Rentnerin in der Ukraine: Spenden für den Sieg
Seniorin Tamara Lasarenko wurde im Zweiten Weltkrieg geboren. Heute unterstützt sie die ukrainische Armee – mit dem, was von ihrer Rente übrig bleibt.
Ihre Freundinnen nennen Lasarenko jetzt Hollywoodstar. Sogar von der Front rufen Soldaten bei ihr an. Im Winter hatte ihre Enkelin Sofija auf Tiktok ein kurzes Video davon veröffentlicht, wie ihre Oma in einem Schreibheft penibel all ihre Spenden notiert. In der linken Spalte stehen die jeweiligen Geldbeträge, in der rechten vermerkt sie, wie viele russische Besetzer die ukrainische Armee getötet hat. Inzwischen führt sie auch Buch über alle Kriegsschiffe der russischen Schwarzmeerflotte, die durch ukrainische Raketen und Drohnen versenkt wurden.
„Wenn die Rente kommt, überweise ich immer als Erstes einen Teil an die Armee, dann kaufe ich Medikamente und von dem Rest lebe ich dann. Wenn am Monatsende noch Geld übrig ist, schicke ich das auch noch den Jungs an der Front“, erzählt Lasarenko.
Im April hat sie insgesamt drei Spenden überwiesen: für die Marine, für die Luftaufklärung und für Aufklärungsdrohnen. Anfangs hatte die Seniorin ihrer Tochter und Enkelin noch Bargeld gegeben und sie gebeten, es auf entsprechende Konten zu zahlen. Doch dann wurden im Fernsehen Spendenkonten verbreitet; seitdem überweist sie das Geld selbst.
Bis die Russen verjagt sind
„Das mache ich schon ganz automatisch. Niemand zwingt mich dazu, das mache ich aus eigenem Antrieb. Auch, wenn man nicht viel geben kann, 20, 50 oder 100 Hrywnja [umgerechnet etwa 2,30 Euro] kann man schon dafür zur Seite legen. Wenn das alle machen, bringt uns das den Sieg näher. Wäre ich noch fit und gesund, ginge ich selbst an die Front“, sagt die alte Dame.
Tamara Lasarenko war noch ein Kind, als der Zweite Weltkrieg begann. Damals starb ihr Vater. Ihre Mutter half den sowjetischen Partisanen, brachte ihnen Brot in den Wald. „Ich bin im Krieg geboren und werde im Krieg sterben“, meint sie.
Eigentlich stammt sie aus dem 300 Kilometer südöstlich gelegenen Gebiet Wynnizja. Nach Luzk kam sie 1952, als sie heiratete. Sie ist hier längst fest verwurzelt, hat hier zwei Söhne, Enkel- und Urenkelkinder. Ihr verstorbener Mann war Soldat, und auch sie selbst arbeitete in einer Armeeeinheit.
Die Glückwünsche von Budanow haben Tamara zu Tränen gerührt: „Ohne Sie und Millionen von Ukrainern wäre es für uns schwerer gewesen, die „Sergei Kotow“ und andere feindliche Schiffe zu versenken. Menschen wie Sie beflügeln uns, die Feinde der Ukraine zu bekämpfen“, sagte Geheimdienstchef Budanow. Die „Sergei Kotow“ war ein russisches Kriegsschiff, das ukrainischen Seedrohnen im März versenkt hatten.
Tamara Lasarenko ist für viele Ukrainer zum Vorbild geworden, gerade jetzt, da russische Truppen verstärkt versuchen, den Donbass zu erobern, und Städte wie Charkiw und Sumy bedrohen. Enkelin Sofija erzählt, dass die Bekanntheit ihre Oma noch mehr beflügelt habe: „Sie hat verstanden: Egal wie alt du bist, du kannst in schweren Zeiten immer noch nützlich für die Ukraine sein.“ Star hin oder her: Die 81-jährige Lasarenko will weiter an die Armee spenden – bis die Russen verjagt sind.
Aus dem Russischen: Gaby Coldewey
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“