Rumgeeier trotz steigender Coronazahlen: Surfen auf der dritten Welle
Berlin zieht keine Notbremse zu Ostern trotz steigender Infektionszahlen. Das Hin und Her der Regierungen macht nur noch ratlos.
W enn im Lexikon ein Bild von Rumeiern stehen würde, es wäre ein Gruppenfoto der Ministerpräsidentenkonferenz, die zusammen mit der Kanzlerin nach zwölfstündigen Nachtsessions irgendwelche fragwürdigen Maßnahmen beschließt, diese dann wieder zurücknimmt und dann irgendwie auch nicht mehr so recht weiterweiß.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) entschuldigt sich, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) auch. Wie es nun angesichts der dritten Welle weitergeht, weiß keiner so genau. Was jetzt eigentlich Phase ist bei der elendigen Seuche, können unsere Regierungen offenbar nicht so richtig sagen.
Klar ist nur, dass wir über die Feiertage Rumgeeiere bekommen, und zwar nicht von der Sorte, die wir uns zu Ostern wünschen würden. Denn trotz stetig steigender Infektionszahlen, nicht mehr abnehmender Todesfälle, um sich greifender Mutationsvarianten dieses elendigen Virus, die länger und stärker ansteckend und tödlicher zu sein scheinen, tut die Politik so, als wäre nichts.
Die von Berlin unlängst beschlossene Notbremse, nach der die Lockerungen von Anfang März wieder zurückgefahren werden sollten, falls der Inzidenzwert an mehreren aufeinander folgenden Tagen in der Hauptstadt über 100 liegen sollte, wird einfach nicht gezogen (er liegt seit Dienstag deutlich über 100).
Stattdessen darf man mittlerweile wieder nach Malle fliegen und eimerweise Sangria saufen. Oder wie es Titanic-Autor und Screenshots-Sänger Dax Werner schön auf den Punkte brachte: „Jedenfalls schön zu sehen, dass wir es mit monatelangem Verzicht nun einigen Hunderten ermöglichen, nach Mallorca zu fliegen. Es war nicht umsonst.“
Die Büros bleiben offen, alles Private ist eingeschränkt. Gleichzeitig machen sich CDUler mit Maskendeals die Taschen voll und Impfbemühungen stocken. Man weiß gar nicht mehr, was man sagen soll, wenn man sich dieses riesige Problemknäuel anschaut.
Vielleicht tut es an dieser Stelle einfach noch ein Zitat. Diesmal vom Ministerpräsidenten Bodo Ramelow aus Thüringen, dem Bundesland mit den höchsten Inzidenzzahlen derzeit. Der twitterte live aus der Ministerpräsidentenkonferenz. Und zwar das einzig Sinnvolle, was sich zu der Gesamtlage derzeit sagen lässt: „ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe