Rechtsextreme Kampfsportler Knockout51: Razzien gegen Neonazi-Schläger

In Thüringen stehen vier Neonazis der Kampfsporttruppe Knockout 51 vor Gericht. Nun gab es erneut Razzien gegen weitere Unterstützer ihrer Gruppe.

Polizisten vor einem Verhandlungssaal

Vor dem Verhandlungssaal während der Anklage gegen Mitglieder der Neonazi-Kampfsportgruppe 51 Foto: Bodo Schackow/picture alliance

BERLIN taz | Die deutschen Behörden gehen weiter gegen die rechtsextreme Schlägergruppe Knockout 51 vor. Am Mittwoch durchsuchte die Polizei mit 200 Einsatzkräften insgesamt 12 Beschuldigte in Thüringen und Osthessen, ein 21-Jähriger wurde festgenommen. Schwerpunkt der Razzien war erneut Eisenach, wo die Gruppe gegründet wurde.

Die Gruppe um den Kampfsportler und Szenewirt Leon R. hatte sich bereits vor Jahren in der Thüringer Stadt zusammengetan und versucht, dort einen „Nazi-Kiez“ durchzusetzen. Immer wieder fiel sie mit schweren Gewalttaten auf, gegen vermeintlich Linke oder auch Polizisten. Schon im April 2022 war die Bundesanwaltschaft gegen die Gruppe vorgegangen, hatte Anführer Leon R. und drei Mitstreiter festnehmen lassen. Seit August steht das Quartett nun vor dem Oberlandesgericht Thüringen in Jena. Der Vorwurf: Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Laut Staatsanwaltschaft Gera und Landeskriminalamt wird den nun durchsuchten Rechtsextremen, 16 bis 59 Jahre alt, ebenfalls die Mitgliedschaft oder Unterstützung von Knockout 51 vorgeworfen. Sie sollen versucht haben, die Gruppe fortzuführen. In einigen Fällen, wie dem nun festgenommenen 21-jährigen Eisenacher, geht es auch um Gewaltdelikte und Verstöße gegen das Waffengesetz.

Nach taz-Informationen befinden sich unter den Durchsuchten auch die Schwester und Mutter von Knockout 51-Anführer Leon R. Bei dem festgenommenen 21-Jährigen handelt es sich um den Eisenacher Florian O. Er soll zur „Jugend“ von Knockout 51 gehört haben und sich etwa an einem Überfall auf eine Silvesterparty Ende 2021 beteiligt haben, bei dem Gäste bewusstlos geprügelt wurden. Im März 2022 soll Florian O. zudem mit anderen Knockout-Mitgliedern einen Mann nahe einer Turnhalle zusammengeschlagen haben, der zuvor eine Frau als Rechtsextremistin bezeichnet hatte.

Zunächst sogar Terrorvorwürfe

Ziel der Durchsuchungen ist laut Staatsanwaltschaft auch das Auffinden von Beweismitteln, die insbesondere die Beteiligung der Beschuldigten an der kriminellen Vereinigung belegten. Nach taz-Informationen hatte gegen einige der 12 Durchsuchten bereits die Bundesanwaltschaft ermittelt, diese Fälle aber an die Staatsanwaltschaft Gera abgegeben. Gegen andere Betroffene hatte originär die Geraer Behörde ermittelt.

Durchsucht wurde auch erneut das „Flieder Volkshaus“ in Eisenach, die Landeszentrale der „Heimat“-Partei, einst NPD. In dem Gebäude hatte Knockout 51 einst seine Kampfsporttrainings abgehalten. Bis zuletzt hatte es dort Rechtsrockkonzerte gegeben, das jüngste erst am Wochenende. Auch gegen den Betreiber des Volkshaus und Landeschef von „Die Heimat“, Patrick Wieschke, wird im Komplex „Knockout 51“ ermittelt. Er soll aber nicht zu den Durchsuchten am Mittwoch gehört haben.

Gegen das Führungsquartett von Knockout 51 um den 25-jährigen Leon R. hatte die Bundesanwaltschaft zunächst sogar Terrorvorwürfe erhoben: Sie hätten sich stetig radikalisiert und am Ende geplant, im Falle von Auseinandersetzungen mit Linken diese auch zu töten. Das Oberlandesgericht Jena ließ aber nur eine Anklage mit dem Vorwurf einer kriminellen Vereinigung zu.

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte der taz, die Maßnahmen zielten auf die zweite Generation von Knockout 51 und auf besonders gewaltbereite Personen. „Wir erhöhen den Druck auf rechtsextreme Strukturen weiter.“

Die Linken-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss begrüßte die Razzien am Mittwoch. Sie seien „folgerichtig, auch wenn es unverständlich bleibt, warum ein konsequentes Vorgehen gegen diese Bestrebungen jahrelang ausgeblieben ist“. Nun bestätige sich, dass Knockout 51 nicht zerschlagen gewesen sei, so König-Preuss. Der Druck auf die Szene müsse jetzt „aufrechterhalten bleiben“.

Antifa-Gruppen hatten früh vor der Gewalt von Leon R. und Knockout 51 gewarnt. Im Oktober und Dezember 2019 hatten Autonome dann versucht, R. in Eisenach zu attackieren und dabei mehrere Rechtsextreme verletzt. Für die Angriffe wurde die Gruppe um die Leipzigerin Lina E. zu Haftstrafen verurteilt.

Erst vor anderthalb Wochen hatten Antifa-Gruppen erneut in Eisenach gegen rechtsextreme Gewalt und die fortgesetzten Rechtsrockkonzerte protestieren wollen. Die Demonstration wurde aber kurzfristig abgesagt, nachdem die Gruppe „Young Struggle“, die der türkischen MLKP nahesteht, ihre Anreise angekündigt hatte. Diese hatte zuvor das Hamas-Massaker gegen Israel als palästinensischen „Befreiungsschlag“ gefeiert. „Man kämpft nicht mit An­ti­se­mi­t*in­nen gegen den Faschismus“, erklärte das Demo-Bündnis darauf. Man werde vor Ort aber weiter „kämpfen“, Antifaschismus in Eisenach bleibe notwendig.

Aktualisiert am 29.11.2023 um 18:25 Uhr.

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

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■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

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