Regionalwahlen in Italien: Das rechte Lager räumt ab
Die zwei bevölkerungsreichsten Regionen wählen neue Parlamente. Die Wahlbeteiligung ist gering, die Linke zersplittert – nur Meloni darf sich freuen.
Am Ende konnte Meloni sich über einen mehr als eindeutigen Erfolg in beiden Regionen freuen, der sich sofort nach Schließung der Wahllokale am Montag um 15 Uhr abzeichnete. In beiden Regionen lagen die Rechtskandidaten laut den Nachwahlbefragungen mit jeweils etwa 50 Prozent uneinholbar vorn, während ihre Gegenspieler von der gemäßigt linken Partito Democratico bloß auf je gut 30 Prozent kamen.
Zu wählen waren sowohl die Präsidenten als auch die Parlamente der Lombardei und des Latium. Das Wahlrecht sieht vor, dass der oder die Erstplatzierte der Präsidentenwahl das Amt erhält – und dass die ihm verbundenen Listen zugleich einen Mehrheitsbonus im Regionalparlament bekommen, der ihnen dann die absolute Mehrheit der Sitze garantiert.
Dieses Schema belohnt jene Kräfte, die zur Bildung breiter Allianzen fähig sind, und bestraft andererseits Zersplitterung. Wie schon bei den nationalen Wahlen wurde diese Tatsache erneut dem Mitte-links-Lager zum Verhängnis. Denn während die Rechte als Block aus Melonis postfaschistischer Partei Fratelli d’Italia, Silvio Berlusconis Forza Italia und Matteo Salvinis Lega antrat, gelang auf der anderen Seite weder im Latium noch in der Lombardei die Bildung einer breiten Mitte-links-Koalition.
Die Wahlbeteiligung ist gering
Im Latium hatte die PD bisher den Regionalpräsidenten gestellt, war in der Regionalregierung auch das Movimento5Stelle (M5S – Fünf-Sterne-Bewegung) vertreten. Doch von einer Allianz mit der PD wollten die Fünf Sterne diesmal nichts wissen; sie kreiden der PD an, dass ihr römischer Bürgermeister den Bau einer Müllverbrennungsanlage vorantreibt, die das M5S aus ökologischen Gründen ablehnt. So ging der PD-Kandidat mit einer Allianz ins Rennen, zu der die Mitte-Liste Azione-Italia Viva gehört, die ohne die Fünf Sterne aber von vornherein aussichtslos war.
In der Lombardei dagegen zeigten sich die Fünf Sterne zur Koalition mit der PD bereit – dort allerdings wollte die Liste Azione-Italia Viva vom Zusammenhalten nichts wissen. Das Resultat war in beiden Regionen fast deckungsgleich, da die PD-Kandidaten bei gut 30 Prozent hängenblieben, während die Kandidatin der Fünf Sterne im Latium und die Mitte-Kandidatin in der Lombardei zwischen 10 und 15 Prozent holten.
Die Tatsache, dass das Rennen allen Umfragen der letzten Wochen zufolge damit schon gelaufen war, ehe es überhaupt begonnen hatte, dürfte das Ihre zum dramatischen Rückgang der Wahlbeteiligung beigetragen haben. In der Lombardei stürzte sie von gut 73 Prozent im Jahr 2018 auf jetzt 41 Prozent und im Latium von 66 auf nur noch 37 Prozent ab.
Ein weiterer Faktor der Demobilisierung links der Mitte dürfte sein, dass die Partito Democratico gegenwärtig führungslos dasteht: Sie wählt den neuen Chef oder die neue Chefin der Partei am 26. Februar und ist stärker mit der eigenen Kursbestimmung als mit der Führung von Wahlkämpfen befasst.
Der Wahlkampf scheiterte schon an den Plakaten
Ein drittes Element zur Erklärung der Wahlabstinenz einer deutlichen Mehrheit der Bürger*innen dürfte jedoch auch darin bestehen, dass die Parteien quer durch die Lager organisatorisch in einer tiefen Krise sind und zur Durchführung eines echten Wahlkampfs gar nicht mehr in der Lage sind. So waren zum Beispiel in Rom – Hauptstadt nicht nur Italiens, sondern auch der Region Latium – Werbestände der Parteien oder auch nur Wahlplakate schlicht nicht zu sehen.
Giorgia Meloni wird das nicht groß bekümmern. Angesichts der weiterhin gespaltenen Opposition kann sie nicht nur ungestört weiterregieren, sondern sich auch noch über den Zugewinn einer weiteren Region für die Rechte freuen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Wohnungslosigkeit im Winter
Krankenhaus schiebt Obdachlosen in die Kälte