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Reform der BetriebsrentenMehr abzwacken fürs Alter

Das neue Betriebsrentengesetz kommt. Es soll Kleinverdiener ermuntern, eine betriebliche Zusatzrente abzuschließen, und „Riestern“ fördern.

Frisst der Staat uns die Haare vom Kopf? Foto: dpa

Berlin taz | Die Betriebsrentenreform kommt – und sie soll das zusätzliche Sparen fürs Alter vor allem für kleine und mittlere Einkommen attraktiver machen. Die Neuregelung sei eine „gute und verlässliche Möglichkeit für die Arbeitnehmer, zusätzlich zur gesetzlichen Rente vorzusorgen“, betonte am Montag Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD).

Die Reform, auf die sich die Koalition jetzt einigte und die am Donnerstag vom Bundestag verabschiedet werden soll, sieht vor, dass Gewerkschaften und Arbeitgeber künftig in Tarifverträgen Betriebsrentenmodelle vereinbaren können. An diese Modelle können sich auch nicht tarifgebundene Unternehmen anschließen. Dabei wird ein Teil des Bruttolohns vom Arbeitnehmer als Beitrag für die Betriebsrente abgezweigt, der Arbeitgeber legt dann noch 15 Prozent des Beitrags obendrauf, denn er spart für diesen eingezahlten Lohnanteil schließlich den Sozialversicherungsbeitrag.

Verdient der oder die Beschäftigte nur bis zu 2.200 Euro im Monat, kann sein Arbeitgeber noch einen Zuschuss von jährlich 240 bis 480 Euro drauflegen und bekommt dann 30 Prozent davon als Subvention vom Staat.

Das Heikle an dem Konzept ist, dass die Arbeitgeber nicht mehr für eine bestimmte Höhe der späteren Betriebsrente haften. Für die Rente aus den eingezahlten Geldern, die über die Tarifpartner etwa bei Pensions- oder Versorgungswerken angelegt werden, gibt es keine Garantie außer den üblichen Absicherungen im Finanzwesen, über die die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wacht. Man vertraue „auf die Tarifvertragsparteien, dass diese eine seriöse Anlagepolitik verfolgen“, sagte die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Katja Mast, bei der Vorstellung der Gesetzesreform.

Riestern könnte sich rechnen

Um es gerade für Kleinverdiener attraktiv zu machen, eine Betriebsrente abzuschließen, enthält die Reform zudem erstmals Freibeträge in der Grundsicherung im Alter für alle, die eine Betriebs- oder Riesterrente abgeschlossen haben. Dazu ein Beispiel: Eine alleinstehende Altenpflegehelferin hat später nur eine gesetzliche Rente von 500 Euro zu erwarten. Damit hat sie Anspruch auf ergänzende Grundsicherung im Alter von 250 Euro und mehr. Hat sie aus einer Betriebs- oder Riesterrente 100 Euro im Alter zusätzlich zu bekommen, so soll dieses Geld nicht mehr wie bisher mit der Grundsicherung verrechnet werden. Das heißt, die Frau hätte in dieser Schemarechnung dann im Alter statt 750 Euro etwa 850 Euro im Monat zur Verfügung.

Diese Freibeträge sollen für alle Grundsicherungsempfänger gelten, die Betriebs- und Riester-Renten abgeschlossen haben. Möglicherweise machen sie auch das „Riestern“ für schlecht verdienende Freiberufler attraktiv, die damit rechnen, später in die Grundsicherung im Alter zu fallen und wenig eigenes Vermögen haben.

Das Gesetz soll am Donnerstag im Bundestag verabschiedet werden.

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24 Kommentare

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  • naja,wenn die in berlin was fürs arbeitende volk tun ist das meist ein schuss in den ofen, beamtenmmässig halt den den es betrifft hat keine ahnung er muss das einfach glauben

  • Betriebsrenten ohne Sicherheit:

     

    "(...) Man vertraue „auf die Tarifvertragsparteien, dass diese eine seriöse Anlagepolitik verfolgen“(...)"

     

    Irrsinnn!!!

     

    Merken Frau Mast und Frau Nahles noch irgendetwas oder ist da nur absolute Schmerzfreiheit?!?

     

    Nur eine Umlagerente ist relativ sicher, entzieht dem Konsum keine Mittel da das eingesammelte Geld sofort wieder ausgeschüttet wird und hat zudem durch zentrale Verwaltung und das keine Renditeerwartungen von Versicherungen und deren Stakeholdern befriedigt werden müssen, nur geringe Kosten von nur 2%.

  • Der mögliche Zuschuß, maximal 480,- Euro ist niedriger als die Zulagen, die man bei der vielgescholtenen Riesterrente erhält. Das Ganze ist ein Witz und genauso wie beim "riestern" für die Zielgruppe Niedriglöhner ( 2.200,- !!( brutto )) völlig sinnlos. Welke übernehmen sie ! Schultz - Nahles was du wolle ? Merkt die SPD eigentlich noch irgendwas ? Im übrigen wird den Tarfparteien überlassen die Einzelheiten auszuhandeln : Das Angesichts einer durchlöcherten Flächentariflandschaft und Ausweitung von Leiharbeit, vom Niedriglohn-Dienstleistungssektor ganz zu schweigen. - Haut Ab, Haut ab Haut ab !

  • Mit keinem Wort wird hier erwähnt, dass

    - der Arbeitnehmer bei diesem Konstrukt ebenfalls seinen Anteil zum Rentenversicherungsbeitrag für den umgewandelten Lohnanteil spart

    - für beide - jeweils für Arbeitnehmer und für Arbeitgeber der Rentenversicherungsbeitrag zur Zeit bei 9,35 % liegt. Das heißt der Arbeitgeber wird stimmschweigend mit zusätzlichen 5,65% belastet. Warum erklärt hier niemand.

  • Unterm Strich läuft es auf die Verschiebung der Geldströme hin zu den privaten Versicherern weg von:

     

    1. der gesetzlichen Rentenversicherung

    2. dem Konsum

     

    Beides falsch.

    • @agerwiese:

      Solange Private 3-4% Rendite erwirtschaften und die gesetzliche nix ist doch nix gegen einzuwenden.

      Konsum und Rentenvorsorge schließen sich aus. Ja, das ist wahr.

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @Tom Farmer:

        Sie setzen also auf die sog. privaten Versicherer? Nix kapiert, oder? Ein Blick nach England reicht um zu verstehen...

      • @Tom Farmer:

        "Konsum und Rentenvorsorge schließen sich aus. Ja, das ist wahr."

         

        Nicht beim Umlageverfahren.

        • @agerwiese:

          "Konsum und Rentenvorsorge schließen sich aus."

           

          Auch beim Umlageverfahren. Die 19,5% Rentenversicherungsbeitrag fehlen beim Umlageverfahren genauso wie beim Vorsorgeverfahren für den Konsum.

           

          Das Vorsorgeverfahren nützt späteren Generationen. Das Umlageverfahren kann nur funktionieren, wenn das Verhältnis Einzahler/Leistungsbezieher zumindest stabil bleibt.

           

          Bei einer Umstellung auf Vorsorge wird bereits die jetzige Generation an den Kosten der Umstellung beteiligt. Wer sich dem verschließt nimmt in kauf, dass die absehbaren Probleme von zukünftigen Generationenen gelöst werden müssen.

           

          3-4% Rendite schaffen die Versorgungswerke. Die investieren u.a. in Immobilien. Da sind noch Renditen möglich.

          • @A. Müllermilch:

            "Die 19,5% Rentenversicherungsbeitrag fehlen beim Umlageverfahren genauso wie beim Vorsorgeverfahren für den Konsum."

             

            Sie wissen nicht, wie das Umlageverfahren funktioniert?

             

            "3-4% Rendite schaffen die Versorgungswerke. Die investieren u.a. in Immobilien. Da sind noch Renditen möglich."

             

            40% der Bevölkerung besitzt Wohneigentum, 60% wohnen zur Miete. Sie haben Ideen.

            • @agerwiese:

              "Sie wissen nicht, wie das Umlageverfahren funktioniert?"

               

              Dem Beitragszahler fehlen bei beiden Verfahren 19,5% für den eigenen Konsum. Sie haben Recht, beim Umlageverfahren gehen die Beiträge direkt in den Konsum der Rentner.

               

              "60% wohnen zur Miete".

               

              Auch für die ist es kein Schaden, wenn in Wohnungen investiert wird.

               

              Das Umlageverfahren kann dauerhaft nicht funktionieren, weil die Zahl der umlagepflichtigen Erwerbstätigen zurückgeht und die Zahl der Rentner und die Rentenbezugsdauer steigt.

              • @A. Müllermilch:

                Letztendlich müssen immer weniger aktiv Berufstätige immer mehr Rentner versorgen bzw. für diese Güter und Dienstleistungen produzieren, aus dem Dilemma hilft auch das Vorsorgeverfahren nicht heraus.

                 

                Man muss sich also so oder so nach weiteren Geldquellen umschauen um das, nach meiner Ansicht sehr effiziente, Umlagesystem zu stützen und/oder eine steuerfinanzierte Grundsicherung im Alter zu gewähren.

      • @Tom Farmer:

        3-4%? Nach oder vor "Verwaltungskosten"? Egal, sehe in der Zukunft die "3-4%" nicht so ohne weiteres. Vielleicht mit privatisierter Infrastruktur - linke Tasche raus, rechte Tasche... auch raus! ;)

        • @agerwiese:

          Im Finanzmarkt-Casino wird es für solche Player künftig viel wahrscheinlicher Miese geben, da kann die ZusatzRente dann gut und gerne auch ganz bei drauf gehen :(

          • @stadtlandmensch:

            Das ist ein zentrales Problem. Nur eine Umlagerente ist relativ sicher, entzieht dem Konsum keine Mittel da das eingesammelte Geld sofort wieder ausgeschüttet wird und zudem durch zentrale Verwaltung und das keine Renditeerwartungen von Versicherungen und deren Stakeholdern befriedigt werden müssen, nur geringe Kosten von nur 2%.

            • @Waage69:

              Die Diskussion zeigt das Problem:

               

              Renditen von 3-4 % werfen sofort die Frage auf: Woher?

              Immobilien? Wer bezahlt das wohl.. die Mieter.

              Aktien? Kapitalrendite schlägt "Arbeitsrendite".

               

              Wer profitiert davon? Der Besitzer der Häuser, der Aktionär.

              Wer bezahlt das: Der/die, die konsumieren.

               

              Lösung: Beteiligung aller, bzw. möglichst vieler am Kapital.

              • @Tom Farmer:

                Renditen von 3-4 % werfen sofort die Frage auf: Woher?

                 

                Es gibt seit Jahren Versorgungswerke. Das funktioniert: gleiche Einzahlung wie in der Gesetzlichen , doppelte Rente.

                 

                Das wäre eine Gerechtigkeitslücke für Schulz: Einheitliche Rentenversicherung für alle. Heute ist der Arzt, der im Krankenhaus arbeitet, im Versorgungswerk, die Krankenschwester im gleichen Krankenhaus in der GRV. Ergebnis => der Arzt bekommt für gleiche Beiträge die doppelte Rente wie die Krankenschwester.

                 

                Herr Schulz, ändern Sie das!

                 

                Will er natürlich nicht, denn er will ja nicht die Ärzte verprellen.

                • 6G
                  61321 (Profil gelöscht)
                  @A. Müllermilch:

                  "Will er natürlich nicht, denn er will ja nicht die Ärzte verprellen"

                   

                  Wieviele Ärzte gibt es und wieviele Krankenschwestern?

                  • @61321 (Profil gelöscht):

                    Es sind ja nicht nur Ärzte privelegiert sondern auch Apotheker, Architekten und Anwälte. Hinzu kommen Beamte und Abgeordnete, die alle nicht an den GRV-Altlasten beteiligt werden.

                     

                    Wenn man das Rentensystem gerecht gestalten will, muss man besonders relevanten Berufsgruppen etwas wegnehmen.

                     

                    Soviel Gerechtigkeit will nicht mal Schulz.

                    • 6G
                      61321 (Profil gelöscht)
                      @A. Müllermilch:

                      Irgendjemand sollte es wenigstens versuchen, einem Teil der Wähler, nämlich den Nicht-Privilegierten klar zu machen, dass diese Privilegien schon zu lange überdauert haben (seit Bismarck?) und allesamt verhandelbar sind.

                       

                      Ein Schulz wird diesbezüglich wahrhaftig keinerlei Rolle spielen, so völlig unbeleckt von zukunftsweisenden Ideen, wie er nun mal ist.

                      • @61321 (Profil gelöscht):

                        "Irgendjemand sollte es wenigstens versuchen"

                         

                        Die gesetzlich-Pflichtversicherten zahlen für Altlasten der Vergangenheit - die versorgungswerk- und anders Privelegierten sind davon völlig frei. Das sind Strukturen einer Zwei-Klassengesellschaft, in der die Leistungsfähigen weniger für die Tragung allgemeiner Aufgaben aufbringen, als Gering- und Mittelverdiener. Dass sich die Gering- und Mittelverdiener dies gefallen lassen, ist geradezu unglaublich.

                         

                        Irgendwer muss es ihnen sagen, dass sie verarscht werden? Nein, wenn sie das nicht selbst merken, können wir ihnen nicht helfen. Jeder muss sich für seine eigenen Rechte selbst einsetzen.

                        • 6G
                          61321 (Profil gelöscht)
                          @A. Müllermilch:

                          Ich bin genauso wütend und fassungslos wie Sie, dass wir uns wie die dummen abgezockten Schäfchen verhalten (schließe mich dabei bis in die jüngere Vergangenheit mit ein).

                          Umso nachdrücklicher sollte man die Leute, die es ausblenden mit der Nase drauf stoßen. Warum also nicht im Freundes- und Bekanntenkreis anfangen für Veränderung zu werben?

  • Wird bei der Reform auch verraten, wie jemand, der kein Geld hat, etwas “zurücklegen” können soll?

    • 3G
      39167 (Profil gelöscht)
      @Volker Birk:

      Nein, das interessiert auch nicht.

      Habe gerade eine Stellenanzeige gelesen, von einer Umweltschutzorganisation. Sie suchen einen Campaigner. Dieser bekommt Euro 1200,- brutto und Provision für jedes neugeworbene Mitglied.

      Da bleibt bestimmt eine Menge über für die betriebliche Altersvorsorge und seine Arbeitsstelle fällt ja unter Vollbeschäftigung.

      Grachmusikoff sang schon vor einigen Jahren:

      " Einer sich emmer dr Arsch un woes net mol warum, einer bleibt immer ibrisch und koiner schert sich drum....