Davon ausgehend, dass die russische Wirtschaft inflationsbereinigt ein ca. 3 mal so hohes BIP hat, dürfte Zustimmung zu Russland deutlich höher sein. Laut einem anderen Artikel in der Taz, in der die Passportisierung kritisiert wurde bekommen die russischen Renter deutlich mehr Rente als die ukrainischen. Im Grunde ist das natürlich die gleiche Masche wie die der EU gegenüber Neumitgliedern, die man als Absatzmarkt braucht: mit Geschenken ganze Völker kaufen - Auch hier wieder: Unsere Methoden werden gegen uns gekehrt - Wäre man gläubig, müsste man es als Strafe sehen, so ist es für mich nur eine bittere Ironie.

  • Danke für diesen Bericht.



    Putins fixe Idee, russischsprachige Ukrainer wollten oder müssten sich an Russland orientieren, ist schon längst Geschichte.

    • @Barbara Falk:

      Na gut, aber dann dürfte das von der Ukraine und den baltischen Staaten vorgetragene Bedrohungsszenario ja nicht so sehr ins Gewicht fallen bzw. es kein sonderlich ernstzunehmendes Argument sein, dass deren Sicherheit und staatliche Integrität oder Souveraenitaet seitens Russland ernsthaft bedroht seien .. das Argument von der russischsprachigen Bevölkerung als der "fünften Kolonne" Moskaus im Konfliktfall würde dann auch nicht greifen.



      Ich vermute, es hat in erster Linie eher etwas mit ökonomischer Prosperität bzw. Attraktivität des jeweiligen Staates zu tun, ob russische Minderheiten sich dort aufgehoben fühlen oder Putinscher Heim-ins-Reich-Propaganda frönen. In dieser Hinsicht hat natürlich beispielsweise Estland weit bessere Karten als die Ukraine, weshalb prorussisch-nationalistische Agitation hier weitaus schlechter verfangen dürfte.



      Anders in der Ukraine: zur miserablen wirtschaftlichen Situation gesellt sich die besondere historische Situation der Krim und der ukrainischen Ostgebiete mit ihren diffizilen ethnisch-kulturellen Bedingungen, die das Einfallstor für Putin weit öffnen (und aus historischer Perspektive bewegt sich die ukrainische Positin in dieser Hinsicht tatsächlich auf dünnem Eis). Zudem wirkt die unglückliche Minderheiten- und Sprachenpolitik Kiews als zusätzlicher Treiber für russischen Nationalismus und Expansionismus im Donbass.

      • @Abdurchdiemitte:

        "Anders in der Ukraine: zur miserablen wirtschaftlichen Situation gesellt sich die besondere historische Situation der Krim und der ukrainischen Ostgebiete mit ihren diffizilen ethnisch-kulturellen Bedingungen, die das Einfallstor für Putin weit öffnen (und aus historischer Perspektive bewegt sich die ukrainische Positin in dieser Hinsicht tatsächlich auf dünnem Eis). Zudem wirkt die unglückliche Minderheiten- und Sprachenpolitik Kiews als zusätzlicher Treiber für russischen Nationalismus und Expansionismus im Donbass."

        Speziell für sie hatte ich in einer anderen Diskussion, wo Sie dieselbe Frage gestellt hatten, solide soziologische Daten verlinkt, die belegen, das von einer breiten "Heim-ins-Reich-Ideologie" bei russischsprachigen Ukrainern nicht die Rede sein kann. Jetzt habe ich es hier noch mal verlinkt. Zweimal nicht gelesen? So macht Diskutieren keinen Spaß.

    • @Barbara Falk:

      Was macht Sie so optimistisch? Die Zahlen im Artikel können es nicht sein.

      Wir reden nicht von einem Dorf, sondern von der zweitgrößten Stadt des Landes. Wenn dort von 1.400.000 Einwohnern, optimistisch gesehen, 2000 für die Ukraine demonstrieren, sind das gerade mal 0,14%. 15% prorussisch sind zwar auch recht mickrig, aber die 210.000 passen schon nicht mehr in ein Stadion.

      Nun sind die Zahlen nicht wirklich zuverlässig. Sie weisen aber auf eine gewisse Tendenz hin. Besonders darauf, dass wohl die Mehrheit keine der beiden Seiten richtig mag und einfach nur hofft, möglichst ungeschoren davonzukommen.

      Putin reicht das vollkommen. Er hat genug Leute für Propagandabilder (Blumensträuße für Soldaten ect.) und kann ansonsten hoffen, dass die große Masse der Bevölkerung seine Herrschaft genau so stoisch hinnimmt, wie in Russland.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Das ist schon eine Ironie, dass die große Masse in der Ukraine den Einmarsch einfach so hinnehmen soll. War da nicht 1991 eine riesige Mehrheit für die Unabhängigkeit? Es muss sie gegeben haben, Wahlmanipulation wie es heute der Fall ist war ja ausgeschlossen nach dem Zerfall der Sowjetunion.

        • @Troll Eulenspiegel:

          Für die Situation von 1991 müssen wir gar nicht Wahlmanipulationen unterstellen ... die Ausgangslage war vor 30 Jahren halt eine ganz andere als heute.



          Wer in den Nachfolgestaaten der UdSSR hätte damals nicht frenetisch den Zusammenbruch des verhassten Sowjetsystems gefeiert? Inzwischen aber ist die Euphorie der Ernüchterung gewichen ... die Hoffnung auf ökonomische Angleichung an den Westen haben sich bisher nicht erfüllt, das westliche Demkratiemodell hat sich eben nicht zur Gänze durchsetzen können (die baltischen Staaten bilden da eine Ausnahme, aber sie haben historisch schon immer die Nähe zum westlichen Europa gesucht). Stattdessen erleben wir in Osteuropa eine Renaissance nationalistischer Ideologien ... in Russland firmiert das unter dem Stichwort der Rückbesinnung auf die eigene nationale Stärke und es wäre wahrscheinlich auch ohne Putin und seinem autokratischen Regierungsstil so gekommen.

        • @Troll Eulenspiegel:

          Ja, an die 90% Befürwortung, von den 1990ern bis heute ein stabiler Wert. @warum_denkt_keiner_nach? mag das nicht zur Kenntnis nehmen.

          • @Barbara Falk:

            Weil es einen Unterschied zwischen "toll wir sind unabhängig" und "dafür bin ich bereit zu kämpfen und zu sterben" gibt.

        • @Troll Eulenspiegel:

          1991 herrschte großer Optimismus, dass die Unabhängigkeit zu einem besseren Leben führt. In der Praxis haben die verschieden "Herrscher" der Ukraine seit der Unabhängigkeit ihre Macht benutzt, um sich und ihren Freunden die Taschen vollzustopfen. Dabei spielte die politische Ausrichtung keine Rolle. Das Ergebnis ist, dass die Bevölkerung des Landes (nicht erst seit 2014) zu den Ärmsten in Europa gehört. Das Motivation für so ein Land zu sterben, ist also nicht unbedingt groß. Die Enttäuschung dagegen schon.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Zwischen "Toll wir sind unabhängig" und "dafür setze ich mein Leben ein" klafft eine riesige Lücke.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Und jetzt ist es der Großteil der Bevölkerung egal, ob nun Russland die Ukraine einverleibt? Wie wenn es denen egal wäre, dass z.B. die Meinungs- oder die Pressefreiheit damit automatisch den Bach runter gehen werden?

            • @Troll Eulenspiegel:

              Der ukrainische Präsident hat erst vor ein paar Wochen ein paar Sender verboten. Per Erlass. So toll ist das mit der Meinungs- und Pressefreiheit in der Ukraine auch nicht.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Ich hatte dazu in einer anderen Diskussion Umfrageergebnisse verlinkt:

        Hier (und Folgebeiträge):



        taz.de/Kriegsangst...bb_message_4260892

        Das dürfte etwas valider sein als die Umfrage in einem Charkower Telegram-Kanal. Demnach betrachten sich 11% der Menschen in der nicht besetzten Ostukraine (also einschließlich der ländlichen Gebiete) als prorussisch in dem Sinne, dass sie eine Vereinigung der beiden Staaten befürworten würden. Die Frage: Wollen Sie militärisch erobert werden? wurde in der Umfrage nicht gestellt.

