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Rechter Esoteriker bei NaturkostfirmaChemtrails bei Rapunzel

Gerade ist der Biopionier Rapunzel durch Äußerungen seines Gründers in die Kritik geraten. Nun kommt heraus, dass ein Klimawandelleugner dort auftrat.

Joseph Wilhelm posiert vor Rapunzel-Werbung in Legau Foto: Rolf Schultes/picture alliance

Berlin taz | „Homöopathie für Pflanzen“, „Sternenstaub und Eulenrufe“, „Mythen, Sagen, LichtBildKlänge“ – so lauten Titel der „Rapunzel Events“, einer öffentlichen Veranstaltungsreihe, die seit vier Jahren regelmäßig im firmeneigenen Veranstaltungsraum im schwäbischen Legau stattfinden. Die Rapunzel-Veranstaltungen ziehen zwischen 50 und 200 Besucher*innen an und sind zum Teil online als Videomitschnitte verfügbar.

Bisweilen treten hier auch Dozenten auf, die zumindest zweifelhafte Ansichten vertreten. So am 12. Juli 2018 Ralf Otterpohl, seit 1998 Leiter des Instituts für Abwasserwirtschaft und Gewässerschutz an der TU Hamburg. Der Uniprofessor ist als Klimawandelleugner und Verschwörungstheoretiker zumindest umstritten: Studenten der TU Hamburg beschwerten sich erst im Februar in einem offenen Brief über Otterpohl, weil er in Univeranstaltungen über den „CO2-Mythos“ referiert hatte und „derjenigen Person 2.000 Euro geboten hat, die die Auswirkungen von CO2 nachweisen könne“.

Bei Rapunzel redete Otter­pohl über die Thesen seines Buchs „Das neue Dorf“. Hier bewirbt der Professor die völkisch-antisemitische Anastasia-Siedlerbewegung aus Russland, die seit Jahren auch in Deutschland, vornehmlich im Osten, sogenannte Familienlandsitze etabliert und sich nach außen als harmlose Ökobewegung präsentiert.

Ob die Thesen Otter­pohls mit dem Weltbild des Rapunzel-Firmengründers und -geschäftsführers Joseph Wilhelm übereinstimmen, muss inzwischen zumindest hinterfragt werden. Rapunzel, Biopionier aus dem Unterallgäu, musste Mitte Mai Stellungnahmen Wilhelms wegen Boykott­aufrufen von KundInnen aus dem Internet entfernen. Wilhelm hatte sich hier als Impfgegner und Anhänger von Verschwörungsmythen geoutet. Mund-Nasen-Masken bezeichnete er als „Maulkörbe“, eine gesunde Ernährungsweise sei der beste Schutz gegen Infektionskrankheiten. Rapunzel beschäftigt nach eigenen Angaben über 380 MitarbeiterInnen und erwirtschaftete 2017 einen Gewinn von 17,4 Millionen Euro.

Rechtsnationalistischen Haltungen nahe

Mit Otterpohl hat Rapunzel nun offensichtlich einer Person ein Forum gegeben, die rechtsnationalistischen Haltungen nahesteht. Bei den Anastasia-Selbstversorgern befinden sich auch Rechtsesoteriker wie Frank Willy Ludwig, der laut einer Recherche des Bayerischen Rundfunks (BR) erklärte: „Die jüdische Rasse werdet ihr an der grauen Hautfarbe und den dunklen, finsteren Augen der Nacht erkennen.“

Rolf Otterpohl Foto: TU Hamburg

In den Fantasyromanen von Wladimir Megre, auf denen das Anastasia-Siedlungskonzept beruht, liest man, dass Jüdinnen und Juden die Regierungen manipulierten und ein jüdischer Oberpriester die Welt beherrsche. Otterpohl schreibt in seinem Buch auf Seite 76: „Anastasia liefert spannende, überraschende und oft sehr praktische Vorschläge, interessante Bewertungen des Stadtlebens und sehr weitreichende Visionen für die Zukunft“

Trotz Professorentitel vertritt er hier eine wirre verschwörungsideologische Mischung aus Kennedy-Mord, Chemtrails, gefährlicher Fluorid-Zahnpasta („Gehirnzerstörung!“) und von der Pharmaindustrie verhinderter Krebsheilung durch Naturkräfte. All dies konnten die ZuschauerInnen auch im Juli 2018 bei Rapunzel in Legau hören oder später am Bildschirm nachverfolgen: Aus dem Publikum ist Zustimmung zu den Thesen Otterpohls zu vernehmen.

Zwischendurch erläutert der Professor auch wenig problematische Möglichkeiten zur Bekämpfung der weltweiten Bodenerosion. Nach dem Vortrag Otter­pohls stellte Robert Briechle, der der „Reichsbürger“-Bewegung nahesteht, seinen Landsitz im Allgäu vor.

„Erfrischender Aufruf zu Optimismus“

Recherchen der Autorin dieses Beitrags führten dazu, dass Rapunzel Video und Veranstaltungsbericht von seiner Website entfernte. Zuvor hatte es dort noch begeistert geheißen, das Event sei ein „erfrischender Aufruf zu Optimismus und dem Mut, das Leben in die eigene Hand zu nehmen“ gewesen. 4.500 Aufrufe hatte das Video bis zu seiner Löschung immerhin generiert.

Eine Pressesprecherin betonte auch bei einer erneuten Anfrage der taz, der Konzern habe nichts mit „rechtsextremen und verwandten Ideologien“ gemein. „Zum damaligen Zeitpunkt lagen uns keinerlei Informationen zu einer Nähe zu rechtsextremen, völkischen, antisemitischen oder antidemokratischen Gedanken oder Netzwerken vor“, heißt es in der Stellungnahme.

Otterpohl spricht von Chemtrails oder Gehirnzerstörung durch Fluorid-Zahnpasta

Erst nach „ausführlich kritischen Hinweisen von Kundenseite zu den Beiträgen und Positionen Herrn Otterpohls“ habe man „nach intensiver Diskussion das Vortrags-Video und den Nachbericht zu der Veranstaltung“ aus dem Netz genommen.

Recherchen zeigen: Otterpohl ist eng mit der Anastasia-Bewegung verbandelt. Bereits im April 2018 hatte der Professor im schweizerischen Elfingen „geomantische“ Kurse zur Wahrnehmung von sogenannten Elementarwesen angeboten. Veranstaltungsort: Der „Garten Weden“, einer der Familienlandsitze der Anastasia-Bewegung. Geomantie, also eine esoterische „Erfahrung“ von Energiefeldern, dem Feng-Shui nicht unähnlich, empfahl der Professor auch dem Rapunzel-Publikum und seinen Student*innen.

Thesen nicht mehr in der Hochschule

Erst im November distanzierte sich Otterpohl wenig glaubwürdig von den problematischen Siedlern, denn gleichzeitig bestärkte er seine enge Zusammenarbeit mit dem Briechle-Hof.

Immerhin will Otterpohl künftig seine kruden Thesen nicht mehr in der Hochschule verbreiten: Nach der Beschwerde der StudentInnen habe „ein konstruktiver Austausch“ stattgefunden, heißt es in einer Stellungnahme der TU Hamburg. Otterpohl habe versichert, „die Inhalte seiner Forschung und Lehre künftig von seinen privaten Interessen zu trennen und so auch auf das TU-Logo bei außeruniversitären Veranstaltungen zu verzichten.

Bis zum heutigen Stand hat uns“, schreibt die TU, „nach diesem Gespräch keine weitere Beschwerde seitens der Studierendenschaft erreicht.“

Zu diesem Text erhielten wir eine Stellungnahme von Ralf Otterpohl, die wir hiermit im Sinne einer breiten Debatte unkommentiert und ohne Überprüfung des Wahrheitsgehalts veröffentlichen.

