Rechte Anschlagserie in Neukölln: Feiern statt schweigen

Ein Jahr dauert die Serie rechtsextremer Straftaten in Neukölln nun an. Dem will ein breites Bündnis nun mit einem Fest etwas entgegensetzen.

Der schriftzug "Rathaus Neukölln" an der gleichnamigen U-Bahn-Station

Neukölln ist das Zentrum der Anschlagserie – doch auch anderswo schlugen die Täter*innen zu Foto: dpa

Neukölln will feiern – und zwar aus einem traurigen Anlass. Am Montag jährt sich der versuchte Brandanschlag auf einen queeren Neuköllner Wagenplatz zum ersten Mal. Die Tat gilt als der Auftakt einer Serie rechtsextremer Angriffe, die bis heute andauert. Betroffen sind vor allem Personen oder Geschäfte, die sich gegen Rechts engagieren. Die Antwort der Neuköllner*innen auf die Einschüchterungsversuche: ein dreitägiges Festival im Juli.

„Wir sollen zum Schweigen gebracht werden“, sagt Sebastian Engelhardt, Sprecher des Bündnis Neukölln, einem Zusammenschluss aus Neuköllner Initiativen, Privatpersonen, Organisationen und Geschäftsleuten. „Wir sollen Angst bekommen, uns für Offenheit und Vielfalt zu engagieren. Das lassen wir uns nicht gefallen.“

Dass Neukölln so reagiert, ist angesichts der rechten Einschüchterungsversuche nicht selbstverständlich. Die Mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) zählt 45 Fälle, die sie der Tatserie zurechnet – einige davon auch in Kreuzberg, Schöneberg und im Wedding: zwölf Brandanschläge, zwölf Stein- oder Flaschenwürfe und 21 gezielte Bedrohungen, bei denen der volle Name der angefeindeten Personen in teils meterlangen Schriftzügen an Haus- und Flurwände geschmiert wurde.

Letzter Anschlag Anfang Mai

Ende Januar hat die Berliner Polizei eine eigene Sondereinsatzgruppe des Landeskriminalamtes für diese Serie eingesetzt: „Resin“, kurz für „Rechtsextreme Straftaten in Neukölln“. Der letzte Brandanschlag auf ein Auto Anfang Mai habe eine Frau getroffen, die sich schon lange gegen Rechts engagiere, aber nie öffentlich mit ihrem Namen aufgetreten sei, sagt Matthias Müller von der MBR.

Verunsicherung wäre eine nur zu verständliche Reaktion. Denn betroffen sind eben nicht nur öffentlich auftretende Aktivist*innen. Die Rechten wissen, wer sich gegen ihr Weltbild stellt – egal ob in der ersten Reihe oder im Hintergrund. Damit ist der Kreis potenzieller Opfer groß.

Neukölln entscheidet sich für den anderen Weg: „Vom Landwehrkanal bis Rudow, vom Hermannplatz bis zur Hufeisensiedlung – überall sollen unsere Aktionstage sichtbar werden“, so das Bündnis. Vom 14. bis 16. Juli wolle man gemeinsam mit Initiativen, Vereinen, Kneipen und Cafés feiern, diskutieren und einander kennenlernen. „Lasst uns gemeinsam ein klares Zeichen setzen: Neukölln ist offen, Neukölln ist vielfältig.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.