Rechter Übergriff auf Unterkunft: Neonazis besetzen Flüchtlingsheim
In Dresden sind Rechtsextreme auf das Dach einer geplanten Unterkunft für Geflüchtete geklettert. Es ist nicht die erste Aktion dieser Art.
Die Aktion könnte mit mehreren Demonstrationen von Querdenkern, Reichsbürgern und den „Freien Sachsen“ am Samstag in Dresden zusammenhängen, auf denen bereits für einen Marsch zum geplanten Heim geworben worden sein soll.
Als etwa 100 Polizeikräfte vor dem Gebäude eintrafen, hatte ein Großteil der Beteiligten den Ort bereits wieder verlassen. Mindestens drei Personen überstiegen jedoch den Zaun zum Gelände und drangen in das Gebäude ein.
Zwei von ihnen besetzten bis zur Räumung durch ein Spezialeinsatzkommando gegen 22 Uhr das Dach des Gebäudes. Sie zündeten Pyrotechnik und brachten ein Banner an, auf dem stand: „Kein Raum für Überfremdung – Remigration“. Beides sind gängige Schlagwörter der Rechten. Gegen einen 21- und einen 25-Jährigen ermittelt der Staatsschutz wegen Hausfriedensbruchs.
Sie sehen sich als „Vorbilder“
Sowohl ihre Vorgehensweise als auch ein kurzes Interview, das der Sender Sachsen Fernsehen mit den Männern auf dem Dach geführt hat, deuten darauf hin, dass es sich um Mitglieder der rechtsextremen Identitären Bewegung und ihrem Ableger „Sachsengarde“ handelt. „Wir wollten bloß ein friedliches symbolisches Zeichen setzen und das Ganze verzögern, damit hier niemand reinkommt“, erklärte einer von ihnen. Man wolle „zeigen, dass Widerstand wichtig ist“.
Sie hätten eigentlich bis zum 1. November auf dem Dach ausharren wollen. Die Polizei fand entsprechende Ausrüstung. An diesem Tag will die Stadtverwaltung hier 48 Asylbewerber unterbringen. Ursprünglich sollte in dem Gebäude am Stadtrand ein Bordell entstehen.
Die Besetzung reiht sich ein in die vielen rassistischen Demonstrationen und Übergriffe in Dresden, das von Pegida und anderen rechten Kräften gern als „Hauptstadt der Bewegung“ tituliert wird. Bereits Ende September war das Gebäude einer ehemaligen Mittelschule im nördlichen Stadtteil Klotzsche angegriffen worden, in dem ab dem kommenden Jahr Asylbewerber untergebracht werden sollten. Unbekannte hatten brennbare Flüssigkeit an die Außenwände geschüttet und eine Zündschnur ausgelegt. Diese erlosch jedoch auf halbem Wege.
Nicht nur Neonazis in Sachsen
Bei einer Demonstration der Freien Sachsen vor einer Woche war der nun auch in Torna beteiligte Max Schreiber als Hetzredner aufgetreten. Etwa 300 Teilnehmer waren dann zur nahegelegenen Wohnung des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) gezogen und hatten „Kretschmer muss weg!“ gerufen.
Allerdings fand am 22. Oktober auch eine Gegendemonstration statt. „65 Flüchtlinge bei 21.000 Einwohnern – ich denke, das verkraftet unser Stadtteil“, sagte Anmelderin Rita Kunert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau