Reden auf der UN-Vollversammlung: Selenskyj warnt vor einer Ausweitung des Krieges
Am zweiten Tag der UN-Vollversammlung traten der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der iranische Präsident Masoud Pezeshkian vor das Podium.

Am zweiten Tag der UN-Vollversammlung in New York standen während der Vormittagssitzung zwei Staatschefs besonders im Rampenlicht: der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der iranische Präsident Masoud Pezeshkian. Beide nutzten die weltweite Aufmerksamkeit, um Warnungen auszusprechen und ihre Frustrationen zu teilen.
Den Auftakt machte Selenskyj, der als zweiter Redner am frühen Morgen die Bühne betrat. Der 47-Jährige hatte zwei klare Ziele. Er bestätigte die Aussagen von US-Präsident Donald Trump vom Vortag und erklärte, dass die Vereinten Nationen und andere internationale Organisationen in den aktuellen Friedensbemühungen auf der Welt keine Rolle spielen würden. Gleichzeitig warnte er vor einer möglichen Ausweitung des Kriegs, der seit mehr als dreieinhalb Jahren in seinem Land tobt.
Der russische Präsident Wladimir Putin müsse um jeden Preis gestoppt werden. Die jüngsten Luftraumverletzungen durch Moskau seien ein Warnsignal, so Selenskyj. „Putin wird den Krieg weiter vorantreiben, immer weiter ausdehnen. Wir haben es Ihnen bereits gesagt: Die Ukraine ist nur der Anfang. Russische Drohnen fliegen bereits über Europa, und russische Operationen breiten sich bereits über Länder aus“, sagte der ukrainische Präsident.
Laut dem ukrainischen Präsidenten sollte sich niemand sicher fühlen. Die Aussagen kommen nur einen Tag, nachdem sich Trump und Selenskyj in New York zu Gesprächen getroffen haben. Dabei hat der US-Präsident verlauten lassen, dass Nato-Länder russische Kampfjets oder Drohnen abschießen sollten, falls diese in ihren Luftraum eindringen.
Kritik an internationalen Organisationen
Im Gegensatz zu Trump, der in einem Post erklärt hatte, dass die Ukraine sogar die Chance habe, den Krieg zu gewinnen, ohne dabei Land abzutreten, war Selenskyj weniger optimistisch.
„Wir befinden uns inmitten eines der zerstörerischsten Wettrüsten der Menschheitsgeschichte“, sagte Selenskyj vor den Delegierten. Er warnte zudem vor neuen Technologien wie KI-gesteuerten Drohnen, die Verhältnisse auf dem Schlachtfeld nachhaltig verändern werden.
Es bräuchte deshalb globale Richtlinien zum Einsatz von künstlicher Intelligenz in Kriegswaffen, forderte er.
Gleichzeitig mahnte Selenskyj auch an, dass internationale Organisationen wie die UN zu schwach wären, um für Frieden zu sorgen. „Selbst die Zugehörigkeit zu einem langjährigen Militärbündnis bedeutet nicht automatisch Sicherheit“, sagte er mit Bezug zur Nato. Am Ende seien es Waffensysteme und die Frage, welche Verbündeten ein Land habe, die über Frieden oder Krieg entscheiden würden, so der ehemalige Komiker und Schauspieler weiter. Es sei ein „krankes“ und „schreckliches“ System.
Iran versucht, weitere Sanktionen zu verhindern
Nachdem Selenskyj die internationale Gemeinschaft und die russische Regierung kritisiert hatte, war wenig später der Iran an der Reihe. Die gewohnten Feindbilder des Iran sind bekannt – die USA und Israel – und somit war es nicht verwunderlich, dass Präsident Masoud Pezeshkian genau dort anfing.
Er erklärte, dass die Angriffe durch Washington und Tel Aviv allen Friedensbemühungen einen „schmerzlichen Schlag“ versetzt hätten. Die iranische Regierung hoffe noch immer, eine diplomatische Lösung mit mehreren europäischen Vertretern zu finden, darunter Deutschland, um weitere Sanktionen zu verhindern.
Die Sanktionen und die Angriffe durch Israel und die USA haben einen gemeinsamen Grund: die Gefahr, dass Teheran an einer Atomwaffe arbeitet. Die internationale Atomaufsichtsbehörde hatte in der Vergangenheit berichtet, dass der Iran hochangereichertes Uran besitze. Laut Experten sei dies eine letzte Vorstufe zum möglichen Waffeneinsatz.
Pezeshkian wies diese Vorwürfe am Mittwoch in seiner UN-Rede entschieden zurück. „Ich erkläre hiermit noch einmal vor dieser Versammlung, dass der Iran nie versucht hat, eine Atombombe zu bauen und dies auch nie tun wird. Wir streben keine Atomwaffen an. Dies ist unsere Überzeugung, die auf dem Erlass des Supreme Leaders und der religiösen Autoritäten beruht“, sagte er.
Sollte der Iran sich dazu bereit erklären, UN-Inspektoren zur Kontrolle des Atomprogramms ins Land zu lassen, wollen Großbritannien, Deutschland und Frankreich die sogenannten „Snapback“-Sanktionen für weitere sechs Monate aussetzen.
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