Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr: Wer Hannibal informierte
Achtung, Prepper! Ein MAD-Mitarbeiter der Bundeswehr soll KSK-Soldaten vor Hausdurchsuchungen gewarnt haben. Jetzt ist er angeklagt.
BERLIN taz | Die Kölner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen einen Mitarbeiter des Militärischen Abschirmdienstes erhoben, der Geheimnisverrat begangen haben soll. Wie Focus-Online berichtet, soll ein 42 Jahre alter Oberstleutnant Ermittlungen des BKA behindert haben, weil er eine Person gewarnt haben soll, unter anderem vor Durchsuchungen. Ausgerechnet jenen Mann, der nach taz-Recherchen einer der führenden Köpfe der Prepperszene ist. Dort kennt man ihn unter dem Pseudonym Hannibal.
Es handelt sich um einen Vorfall im September des vergangenen Jahres, sagte ein Sprecher des zuständigen Amtsgerichtes der taz. Damals hatte sich der Oberstleutnant in Sindelfingen mit einem Bundeswehrsoldaten getroffen, um Informationen über rechtsextreme Tendenzen in der Truppe zu gewinnen. Ein Dienstgespräch also. Dabei soll, laut Staatsanwaltschaft, der MAD-Mitarbeiter von den BKA-Ermittlungen berichtet haben. Sein damaliger Gesprächspartner heißt André S. S. ist nicht irgendein Rekrut, sondern Mitglied einer besonderen Einheit: dem Kommando Spezialkräfte. Elite.
In seiner Freizeit bereitet sich André S. auf Krisen vor. Das können schwere Stürme sein oder Stromausfälle, Invasionen, Momente, in denen der Staat seine Bürger nicht mehr versorgen kann. S. soll ein sogenannter Prepper sein.
Seit vergangenem Sommer ermittelt der Generalbundesanwalt gegen einen Anwalt und einen Polizisten aus Mecklenburg-Vorpommern, die ebenfalls Prepper sind, die taz hatte mehrfach darüber berichtet. Die Männer sollen sich, so lautet der Vorwurf, in Chatgruppen darüber ausgetauscht haben, dass sie den Tag X der Katastrophe dazu nutzen könnten, um Politiker, Aktivisten, Menschen aus dem linken Spektrum festzusetzen und zu töten.
In diesen Chatgruppen, Nordkreuz und NORD Com, vernetzen sich Ärzte, Anwälte, Soldaten, Reservisten, Schießsportler und Jäger aus Norddeutschland. Es gibt sie aber auch in anderen Teilen Deutschlands, beispielsweise im Süden. Ein damaliges Nordkreuzmitglied hatte der taz bestätigt: Der Administrator dieser Chats heißt Hannibal. Es ist André S.
S. hat noch einen anderen zweifelhaften Kontakt: zu Franco A. Der Soldat, der sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und Anschläge geplant haben soll, war mutmaßlich ebenfalls Mitglied in einem der Prepperchats. Ob er und S. sich persönlich kennen oder nur virtuell, wollen die zuständigen Behörden nicht mitteilen. Das Amtsgericht Köln spricht von einem „Dunstkreis“.
Münzen als Erkennungszeichen
André S. ist ein alter Bekannter des MAD, eine sogenannte Auskunftsperson. Gegen ihn selbst soll der Geheimdienst nie ermittelt haben, wohl aber habe man mit ihm Gespräche geführt. Über die Prepper beispielsweise. Aber auch über einen anderen Verein, Uniter.
Uniter gibt sich gerne geheimnisvoll. Mitglieder tragen kleine Metallmünzen bei sich, als Erkennungszeichen, nähen sich Abzeichen auf ihre Uniformen. Sie treffen sich, um Messerkampf, schießen oder Erste Hilfe zu üben. Die meisten von ihnen sind Spezialkräfte der Bundeswehr, der Polizei oder private Sicherheitskräfte. Auch hier versammelt sich eine Elite.
Auf eine schriftliche Anfrage der taz am 5. April hatte André S. prompt reagiert: „Sollten weitere Fragen und Bedrängungsversuche von ihrer Seite aus kommen, müssen wir den militärischen Abschirmdienst etc. informieren.“
Leser*innenkommentare
Herbert Müller
André S. ist Mitglied in einem ominösen Lazarusorden und auch Uniter ist Partner dieses Ordens. Auf den Bildern bei diesem Orden fällt auf, dass manche der Teilnehmer auch nach KSK aussehen. Bei Recherchen zu den Namen fällt auf, dass ein gewisser [Die Moderation: Name entfernt] den Uniter Online Shop betreibt und (möglicherweise) seine Frau den Lazarusshop. [Die Moderation: Name entfernt] ist vernetzt mit sehr vielen Freimaurern. Gibt es hier unbekannte Netzwerke? Wer ist gut im Wühlen... wenn das lauter Neo-Nazis sein sollen, was haben die dann alle miteinander zu tun?
Vladimir Z.
"jetzt sofort und rigoros handeln"
soll heißen?
Mehr rummotzen und weiter der Rechslastigkeit zuschauen oder beitreten und das Ganze wieder in die Mitte der Gesellschaft bringen?
vøid
Ein kleines Gedankenexperiment/Recherche-Aufgabe für die Fleißigen hier: probiert euch mal in einer Gegenüberstellung der Taten, Verstrickung staatl. Behörden sowie rechtlichen Konsequenzen bei folgenden Gruppierungen bzw. Personen:
- NSU
- Franco Albrecht & Co.
- Breitscheidplatz-Attentäter
- linksunten.indymedia.org
- Greenpeace (siehe dazu: heise.de/-4216680 )
- ... [weitere Vorschläge gerne gesehen]
Wer noch mehr machen will, kann ja mal die Rhetorik der marktliberalen/konservativen Parteien in den Kontext dazu setzen, also was sie zu linken wie rechten Gruppierungen gerne so äußern.
Thomas Brunst
Seltsam, dass in Deutschland so häufig die Nähe von Mitarbeitern der Dienste zu rechten Strukturen und Netzwerken bekannt wird – vielleicht hegt diese Berufsgruppe diesbezüglich besonders viel Sympathie.
In Bezug auf die NSU-Verbrechen war das Bundesland Sachsen (Chemnitz u. Zwickau) offizielles Rückzugsgebiet des NSU – auch davon wollen die Inlandsgeheimdienste nichts gewusst haben. Der ehemalige Beamte des Landesamtes für Verfassungsschutz Hessen, Andreas Temme, welcher lange Zeit als Mordverdächtiger im Kasseler NSU-Mord (2006) an Halit Yozgat galt, hat in seiner nordhessischen Heimatstadt den Spitznamen “klein Adolf“, wie einst der Grünen-Abgeordnete im Hessischen Landtag, Jürgen Frömmlich, berichtete (FAZ, 07.06.16).
Und nun die Vorwürfe gegen einen MAD-Mitarbeiter, welcher in Bezug auf rechtsradikale Umtriebe in der Bundeswehr die “schützende Hand“ gespielt haben soll. Vielleicht wird wenigstens diesmal lückenlos aufgeklärt.
Weidle Stefan
Psychische Labilität und notorische Rechtslastigkeit, scheinen mittlerweile primäres Einstellungskriterium für unsere Dienste und Spezialkräfte zu sein.
Ohne jetzt wieder Alle über einen Kamm scheren zu wollen, aber sollten die Verantwortlichen sich nicht selbst auch schon in diesen Filterblasen verloren haben, dann heißt es jetzt sofort und rigoros handeln!
Christian Clauser
Toll. Jetzt wird MAD für mich nie wieder nur ein Satiremagazin sein. Danke auch.
Willi Müller alias Jupp Schmitz
Das ist aber nicht in der Abteilung "Wahrheit ", oder...