„In dem Artikel über mich sind mehrere falsche Darstellungen. Die Diskussion über die vielfältigen Ursachen des Klimawandels wird unter Wissenschaftlern breit geführt. Im Gegensatz zur Behauptung im Artikel ist ein wesentlicher Punkt meiner Vorträge die Aussage, dass der menschengemachte Klimawandel ganz erheblich ist und besonders stark auf Abholzung, falsche Beweidung und ganz besonders die Bodenzerstörung durch die agrochemische Landwirtschaft zurückzuführen ist. Damit bin ich Teil des breiten wissenschaftlichen Konsenses und kein „Klimawandelleugner“.

In meinem Buch „Das neue Dorf“ mache ich nicht, wie behauptet, Werbung für die Anastasia-Buchreihe aus Russland und die nach ihr benannte Bewegung. Ich stelle sie lediglich, neben zahlreichen anderen Ansätzen für Ökodörfer in aller Welt, in einem kurzen Abschnitt vor, der auch einen kritischen Hinweis auf die inakzeptablen Einstellungen einzelner Akteure enthält. Ich hatte mit dieser Gärtnerbewegung, im Gegensatz zur Behauptung, nur sehr sporadisch zu tun und bin mit ihr nicht „eng verbandelt“.

Ich stehe keiner rechtsnationalistischen Haltung nahe und distanziere mich entschieden von Äußerungen wie dem von Frau Landwehr eingefügten Zitat von Frank Willy Ludwig. Hier wird suggeriert, dass ich solche Äußerungen teile. Das entspricht absolut nicht den Tatsachen. Die von Frau Landwehr verwendeten Etikettierungen „Verschwörungstheoretiker“ und „rechter Esoteriker“ sind rufschädigend und ehrverletzend.

Der Fachbegriff für „Chemtrails“ ist „Geo-engineering“. Dessen illegale Anwendung ist mit vielen wissenschaftlichen Publikationen und auch behördlichen Messwerten von drastisch gestiegenen Aluminiumbelastungen der Atmosphäre leider sehr wahrscheinlich. Gehirnschädigungen und Intelligenzverlust durch Fluoridbelastungen (insbesondere Natrium-Fluorid) sind wissenschaftlich gesichert.“

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13 Kommentare

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  • Ich habe immer gerne die TAZ gelesen, aber das ist schlicht und ergreifend anmaßend! Was ist aus gutem Journalismus geworden? Auch Journalisten haben eine Verantwortung - für gute und gründliche Recherchen und eine objektive Darstellung der Sachverhalte.



    Ich ziehe für mich das Fazit - TAZ ich kündige!!!

  • Aus dem tiefen germanischen Wald kommen allerlei esotherische Produkte. Gut, dass Ihr uns ein wenig darüber aufklärt. Dann kann man sich ein besseres Bild, auch von zeitgenössiger Kunst, machen. Ich bin selbst ein Wundergläubiger, allerdings auf technischem Gebiet. Glücklicherweise habe ich noch nichts davon zum Patent angemeldet. Die relativ geringe Patentamtsgebühr hatte mich davon abgehalten. Rudolf Steiner und Wilhelm Reich waren da weit weniger zurückhaltend.

  • Die taz betreibt eine hässliche Hexenjagt.



    Ist das wirklich nötig, so tief zu sinken? Das ist "geistige Branstiftung" und ein Gesellschaftlicher Rückschritt.

  • Dieser Artikel ist aus journalistischer Sicht wirklich unterste Schublade. Nimmt man sich heute als Journalist eigentlich noch die Zeit für gründliche Recherche, bevor man Personen auf diese Art diffarmiert? Herr Otterpohl mag einige krude Thesen vertreten, die auszusprechen seiner Mission sicher nicht dienlich sind. Aber wer sich mal ernsthaft mit seinem Wirken beschäftigt, Publikationen liest und Interviews schaut, käme nie auf die Idee ihn in der Nähe völkischer Ideologien zu sehen. Aber so was lässt sich natürlich leicht konstruieren, wenn man Interesse daran hat. Da reicht schon eine fragwürdige Person, die auf der selben Veranstaltung auftritt...



