piwik no script img

Rom trauert um Papst FranziskusDie letzte Messe ist gelesen

Am Ostermontagmorgen verkündet der Vatikan den Tod von Franziskus. Am Tag zuvor hatte er noch den Weltsegen gespendet – und US-Vize Vance getroffen.

Papst Franziskus war das Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken, hier beim Angelusgebet auf dem Petersplatz im November 2024 Foto: Vatican Media/dpa

Rom taz | Es war ein ganz gewöhnlicher Ostermontagmorgen auf dem Petersplatz. Tausende Touristen strömten auf der breiten Via della Conciliazione hin zur Basilika, und vor den Sicherheitsschleusen, die vor dem Zugang zu St. Peter zu passieren sind, hatten sich die üblichen langen Schlangen gebildet. Doch wer auf dem Platz nach Pilgergruppen suchte, die für das Seelenheil des gerade verstorbenen Papstes Franziskus beteten, der suchte vergebens. Ebenso wenig gab es Gruppen von Priestern, Fratres, Ordensschwestern zu sehen, stattdessen herrschte das normale touristische Gewimmel.

Alleine die beiden schwarz verhängten Fenster der päpstlichen Gemächer hoch über dem Platz verrieten, das Außergewöhnliches geschehen war. Um 7.35 Uhr am Ostermontag sei Papst Franziskus gestorben und „ins Haus des Vaters zurückgekehrt“, teilte der Vatikan mit. 2013 war er zum Oberhaupt der katholischen Weltkirche gewählt worden, damals bereits 76 Jahre alt.

Als erster Nichteuropäer auf dem Stuhl Petri sollte der Argentinier dort 13 Jahre lang amtieren; in den letzten Wochen schwer gezeichnet von einer beidseitigen Lungenentzündung, derentwegen er sich von Mitte Februar bis zum 23. März im Krankenhaus behandeln lassen musste. Laut italienischen Medienberichten soll er nun an einem Schlaganfall gestorben sein.

Danach war ihm eine zweimonatige „Rekonvaleszenz“ verordnet. Doch mehrfach zeigte er sich im letzten Monat den Gläubigen, einmal ließ er sich, ganz unpäpstlich in schwarze Hosen gekleidet, eine gestreifte Decke über den Oberkörper geworfen, im Rollstuhl durch den Petersdom fahren. Und zweimal empfing er auch hohe Prominenz, zuerst am 8. April den britischen König Charles und Königin Camilla, und dann, noch am Ostersonntag, den US-Vizepräsidenten J. D. Vance.

Die Bilder beider Begegnungen zeigen einen schwer kranken Mann im Rollstuhl. Dennoch wollte Franziskus anscheinend um jeden Preis an den Osterfeierlichkeiten teilnehmen. Nach der Ostermesse ließ er sich am Sonntagmittag auf den Balkon des Petersdoms rollen und spendete von dort den Segen „Urbi et orbi“. Italiens TV-Sender feierten den Auftritt als Zeichen, dass Jorge Mario Bergoglio auf dem Weg der Besserung sei.

„Urbi et orbi“ mit brüchiger Stimme

Doch wer hinschaute, sah das Gegenteil, sah einen durch schwere Krankheit gezeichneten Mann mit aufgedunsenem Gesicht, der selbst die wenigen Worte des „Urbi et orbi“ nur mit größter Mühe und brüchiger Stimme hervorbrachte. Auch, dass er sich im Papamobil über den Petersplatz fahren ließ, gefeiert von den Tausenden dort versammelten Gläubigen, konnte an diesem Bild nichts ändern.

Auch J. D. Vance hatte bei seiner nur wenige Minuten dauernden Begegnung mit dem Papst, unmittelbar nach der Ostermesse, dem Heiligen Vater noch erklärt, er sei „zufrieden, dass es Ihnen jetzt besser geht“. Es entbehrt nicht der Ironie, dass Vance der letzte vom Papst empfangene Besucher war. Denn zwar war der Vizepräsident 2019 zum Katholizismus konvertiert, doch er stand gewiss nicht für die Kirche, Geflüchteten und Bedürftigen zugewandt, wie sie Bergoglio vorschwebte.

Das hat ihm der Papst wohl nicht selbst erklärt – die beiden sprachen nur wenige Minuten miteinander, um Osterwünsche auszutauschen. Doch einen Tag vorher hatte Vance eine offizielle Begegnung mit der Nummer zwei der Vatikanhierarchie, mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. In dem dürren Kommuniqué des Vatikans heißt es, Vance und Parolin hätten „einen Meinungsaustausch über die internationale Lage, besonders über die vom Krieg, von politischen Spannungen und schwierigen humanitären Situationen gezeichneten Länder mit besonderer Aufmerksamkeit für die Migranten“ gehabt.

Zur Migrationspolitik der Trump-Administration meinte Papst Franziskus: Was schlecht beginnt, wird schlecht enden

Kein Wort davon, dass ihre Meinungen auch nur ansatzweise übereinstimmten. Zum Krieg in Gaza bemerkt Franziskus in seiner Osterbotschaft, dort herrsche „eine dramatische und schändliche humanitäre Situation“, und rief erneut zu einem umgehenden Waffenstillstand ebenso wie zur Freilassung der von der Hamas gefangen gehaltenen israelischen Geiseln auf.

Zur Politik der Trump-Administration gegenüber den Mi­gran­t*in­nen hatte der Papst schon im Februar in einem Brief an die US-Bischöfe klare Worte gegen „die Massendeportationen“ gefunden: „Was schlecht beginnt, wird schlecht enden.“

Jetzt ist Bergoglios Stimme für immer verstummt. Nach der jahrhundertealten Routine der katholischen Kirche stehen nun erst einmal die Beerdigungsfeierlichkeiten an. Doch auch auf diesem Feld hat Bergoglio einige Traditionen aufgemischt, hat die Riten entschlackt, auch hier eine neue Bescheidenheit etabliert: „Voller Würde, aber wie jeder Christ“ solle ein Papst bestattet werden, verfügte er.

In 15 bis 20 Tagen kommt das Konklave zusammen, um den neuen Papst zu wählen

Er will nicht mehr wie seine Vorgänger erhöht aufgebahrt werden und auch nicht in einem dreifachen Sarg aus Zypressenholz, Blei und Eichenholz begraben werden. Stattdessen wird er in einem schlichten Holzsarg beigesetzt. Franziskus’ letzte Ruhestätte wird außerdem nicht in St. Peter sein, sondern in der von ihm geliebten Papstbasilika Santa Maria Maggiore.

In den nächsten Tagen werden die Kardinäle aus aller Welt anreisen. Sie treffen sich dann in den „Generalkongregationen“, in denen sie sich über die Zukunft der Kirche austauschen – und über ihren zukünftigen Chef. 15 bis 20 Tage nach dem Tod des Papstes wird das Konklave zusammentreten, um Franziskus’ Nachfolger zu ­wählen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Rom trauert um Papst Franziskus I.

    Ganz Rom? Ja: Selbst Giorgia Meloni, siehe

    kamelopedia.net/wi..._dringend_gesucht!

  • Angesichts der Tatsache, dass in Deutschland nicht einmal ein Viertel der Menschen der katholischen Kirche angehören und der Papst Franziskus sich nachweislich diskriminierend gegenüber Menschengruppen geäußert hat, die ein anderes Sexual- oder Genderverständnis haben als er, erstaunt es doch, dass eine linke Zeitung wie die TAZ zu seinem Ableben fünf (wenn man den satirischen Artikel mit dazu rechnet, sogar sechs) Artikel veröffentlicht.

  • Papst Franziskus war ein Reformer, aber auch ein Mann, der am Ende von seiner eigenen Kirche und den politischen Realitäten überholt wurde. Es ist tragisch, dass seine letzten Monate von Krankheit und einem zermürbenden Machtkampf im Vatikan geprägt waren.

    Sein Engagement für Migranten, Arme und Klimagerechtigkeit war bewundernswert – aber hat es wirklich etwas verändert? Die katholische Kirche bleibt eine Institution, die Frauen ausschließt, Missbrauch vertuscht und in vielen Ländern noch immer mit reaktionären Kräften paktiert. Dass ausgerechnet ein Hardliner wie J.D. Vance einer seiner letzten Gesprächspartner war, wirkt wie eine bittere Pointe.

    Jetzt steht die Kirche vor einer entscheidenden Frage: Wird sie Franziskus’ Reformkurs fortsetzen oder zurück in die konservative Starre fallen? Die nächsten Wochen werden zeigen, ob sein Vermächtnis Bestand hat – oder ob sein Tod das Ende einer kurzen Öffnung markiert.

  • Es hat sich auch durch diesen Papst nichts geändert in der Welt - nichts!

    • @Christ:

      Können Sie das beweisen?

  • Im Verhältnis zu anderen Päpsten war er wohl ein guter. In seiner Zeit in Argentinien, hat er sich sehr um sozial benachteiligte, arme Menschen gekümmert. Deshalb war er bei den "rechten" in Argentinien als Kommunist verschrien und unbeliebt.



    Ich selbst bin aus der römisch-katholischen Kirche mit 27 Jahren ausgetreten, da ich mich nicht mit Mono Religionen identifizieren kann. Der Buddhismus mir tausend mal näher liegt.

  • Ein "schwieriges Pontifikat" ist nicht schon Geschichte, sondern ein Übergang:



    2021 bei dw.com



    "Gelegentlich subversiv



    Eigentlich immer schon hat Franziskus Klerikalismus angeprangert, patriarchale Arroganz und Machtanmaßung. Sein Handeln wirkt gelegentlich wie eine Karikatur der vergehenden Kirche. Ein Papst ist, wenn die Kirche Glück hat, eine prophetische Gestalt. Aber dieser Papst könnte weit mehr sein als eine prophetische Gestalt. Bei zu vielen Reden des Franziskus denkt man: "Jetzt handelt er aber!" Und dann spürt man seine Intention: "Jetzt macht halt mal…" Das ist nicht genug. Das ist zu wenig."



    Weiter dort:



    "Die starken Momente hat Franziskus in seiner direkten Zuwendung zu Menschen, gerade zu den Menschen am Rande. Er versucht, ihnen ein Gesicht und ihre Würde zu geben - Migranten, Geflüchteten, Heimatlosen, Obdachlosen, Ausgegrenzten, körperlich oder seelisch Versehrten. Diesem Mann, der immer und immer wieder die "Globalisierung der Gleichgültigkeit" beklagt, scheint niemand gleichgültig zu sein. Das ist mehr als ein Protest gegen falsche Maßstäbe. Franziskus steht für ein anderes Bild von Kirche."



    Fortsetzung folgt...