        • @Barbara Falk:

          Natürlich macht es riesig was aus, ob man 0,14% mit 11% oder mit 15% vergleicht :-)

          Entscheidend sind die 85...89% die irgendwo dazwischen liegen. Wenn die einfach nichts tun, reicht das Putin schon. Einfache militärische Mathematik.

          Aber vielleicht tröstet es ja, wenn man bedenkt, dass Putin mit der Ukraine 40 Millionen Oppositionelle eingliedert :-)

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Ob das dann wirklich 40 Millionen Oppositionelle gegen die Putinsche Autokratie wären? Der Hang zum Autoritären in diesem Landstrich ist ja bekannt ... aber wahrscheinlich wieder nur so ein westliches Klischee. Genau so wie umgekehrt die Ukrainer als Vorreiter von freedom&democracy aufzupumpen, wie das hier in der taz ja auch passiert.



            Aber hierzulande haben wir es schließlich nötig, weltweit Noten in Sachen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verteilen.

            • @Abdurchdiemitte:

              "Ob das dann wirklich 40 Millionen Oppositionelle gegen die Putinsche Autokratie wären?"

              Nach den Vorstellungen von Frau Bidenko und Frau Falk wohl schon :-)

            • @Abdurchdiemitte:

              Was ist denn verkehrt an Systemen wie den Demokratieindex? Und sind es gerade nicht gute Indikatoren, um zu zeigen, wie es um die Menschlichkeit im Land steht? LGBT-Rechte oder Pressefreiheit sind in Russland verdammt niedrig und werden in der Ukraine in den nächsten Jahren fallen.

              • @Troll Eulenspiegel:

                Demokratie kann man nicht essen.

                Und LGBT Rechte? Die werden auch in der Ukraine massiv attackiert.

    • 9G
      96177 (Profil gelöscht)
      @Barbara Falk:

      Sie scheinen Putin und alle russischsprachigen Ukrainer persönlich zu kennen.

      • @96177 (Profil gelöscht):

        Mein Wissen um Putins Ukrainebild fußt auf Putins Selbstäußerungen zu diesem Thema. Siehe z.B. seinen im letzten Jahr veröffentlichter Essay "Die historische Einheit der Russen und Ukrainer". Hier ein Link auf die englische Übersetzung:

        en.kremlin.ru/even...esident/news/66181

        • @Barbara Falk:

          Konnte den Link auch nicht öffnen, aber die historische Perspektive unterstützt natürlich eher die These von der geschichtlich gewachsenen Einheit der Russen und Ukrainer ... dafür muss man Putin nicht einmal mögen.

          • @Abdurchdiemitte:

            Russen und Ukrainer so auseinander zu dividieren, wie es gerade geschieht, ist in der Tat eine hohe Kunst. Aber Putin, der alles zerstört, was er anfasst, gelingt selbst das.



            Alexej Nawalny hat deshalb die Krimannektion und den Krieg im Donbass als "Putins größtes Verbrechen, nicht nur gegen das Ukrainische, sondern auch gegen das Russische Volk" bezeichnet.

            Und, kürzlich in einem Straßeninterview in Charkiv gehört (auf Russisch): "Wenn er [Putin] jetzt nochmal einen Krieg anfängt, dann war's das wohl mit unseren beiden Völkern."

            • @Barbara Falk:

              Natürlich - da stimmen wir überein - sollte es aus russischer Sicht kein Problem sein (von einigen "Detailfragen" wie die Zugehörigkeit der Krim abgesehen) die staatliche Souveraenitaet der Ukraine anzuerkennen und auch zu garantieren, wie auch immer die gemeinsame russisch-ukrainische Geschichte verlaufen sein sollte. Habe ja den Essay von Putin mittlerweile gelesen.



              Es ist also in erster Linie kein russisches Problem, sondern ein persönliches des Autokraten Putin, der sich seinen Herrschaftsanspruch über Russland sichert, indem er die Ukrainefrage am Köcheln erhält.



              Muss der Westen in dieser Lage aber noch Öl ins Feuer gießen?

            • @Barbara Falk:

              Sie haben aber schon mal ukrainische Nationalisten über Russen reden hören? Nationalismus lebt immer davon, über andere Völker herzuziehen.

        • 9G
          96177 (Profil gelöscht)
          @Barbara Falk:

          funktioniert nicht

          • @96177 (Profil gelöscht):

            Jetzt müsste es funktionieren:

            en.kremlin.ru/even...esident/news/66181

            • @Barbara Falk:

              Dankeschön für die nochmalige Verlinkung des Putin-Artikels auch von meiner Seite ... ist ja nicht ganz irrelevant.

  • Natürlich schweigen wir nicht. Reden wir über den Krieg, ein Wort das in Vergessenheit geraten ist. Derzeit gibt es zwei Möglichkeiten für einen nicht Krieg, West Assoziation oder Ost Assimilation, ich behaupte es gibt eine dritte. Auf jeden Fall gilt unser Dank, wenn überhaupt noch, zumindest versuchsweise sachneutral berichtet wird, so kommen wir weiter.

    • @Picard:

      Was wäre denn die dritte Möglichkeit, um einen Krieg zu verhindern @Picard?

  • Vielleicht wirkt mein Kommentar jetzt naiv; das nehme ich in Kauf. Ich gestehe auch, dass ich den Konflikt nicht haargenau verfolge und auch nicht genau weiß, wer da nun wieder wie in welcher Form von einem möglichen Krieg profitiert. Mich macht die Situation einfach wütend. Im Jahr 2022 Säbelrasseln? Was soll das? Und nichts für ungut: Ich persönlich habe den Eindruck, dass auch ein Herr Biden sehr schnell Kriegsrhetorik verwendet hat. Was ist nach "I can´t breathe" in den USA passiert, um Rassismus und Waffengewalt einzudämmen? Ein Herr Putin, dem es noch nicht genügt, das größte Land der Erde zu regieren? Was soll das ganze Verhalten? Macht, Rohstoffe, Einfluss - Meine Güte, in welchem Jahrhundert leben wir?

    • @Kirsten1990:

      In welchem Jahrhundert wir leben? Im 21., vermute ich mal (auch wenn der Anschein ein anderer ist).



      Nachdem man in den 90ern mit dem Zusammenbruch des realsozialistischen Systems noch optimistisch davon ausgegangen ist, dass sich global das westliche Demokratiemodell durchsetzt (Fukuyama: The end of history and the last man), müssen wir heute erkennen, dass weltweit autoritäre und autokratische Herrschaftsformen auf dem Siegeszug sind ... dass damit die Durchsetzung bellizistischer und militaristischer Logiken in der internationalen Politik einhergehen, liegt auf der Hand, denke ich. Dazu die anderen Apokalyptischen Reiter: die Klimakrise mit all ihren Konsequenzen ... Erderwärmung, Wasserknappheit und Trockenheit, Überschwemmungen, sich rasant um den Erdball ausbreitende Epidemien, wachsende Armut, daraus resultierend wieder Flüchtlingskrisen etc. ... nein, Ihr Kommentar ist keinesfalls naiv, aber Hoffnung kann ich Ihnen auch nicht machen, leider.



      Ich wünschte, es wäre anders.

      • @Abdurchdiemitte:

        Der Wertewesten hat aber die Rüstungsausgaben immer hoch gehalten, obwohl Ru am Boden lag und China noch nichts war. Jetzt kommt halt die Gegenbewegung auf den Wertewesten zu. Dazu ist der Irak von der USA überfallen worden, ohne dass sich daraus irgendwelche Sanktionen gegen die USA ergeben hätten. Später ist dann noch Gadaffi in Libyen weg gebombt worden.

  • Danke für diese interessante Reportage.