    Schade, dass dabei seine Visionären Ideen zum "Neuen Dorf" untergehen. Das Konzept hat in meinen Augen wirklich das Potential viele Probleme unserer Zeit zu lösen.



    Hier mal zwei Stellungnahmen von Otterpohl zu den Vorwürfen:



    gartenring.org/zum...-taz-vom-3-6-2020/



    gartenring.org/zum...yrischen-rundfunk/

  • Art 5 GG



    (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten



    (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.

    Wo bleibt die Toleranz?

    • @Mzungu:

      Wo ist das Problem? Auch die Presse ist frei, und darf und soll kritisieren. Oder meinen Sie, Meinungsfreiheit schützt vor Kritik?

    • @Mzungu:

      Noch als Ergänzung:



      Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948): Artikel 18 - Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit



      Bitte gerne mal nachlesen...

  • RS
    Ria Sauter

    Schreibt doch mal Frau Schöning an, damit sie ihre "Zwergenwiese" schnell wieder in eigene Hände bringt.



    www.shz.de/lokales...se-id15997916.html

    Es gut und richtig, dass die Kunden/innen Druck machen. Vielleicht wird Rapunzel dann eine neue Richtung einschlagen und den Wilhelm in Rente schicken.

  • Ach du Sch.....

    Ich kenne die Arbeit von Herrn Otterpohl ein wenig und weiss er ist als Siedlungswasserwirtschafter auch international eine Grösse. Das stellt ja auch das Studentenparlament nicht infrage und würdigt diese Arbeit ausdrücklich.



    Dann habe auch ich mir das Buch "Das neue Dorf" gekauft und gelesen in der Hoffnung dort Ansätze für einen ökologischen Kurswechsel zu finden...... Vieles gefiel mir einiges fand ich allerdings merkwürdig: wie will er unsere ökologischen und sozialen Probleme mit der Etablierung vieler neuer Dörfer lösen? Wo sollen die hin ohne Schaden anzurichten?

    Jetzt habe ich durch diesen Artikel verstanden. Heiliger Strohsack. Ein weiter Beweis: Bildung schützt vor Torheit nicht und wir müssen in der Bioszene weiterhin auf der Hut sein.

  • Das Gebräu ist gut bekannt: Die Esoterik des gediegenen Bürgertums war im Deutschland der Weimarer Republik und des Nazi-Regimes genau so antidemokratisch und elitär wie der große Teil der bürgerlichen Rechten. (Schaue z. B. auch Anthroposophie jener Zeit.) Viele wie ich kennen das aus ihren eigenen Familien, den Generationen vor 1968.

    Heute allerdings bedeuten 4.500 Klicks erfreulich wenig Aufmerksamkeit. Wehret den Anfängen!

    Rapunzel allerdings kann gar nicht im Privatbesitz von so einem dahergelaufenen rechten Firmen-Patriarchen sein - oder?

    Rapunzel gehört der Ökobewegung. Die hat Rapunzel groß gemacht. Ich bin Zeitzeuge. Sollte damals schon derselbe spinnerte rechte Patriarch dahinter gestanden haben, dann wurde das sorgfältig geheimgehalten. Dann beruhte Rapunzel auf Täuschung.

    Rapunzel entstand in den Ökoläden der Ökobewegung, Land-WGs, selbstverwaltete Betriebe, Genossenschaften, Flower Power Subkultur, Solidarität und Zusammengehörigkeit - und vieles andere. Heute alles weg? Heute nur noch Bio-"Foodbranche" mit spinnerten rechten Patriarchen mittendrin?

  • Würg, mir kommt der Milch-Michl hoch!

  • Gestalten aus diversen - Paralleluniversen - die sind uns auf den Fersen.

    • @kommentomat:

      Und wenn Du sie nicht sehen kannst, heisst das nicht, dass sie Dir nicht schon ganz nah sind.



      :-)