Rüstungspaket für die Ukraine: Deutschland verdoppelt Waffenhilfe
Die Bundesregierung hat der Ukraine weitere Waffenhilfe im Wert von 2,7 Milliarden Euro zugesagt. Offen blieb, ob Scholz Selenski in Berlin empfangen wird.
Nach Ministeriumsangaben geht es um die Lieferung weiterer Waffen im Wert von rund 2,7 Milliarden Euro durch Deutschland. Damit würde sich die deutsche Waffenhilfe für die Ukraine seit Beginn des Krieges im Februar 2022 nahezu verdoppeln: Seit Kriegsbeginn genehmigte die Bundesregierung Waffenlieferungen im Umfang von 2,75 Milliarden Euro. Deutschland gehört damit zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine – sowohl militärisch, als auch finanziell.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erklärte zu dem neuen Waffenpaket: „Mit diesem wertvollen Beitrag an dringend benötigtem militärischen Material zeigen wir einmal mehr, dass es Deutschland mit seiner Unterstützung ernst ist.“ Alle wünschten sich ein baldiges Ende des fürchterlichen und völkerrechtswidrigen Krieges Russlands gegen das ukrainische Volk. „Abzusehen ist dies leider noch nicht. Von daher wird Deutschland jede Hilfe leisten, die es leisten kann – as long as it takes“ – so lange dies nötig sei, ergänzte Pistorius. Zuerst hatte der Spiegel über das geplante neue Waffenpaket berichtet.
Offen blieb am Samstag zunächst, ob Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Selenski am Wochenende in Berlin empfangen kann. Am Sonntagnachmittag werden Selenski und das ukrainische Volk in Aachen mit dem Karlspreis für Verdienste um die Einheit Europas geehrt. Die Laudatio wird Scholz halten – auch wenn Selenski nicht selbst dabei sein kann. Weitere Redner sind EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki.
Ukrainischer Präsident in Rom erwartet
Selenski wurde am Samstag in der italienischen Hauptstadt Rom erwartet. Offiziell bestätigt wurde zunächst nur ein Besuch bei Staatspräsident Sergio Mattarella. Es war davon auszugehen, dass der Gast aus Kiew auch Regierungschefin Giorgia Meloni in deren Amtssitz Palazzo Chigi im historischen Zentrum Roms trifft. Am Nachmittag ist eine Audienz bei Papst Franziskus geplant, wenn auch noch nicht offiziell vom Heiligen Stuhl bestätigt. Am Abend ist Selenski Gast in der TV-Show „Porta a Porta“, wie der Sender Rai mitteilte.
Laut Verteidigungsministerium folgt das neue Maßnahmenpaket den bisherigen deutschen Unterstützungsschwerpunkten. Es beinhalte unter anderem Material aus den Bereichen Artillerie, Luftverteidigung, gepanzerte Gefechtsfahrzeuge und Pionierfähigkeiten. Unter anderem umfasse es 18 Radhaubitzen, Artilleriemunition, Lenkflugkörper für Luftverteidigungssysteme, 4 IRIS-T SLM Feuereinheiten zur Flugabwehr und 12 IRIS-T SLS Startgeräte.
In dem Paket enthalten seien zudem 30 Leopard Kampfpanzer vom Typ 1A5 und 20 Marder-Schützenpanzer, mehr als 100 gepanzerte Gefechtsfahrzeuge sowie über 200 Aufklärungsdrohnen. „All dies und mehr kommt aus Industriebeständen beziehungsweise der Industrieproduktion“, teilte das Ministerium mit. Die Umsetzung der von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen sei eingeleitet.
Leopard, Marder und Gepard
Bereits Ende März hatte die Ukraine 18 moderne Kampfpanzer Leopard 2A6 mit Munition aus Deutschland erhalten. Die Bundesregierung hatte am 25. Januar nach längerem innenpolitischen Ringen das Ziel ausgegeben, „rasch zwei Panzer-Bataillone mit Leopard-2-Panzern für die Ukraine zusammenzustellen“. Diese sind in der Ukraine üblicherweise mit jeweils 31 Panzern ausgestattet. Beteiligt an der Initiative sind vor allem Polen sowie Norwegen, Kanada und Spanien.
Zudem hat Deutschland bislang 40 Marder-Schützenpanzer mit Munition aus Bundeswehr- und Industriebeständen sowie 34 Flakpanzer Gepard inklusive etwa 6000 Schuss Flakpanzermunition geliefert. Hinzu kommen zwei Bergepanzer sowie zwei Minenräumpanzer Wisent.
Deutschland hat der Ukraine bisher zwei Luftverteidigungssysteme Iris-T SLM zur Verfügung gestellt. Das von dem Rüstungskonzern Diehl mit weiteren Partnern entwickelte System soll unter anderem dabei helfen, die Hauptstadt Kiew vor russischen Luftangriffen zu schützen.
Im April hatte Deutschland der Ukraine zudem das Flugabwehrsystem Patriot zur besseren Verteidigung gegen russische Luftangriffe übergeben. Die Bundeswehr hatte auch die Ausbildung von Soldaten in einem Schnellprogramm übernommen. Patriot („Phased Array Tracking Radar for Intercept on Target“) zählt zu den modernsten Flugabwehrsystemen der Welt. Damit können feindliche Flugzeuge, ballistische Raketen und Marschflugkörper bekämpft werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml