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Rechtsextreme Rede in KöthenEin klarer Fall von Volksverhetzung

Wer von „Rassenkrieg“ faselt, stachelt zu Hass auf. Und wer Menschen zu zerfleischenden Wölfen machen will, fordert Gewalt und Willkür.

Extrem rechts: die Demonstration am Sonntagabend in Köthen Foto: imago/Christian Mang

Karlsruhe taz | Die „Rassenkrieg“-Rede bei der Nazi-Kundgebung in Köthen ist eindeutig als Volksverhetzung strafbar. Die Polizei in Sachsen-Anhalt ermittelt bereits. Es gab auch rund zehn Strafanzeigen, unter anderem von der Thüringer Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss (Linke).

Als Volksverhetzung wird unter anderem bestraft, wer gegen „Teile der Bevölkerung“ wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer „rassisch“ bestimmten Gruppe „zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert“ – und dies geeignet ist, den „öffentlichen“ Frieden zu stören. Es droht Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren, wobei Strafen bis zu zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden können.

David Köckert, der Chef des rechsextremen Bündnisses Thügida, hat in seiner Kundgebungsrede beim Köthener „Trauermarsch“ mehrfach Volksverhetzung begangen. Es beginnt schon damit, dass er die Straftaten einzelner Migranten zum Bestandteil eines „Rassenkriegs“ erklärt und vom „Abschlachten des deutschen Volkes“ spricht. Damit stachelt er eindeutig zum Hass gegen die nicht-deutschen Teile der Bevölkerung auf.

Noch weitergehender ist seine Aufforderung zur Gewalt: „Wir müssen endlich erwachen und sagen: Die wollen nicht friedlich mit uns leben. Also: Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ Da er eingangs von „Totschlag, Vergewaltigung“ sprach, fordert er hier also zu ähnlichen Taten an hier lebenden Migranten auf. Dies geht auch weit über übliche Selbstjustiz-Forderungen hinaus, weil sich die „Auge um Auge“-Parole nicht auf die konkreten Täter bezieht, sondern auf ihre rassisch definierte Gruppe.

Erinnert an das NS-Regime

Am deutlichsten ist die Gewaltaufforderung ganz am Ende: „Wollt Ihr weiterhin die Schafe bleiben, die blöken, oder wollt Ihr zu Wölfen werden und sie zerfetzen?“ Das Objekt „sie“ sind hier die Gegner im eingebildeten „Rassenkrieg“. Die Frage ist nicht offen formuliert, sondern rhetorisch gemeint. Das ist im Kontext der Rede ganz deutlich, wo es darum geht, dass das deutsche Volk „endlich erwachen“ und „sich wehren wird“. Der Begriff des Menschen, der zum Wolf werden soll, erinnert dabei an die „Operation Werwolf“ des NS-Regimes am Ende des Zweiten Weltkriegs.

Andere Aussagen könnten als Beleidigung oder Bedrohung strafbar sein

Andere Äußerungen könnten auch als Beleidigung, als öffentliche Aufforderung zu Straftaten oder als Bedrohung strafbar sein. Da Köckert aber teilweise bewusst unbestimmt bleibt und die Meinungsfreiheit zudem auch polemische und drastische Äußerungen schützt, ist die Strafbarkeit hier nicht so eindeutig wie bei der Volksverhetzung.

Die beim Trauermarsch skandierte Parole „Nationaler Sozialismus – jetzt, jetzt, jetzt“ dürfte wohl nicht strafbar sein. Als strafbare Verwendung von NS-Kennzeichen gilt zwar auch die Verwendung typischer NS-Parolen wie „Blut und Ehre“, der bloße inhaltliche Bezug zum Nationalsozialismus genügt aber nicht.

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11 Kommentare

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  • Das strafrechtliche Instrument "Volksverhetzung" ist durch langen Nichtgebrauch völlig verrostet. Wenn man das ernstnehmen würde, hätte man schon lange laufend Leute dafür verurteilen müssen.

    Das geschieht aber so gut wie nie, und genau deshalb ist Volksverhetzung inzwischen wieder ein völlig normales Mittel der politischen Propaganda.

    • @Mustardman:

      „Das geschieht aber so gut wie nie“

      Gefühlte Wahrheit?



      www.kostenlose-urt...ksverhetzung&ord=D

      Und der Name Ursula Haverbeck sagt Ihnen wahrscheinlich auch nichts?

      • @Zwieblinger:

        Wenn Sie mit Ihrem Link belegen wollten, wie sehr das stimmt, was ich geschrieben habe, hätten Sie es nicht besser machen können...

  • Abriegeln und entnazifizieren - und zwar fix!

  • Ekelig...

  • Eine widerliche Rede - auf jeden Fall. Aber die Volksverhetzung finde ich nicht so eindeutig. Wer einen "Rassenkrieg" beklagt, stachelt nicht notwendigerweise dazu auf. Sonst würde ja die Klage über strukturellen Rassismus z.B. bei Polizeikontrollen als Volksverhetzung gelten. Wozu er aufstachelt, ist die Regierung zu verjagen. Das ist aber nicht strafbar. Am ehesten ist es noch die Auge um Auge, Zahn um Zahn Passage, weil da geht es nicht um die Regierung.

    • @Velofisch:

      „Wer einen "Rassenkrieg" beklagt, stachelt nicht notwendigerweise dazu auf.“

      Köckert „beklagt“ aber keinen „Rassenkrieg“, er phantasiert ihn herbei und ruft vor allem dazu auf, diesen selbst zu führen, wie aus dem weiteren Kontext ja eindeutig hervorgeht.

      „Sonst würde ja die Klage über strukturellen Rassismus z.B. bei Polizeikontrollen als Volksverhetzung gelten.“

      Polizisten sind keine „nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe“ im Sinne von §130 StGB. Schon deshalb ist dieser Vergleich falsch.

      „Wozu er aufstachelt, ist die Regierung zu verjagen.“

      Das hat er vielleicht auch getan, aber die Zitate im Artikel geben das nicht her.

  • Ein großes Problem den Nazis beizukommen ist, dass unsere Gesetzgebung für diese Leute nicht rigoros genug angewendet wird!



    Der Mann, der diese Hetzreden und den Aufruf zur Gewalt in aller Öffentlichkeit von sich gegeben hat, ist doch quasi durch eine große Anzahl von Zeugen überführt!



    Warum wird dieser Mann nicht umgehend festgenommen und dem Richter vorgeführt!

    Was brauch ein Gericht denn noch ehr, als Tonaufzeichnungen und Zeugenaussagen?



    Über die genauen Tatbestände muss so oder so das Gericht in der Verhandlung die Untersuchungen führen!



    Wenn diesen Hetzern jedes mal die sofortige Festnahme droht, werden diese Reden mit ziemlicher Sicherheit zumindest in der Öffentlichkeit nicht mehr so reißerisch herunter Gebetet!!!

  • "Die „Rassenkrieg“-Rede bei der Nazi-Kundgebung in Köthen ist eindeutig als Volksverhetzung strafbar."

    sollten wir die Bewertung nicht Hans-Georg Maaßen überlassen?

  • "Deutschland erwache " ist doch aus dem Sturmlied der SA von Dietrich Eckhart.

    Ist das denn nicht strafbar?

    • @Sven Günther:

      Nein. Viel zu unbestimmt, zu mannigfaltig Intention, Kontext, Bedeutung, etc.