Rechte Symbolik bei Bauernprotesten: Eiserne Kreuze und Grüne am Galgen

Reichsadler bei den Bauernprotesten – das auf die Unterwanderung durch Rechtsextreme zu schieben, wäre zu einfach. Rechte Bauern gab es schon immer.

Führerhaus Fahrere spricht deutsch steht auf einer Fensterscheibe

Rechter Spruch auf einem Traktoren-Fenster bei den Bauernprotesten in Berlin Foto: Florian Boillot

Die Symbolik der Bauernproteste ist alles andere als zurückhaltend: Ein Galgen auf der Bühne. Eine rote Strohpuppe ist neben einer gelben und einer grünen vorne an einem Traktor aufgehängt. Motive und Codes sagen manchmal mehr als Worte: In diesem Protest herrschen radikale Ressentiments gegen die Bundesregierung, Tötungs- und Umsturzfantasien inklusive.

Der Hass der Land­wir­t:in­nen richtet sich aber vor allem gegen den grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und seine Partei. Ganz so, als ob die Grünen über Jahrzehnte das Hofsterben durch Bundesregierungsbeteiligung gezielt angestrebt und nun alleine die Subventionskürzungen durchgesetzt hätten. Alle jene politischen Kräfte, die die Grünen stetig als „Verbotspartei“, „ideologisch getrieben“ oder „moralisch gängelnd“ markierten, forcieren dieses Feindbild.

Ein Plakat der sächsischen CDU-Landtagsfraktion, auf dem ein Bauer mit einer Mistgabel in der Hand vor einem Traktor steht, ergänzt durch die Worte „Finger weg vom Agrardiesel“, befeuert diese Entgrenzung. Auch wenn das Plakat, das sich gegen die Ampelregierung richtet, von der CDU stammt: In der Diskussion über die Proteste wird schnell von einer Unterwanderung von rechts gesprochen. Doch die aktuellen Proteste zeigen ja gerade, dass sich nicht erst Rechte verschiedenster Couleur einreihen müssen, um Verachtung von Parlament und Politik anzutreiben.

Die traditionelle Landwirtschaft war nie frei von rechten Einstellungen

Keine klare Grenze

Es soll zwar eine Grenze zwischen Landwirten und Rechtsextremen gezogen werden. Doch die traditionelle Landwirtschaft war nie frei von rechten Einstellungen. Und auch die ökologische Landwirtschaft ist nicht losgelöst von solchen Vorstellungen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), Joachim Rukwied, wurde trotzdem nicht müde zu wiederholen, dass die Teilnahme rechter Gruppierungen an den Bauernprotesten unerwünscht sei. Dem Diskurs über Rechte in den eigenen Reihen nimmt er damit den Wind aus den Segeln. „Rechte und andere radikale Gruppierungen mit Umsturzgelüsten wollen wir auf unseren Demos nicht haben“, sagte Rukwied.

Das sind klare Worte, aber Taten folgten darauf nicht. Rechtsextreme waren bei den Demonstrationen dabei, zeigten rechtsextreme Symbole und skandierten rechtsextreme Parolen. Die Or­ga­ni­sa­to­r:innen ­schritten auch dann nicht ein, wenn ein Plakat mit der Botschaft „Klag nicht, kämpf“ ergänzt durch ein Eisernes Kreuz und zwei Schwerter an einem Traktor hing. Oder: „Die Wahrheit siegt“ zusammen mit einem Reichsadler, der in einem Ährenkranz ein Eisernes Kreuz hält.

Nur in Niedersachsen schienen sich die Verantwortlichen etwas mehr zu bemühen. Aus Erfahrung. Schon bei Bauernprotesten 2020 wurde ein historisch belastetes Symbol verwendet: Eine schwarze Fahne mit einem Pflug und einem Schwert. Das erste Motiv steht für die Landwirtschaft, das zweite für den Kampf. Bereits Ende der 1920er-Jahre nutzte in Schleswig-Holstein die Landvolkbewegung diese Fahne mit einem silbernen Pflug und einem roten Schwert. Sie organisierte damals einen Steuerboykott und verübte Sprengstoffanschläge auf Landrats- und Finanzämter sowie auf Privathäuser von Regierungsbeamten. Mit der NSDAP hatten sie nicht nur den Hass auf die Weimarer Republik gemein.

In den Motiven und Parolen der gegenwärtigen Proteste wird nun – bewusst oder unbewusst – ein romantisches Landwirtschaftsbild gezeichnet. Und klar, viele Land­wir­t:in­nen stehen früh im Stall oder auf dem Feld. Ausgeblendet wird dabei aber, dass auch Ern­te­hel­fe­r:in­nen und Ar­bei­te­r:in­nen aus der Europäischen Union die Lebensmittelproduktion stemmen. Schlecht bezahlt und unter miesen Arbeits- und Lebensbedingungen.

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Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).

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