Reformverhandlungen mit Griechenland: Vor allem die Korruption bekämpfen
Griechenland hat eine Liste mit Reformplänen vorgelegt. Stimmen die Euro-Finanzminister zu, erhält das Land für vier weitere Monate Kredite.
ATHEN/BRÜSSEL ap/rtr/dpa/afp | Die Finanzminister der Eurogruppe beraten am Dienstag abschließend über die Verlängerung der Hilfskredite für Griechenland. Dazu musste die Regierung in Athen eine Liste mit Reformvorschlägen präsentieren. Die Aufstellung hätte eigentlich bereits am Vortag vorliegen sollen, wurde aber erst in der Nacht zu Dienstag gegen Mitternacht eingereicht.
Auf Grundlage der Vorschläge wollen die internationalen Geldgeber entscheiden, ob das Ende Februar auslaufende Rettungsprogramm für das Krisenland um vier Monate verlängert wird. Darauf hatten sich die Euro-Länder am Freitag geeinigt – unter der Voraussetzung, dass Athen geeignete Reformpläne liefert.
Die EU-Kommission, der Internationale Währungsfonds und die Europäische Zentralbank – also die ehemalige Troika – prüfen zunächst die Vorschläge Griechenlands im Schnellverfahren. Nimmt die Liste diese Hürde, entscheiden die Finanzminister der Eurozone in einer Telefonkonferenz am Nachmittag, ob ihnen die Zusagen vorerst ausreichen. Ersten Informationen zufolge könnte zumindest die Kommission die von Griechenland vorgelegte Reformliste für ausreichend halten.
Das eingereichte Maßnahmen-Paket sei ein guter Ausgangspunkt für die anstehenden Verhandlungen der Euro-Finanzminister am Nachmittag, hieß es nach Angaben eines Insiders. „Wir sind vor allem ermutigt durch das starke Engagement zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Korruption.“
Der Schutz griechischer Bürger
Die Regierung unter Führung des linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras hatte die Vereinbarung von vergangener Woche als Erfolg gefeiert. Sie unterstrich unter anderem, dass man über Reformvorhaben selbst entscheiden dürfe und die Haushaltsziele habe abschwächen können.
Zum den Reformenplänen gehöre auch der Bürokratieabbau und der Kampf gegen Armut, hieß es aus Athener Regierungskreisen. In Brüssel erklärte ein Syriza-Vertreter zudem, Priorität hätten die Begleichung überfälliger Schulden, der Schutz griechischer Bürgern mit Hypothekenrückständen und ein Stopp von Zwangsvollstreckungen von Hauptwohnsitzen.
Experten betonen jedoch, dass Athen beim Schuldenpoker in mehreren Punkten nachgegeben hat. Wichtigster Punkt dabei ist, dass das letzte Wort über die Reformen nach wie vor bei den drei Institutionen liegt, die bisher als Troika bekannt waren.
Druck von Seiten Syrizas
Griechenland steht letztlich mit dem Rücken an der Wand. Sollte das frische Geld der Kreditgeber nicht fließen, könnte das Land schon in wenigen Tagen zahlungsunfähig werden. In letzter Konsequenz droht das Ausscheiden aus dem Euro. Auch für die Geldgeber ist das Risiko hoch. Seit 2010 haben sie Athen bereits mit 240 Milliarden Euro Rettungskrediten geholfen, die bei einem Staatsbankrott wohl zum Großteil verloren wären.
Tsipras hatte vor seiner Wahl versprochen, die harten Bedingungen für die Hilfskredite zu lockern, weil Griechenland ihretwegen verarme. Prominente Mitglieder seiner Partei Syriza drängen ihn, die Versprechen einzuhalten. Umweltminister Panagiotis Lafazanis ging Deutschland scharf an, weil Berlin auf Sparmaßnahmen in Griechenland beharrt. „Wenn die Deutschen es auf einen Bruch ankommen lassen, könnten sie katastrophale Konsequenzen für sich selbst verursachen“, sagte er.
Griechenlands Vizeaußenminister Nikos Chountis versicherte, die Regierung habe ihr Hauptziel nicht aufgegeben: die Schuldenlast des Landes durch einen Schuldenschnitt zu erleichtern. Die Verhandlungen darüber stünden nach der Verlängerung des Rettungsprogramms an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja