Rassistischer Anschlag in Niedersachsen: Drei Verdächtige festgenommen
Nach dem Brandanschlag in Salzhemmendorf verhaftete die Polizei zwei Männer und eine Frau. Erste Geständnisse sollen vorliegen.
In der Nacht zum Freitag sollen die Männer im Alter von 24 und 30 Jahren und die Frau, 23 Jahre alt, den Anschlag auf die ehemalige Schule verübt haben. In dem betroffenen Gebäde wohnen 40 Personen – darunter 29 Asylsuchende aus Pakistan, Syrien, Irak, Elfenbeinküste und Simbabwe. Nach zwei Uhr morgens wurde durch eine Fensterscheibe ein brennender Molotowcocktail in eine Erdegeschosswohnung geworfen, sagte Jens Petersen, Sprecher der Polizeidirektion Hameln-Pyrmont. Während des Wurfes wartete ein Wagen mit laufendem Motor, der nach dem Anschlag mit hoher Geschwindigkeit weg fuhr – eine erste Spur, dank aufmerksamer Anwohner.
Die Bewohner der Erdgeschosswohnung des zweistöckigen Hauses hatten Glück im Unglück. Im Nebenzimmer hatte sich eine 34-Jährige Mutter aus Simbabwe mit ihren drei Kindern im Alter von 4, 8 und 11 Jahren aufgehalten. Dort, wo der Molotowcocktail Teppich und Matratze in Brand setzte, schlafen sonst die Kinder. Glück hatten auch die weiteren Bewohner, da die Feuerwehr dank eines schnellen Anrufs eines Anwohners rasch den Brand löschen konnte und ausgerüstet mit schweren Atemgeräten alle Personen evakuierte.
Die Familie aus Simbabwe wurde zunächst in eine Ersatzunterkunft gebracht und psychologisch betreut. Noch am Freitag nahm der Salzhemmendorfer Grünen-Ratsherr Karsten Appold die Familie bei sich auf. Es könne nicht angehen, dass die Familie in eine leere Wohnung geschickt werde, sagte er.
Der Polizeisprecher weiß von keiner rechten Szene
Nach Auswertungen von Spuren und Aussagen konnte die Polizei zwei Männer, beide aus Salzhemmendorf, und eine Frau aus Springe festnehmen. Von Anfang an war die Polizei von einem „fremdenfeindlichen Hintergrund“ ausgegangen. Petersen sagte in diesem Zusammenhang, dass vor Ort und in der Region keine „rechte Szene“ bestehe. Nach den Festnahmen schränkte er allerdings ein, dass der 24-Jährige Verdächtige wegen Sachbeschädigung, Körperverletzung und politisch motivierten Einzeltaten polizeibekannt sei. Auch der 30-Jährige sei wegen Sachbeschädigung und Diebstahls bereits aufgefallen.
Am Freitagnachmittag nahmen an die 2.000 Menschen vor Ort an einer Kundgebung gegen „Fremdenhass“ teil. Bürgermeister Clemens Pommerening (parteilos) und die Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe, Doris Schröder-Köpf (SPD) sprachen. Einen Rechtsextremen musste die Polizei festnehmen, da er bei der Kundgebung provozierte. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Landtag Helge Limburg sagte zu dem Anschlag: „Spätestens jetzt muss klar werden das wir es mit einer Vorstufe des Terrorismus zu tun haben“.
Am Samstagvormittag wurden die Verdächtigen dem Haftrichter vorgeführt.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen