Russisch gehaltene Immobilien in Tirol: Den Oligarchen gefällt es in Kitzbühel
Mit Tricks schaffen es reiche Russen und Putin-Freunde, ihre Villen in Österreich trotz EU-Sanktionen zu behalten. Eine Rolle dabei spielt Zypern.

Wer seine Millionen zeigen und ausgeben möchte, der ist in Kitzbühel am richtigen Ort. Das Städtchen im österreichischen Tirol ist das Mekka der Schönen und Reichen der Welt, die dort gern edlen Winterurlaub machen oder sich in einem Chalet niederlassen. So auch zahlreiche russische Oligarchen. Als Unterstützer von Präsident Wladimir Putin und dessen Krieg gegen die Ukraine stehen viele von ihnen auf der Sanktionsliste der Europäischen Union. Ihr Besitz in der EU wird eingefroren, sie kommen nicht mehr ran. Das müsste auch bei Eduard Chudainatow so sein, einem reichen Öl-Manager und Putin-Vertrauten.
Mit einiger Finesse, wie es scheint, hat sich Chudainatow mit seinem privaten Umfeld aus den Sanktionen rausgemogelt. Auf drei Grundstücke mit vier Luxusvillen, die zum stolzen Preis von insgesamt 26 Millionen Euro gekauft worden waren, hat er weiterhin unbehelligt Zugriff. Man braucht dafür: eine Lebensgefährtin mit einem zypriotischen Pass.
Der Tiroler Landtagsabgeordnete Markus Sint von der unabhängigen Liste Fritz sowie das internationale Recherchenetzwerk OCCRP haben ziemlich akkurat über die Immobiliengeschäfte von Svetlana E. recherchiert. Diese gilt, auch wenn ihr Anwalt das bestreitet, als langjährige Lebensgefährtin von Eduard Chudainatow. Immerhin hat sie laut OCCRP zwei Kinder von ihm. E. ist Russin, hat aber einen Pass der Republik Zypern erlangt und ist somit EU-Bürgerin. Das geschieht haufenweise auf der Mittelmeerinseln, Zypern gilt als Einfallstor für Russen in die EU.
Mit dem Einmarsch im 24. Februar 2022 begann der groß angelegte russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Bereits im März 2014 erfolgte die Annexion der Krim, kurz darauf entbrannte der Konflikt in den ostukrainischen Gebieten.
Was macht Svetlana E. mit vier Villen?
Als Zypriotin kaufte sie, das hat der Abgeordnete Sint fein säuberlich dokumentiert, in den Jahren 2017, 2018 und 2021 die Kitzbüheler Anwesen. Woher hatte Swetlana E. die 26 Millionen, und was macht eine Frau mit vier Villen? Sint war empört. „Behörden und Politik wissen um dieses Zypern-Schlupfloch“, kritisiert er gegenüber der taz.
Als Russin hätte E. ein öffentliches Interesse an den Villen nachweisen müssen, als EU-Bürgerin stehen ihr die Pforten offen. Sie fungiere „nur als Strohfrau für einen sanktionierten Oligarchen“. Das OCCRP berichtet, dass E. bislang meist nicht gearbeitet hat und wenn, dann bei staatlichen russischen Stellen mit einem Jahresgehalt von unter umgerechnet 20.000 US-Dollar.
Da sich die Gemeinde, das Land Tirol und Österreich nach Ansicht von Sint nicht um den Fall kümmern, meldete er selbst Mitte 2024 die Immobiliendeals an die zuständige Direktion Staatsschutz und Nachrichten (DNS) im Innenministerium. Bald darauf konnte der Abgeordnete im Grundbuch nachschauen, dass die Villen eingefroren und damit sanktioniert worden waren, wie es die EU vorsieht.
„Putin-Villa“ gehört zypriotischer Briefkastenfirma
Dagegen klagte Swetlana E. allerdings vor dem Innsbrucker Landesgericht – und bekam am 30. Januar dieses Jahres Recht, wie das österreichische Innenministerium auf taz-Anfrage bestätigt. Die Richter haben auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes verwiesen, dass „die bloße Darlegung einer beispielsweise familiären Verbindung“ zwischen einem Oligarchen und etwa seiner Partnerin nicht für eine Sanktionierung ausreichten.
Ähnlich gelagert ist der Fall, der von Einheimischen bezeichneten „Putin-Villa“ in Kitzbühel. Diese gehört offiziell einer zypriotischen Briefkastenfirma, tatsächlich aber laut OCCRP dem Oligarchen und Putin-Freund Arkadi Rotenberg. Auch dieses Haus ist nicht sanktioniert. Nicht bestätigt sind Beobachtungen von Kitzbühelern, die dort schon die beiden Töchter von Wladimir Putin im Urlaub gesehen haben wollen.
Und nun? Das Innenministerium bleibt wage und schreibt über die „Herausforderung“ an seine Staatsschützer, den sanktionierten Oligarchen Vermögen nachzuweisen, auch wenn diese es mit „Verschleierungsmethoden“ verbergen. Der Abgeordnete Sint sagt das viel direkter: Auf allen Ebenen müsse weitaus hartnäckiger recherchiert und ermittelt werden. „Wenn so etwas wie mit den Villen durchgeht“, meint er, „dann gute Nacht Österreich, gute Nacht Europa.“
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