Relegation Hertha gegen HSV: Vorteil Hamburg

Hertha BSC verliert das erste Relegationsduell zu Hause mit 0:1 gegen den HSV. Trainer Magath übt sich derweil in Zweckoptimismus.

Zwei traurige Spieler auf dem Spielfeld

Kommt die Hilfe von oben? Herthaner am Donnerstagabend Foto: reuters

BERLIN dpa | Die siegreichen HSV-Spieler bildeten geschlossen einen Kreis und ließen sich dann von ihrem großen Anhang feiern, die Berliner Profis standen dagegen verstreut und ratlos vor ihrer Bank. Vorteil HSV!

Felix Magath und die Hertha müssen mächtig zittern. Mit einem couragierten Auftritt hat der Hamburger SV den nächsten Schritt zur Bundesliga-Rückkehr gemacht und Hertha BSC noch näher an den sportlichen Abgrund geschossen.

Ludovit Reis (57. Minute) sorgte am Donnerstagabend mit einer eigentlich missglückten Flanke für den 1:0 (0:0)-Sieg der Hanseaten in einem hitzigen Relegationsspiel. Mit einem Remis im Heimspiel kann der HSV am Montag vier Jahre Zweitliga-Tristesse hinter sich lassen.

Den erneut zu harmlosen und im Abschluss nicht effektiven Berlinern droht ohne deutliche Leistungssteigerung im Volksparkstadion der siebte Gang in die Zweite Liga und ihrem als Rettungsexperten noch glücklosen Trainer Magath ausgerechnet gegen seinen Herzensclub eine bittere Abstiegspremiere aus der Fußball-Bundesliga.

„Ich weiß nicht, ob es der Rucksack war. (…) Wir sind aufgetreten wie ein Bundesligist, aber der HSV auch“, sagte Magath beim TV-Sender Sky und sagte mit Blick auf die Ausgangslage für das Rückspiel am Montag: „Es ist etwas schlechter geworden durch dieses 0:1. Es ist nach wie vor offen. Der HSV hat die besseren Karten, aber wir fahren nicht chancenlos nach Hamburg.“

Gücklich waren dagegen die Hamburger. „Es war eine Superleistung von der Truppe. Wir haben wenig zugelassen und die Chance genutzt“, sagte HSV-Sportchef Jonas Boldt und schätzt die Situation „komfortabel“ ein. Und Trainer Tim Walter ergänzte bei Sat.1: „Wir genießen das Ganze, weil wir es uns verdient haben. Die Euphorie nehmen wir mit. Wir wollen unbedingt. Das ist die jüngste Mannschaft der 2. Liga. Hier so zu bestehen, ist aller Ehren wert.“

Erstligareife Atmosphäre im Olympiastadion

Die Atmosphäre im Berliner Olympiastadion war erstligareif. 75.500 Zuschauer – darunter knapp 20.000 HSV-Fans – sorgten für eine prickelnde Stimmung. Auf dem Platz gab es keinen Klassenunterschied. Die Hamburger zeigten ihr nach fünf Zweitliga-Siegen in Serie großes Selbstbewusstsein. Das viel diskutierte Momentum wirkte. Die Hertha bekam nach den drei vergebenen Klassenerhalts-Matchbällen und dem Absturz auf Bundesliga-Platz 16 den nächsten Nackenschlag. Wie beim 1:2 gegen Fortuna Düsseldorf vor zehn Jahren gab es eine Heimniederlage im Nervenspiel der Relegation. Damals gab es keine Rettung mehr.

„Wir müssen es auch positiv sehen, dass es nur 1:0 steht. Es ist noch alles drin. Das wissen wir. Natürlich war es zu dünn. Wir wollten vorlegen, das hat nicht geklappt. Zählen tut nur Montag, da hauen wir alles rein“, sagte Berlins Niklas Stark.

Bengalos brennen im Fanblock

Bei den HSV-Fans kam Stimmung auf Foto: reuters

Das Hamburger Siegtor war für Hertha-Keeper Oliver Christensen bei seinem Pflichtspiel-Debüt besonders bitter, machte er doch bei der verunglückten Reis-Flanke ins Tor keine gute Figur. Der Däne war zwischen die Pfosten gerückt, weil Marcel Lotka wegen seines Nasenbeinbruchs und einer leichten Gehirnerschütterung nicht zur Verfügung stand.

Alle Augen auf Trainer Magath

Alle Augen waren auf Magath gerichtet. Und der erfahrene Coach ließ durchblicken, dass bei ihm „nicht so richtig Freude“ aufkomme angesichts des Duells mit seinem langjährigen Verein, den er als Spieler zum Europacupsieg der Landesmeister geführt hatte. Vor dem Spiel seien „viele Nachrichten hin und hergeschickt“ worden, berichtete Magath: „Letztlich kann ich sowas beiseite schieben. Es darf mich nicht berühren, dafür bin ich zu pflichtbewusst.“

Entsprechend engagiert trat Magath in der Coaching-Zone auf, das Sakko hatte er schnell beiseite gelegt. Selbstbewusstsein, das seine Mannschaft nicht auf den Platz brachte. Der Zweitliga-Dritte aus der Hansestadt übernahm in der ersten Halbzeit das Kommando, hatte Feldvorteile und ein Chancenplus.

Die Verunsicherung bei den Gastgebern war aber spürbar, nachdem sie in der Bundesliga den Klassenerhalt mehrmals liegen gelassen hatten. Es fehlte ein Anführer im Spiel. Kevin-Price Boateng wurde die Rolle von Magath nicht zugetraut, weil er konditionell nicht in der entsprechenden Verfassung sei. Und Mittelfeldabräumer Santiago Ascacibar fehlte gelbgesperrt.

Da aber auch der HSV unpräzise agierte, entwickelte sich ein Spiel mit nur wenigen Torchancen. Den ersten Aufreger gab es in der 32. Minute, als Peter Pekarik einen Schuss von Robert Glatzel mit dem Arm abwehrte. Den fälligen Handelfmeter gab es aber nicht, weil zuvor ein Handspiel des HSV-Spielers Maximilian Rohr vorgelegen hatte.

Glück hatte Christensen kurz vor der Pause, als Glatzel einen Kopfball an das Außennetz setzte (40.). Auf der Gegenseite verhinderte dagegen eine hauchdünne Abseitsposition von Ishak Belfodil den Berliner Führungstreffer (44.).

Zur zweiten Halbzeit setzte Magath mit Stevan Jovetic für Juniorenspieler Luca Wollschläger auf mehr Erfahrung, und die Hertha wurde auch mutiger. Jovetic hatte auch gleich die bis dato beste Chance, als er den Ball knapp neben das Tor setzte (56.). Doch mitten in die Drangphase schlug der HSV durch Reis eiskalt zu.

Die Berliner reagierten mit wütenden Angriffen, doch Hamburgs Keeper Heuer Fernandes war zweimal gegen Belfodil (61.) und einem verunglückten Klärungsversuch von HSV-Verteidiger Mario Vuskovic (63.) zur Stelle. Aber die Hertha war nun auch noch anfälliger für Konter, und da wurde es einige Male brenzlig.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.