Rassismus in Familien: Zu hell, zu dunkel

Mal wird man für das Kindermädchen gehalten, mal für adoptiert. Rassismus im familiären Kontext ist subtiler, aber nicht weniger schmerzhaft.

Meghan hält ihren kleinen Sohn Archie

Meghan und ihr Sohn Archie 2019 Foto: Toby Melville/dpa

Nach dem Interview mit Meghan und Harry gab es Leute, die fragten, ob es von einer weißen Familie rassistisch sein könne, darüber zu reden, welche Hautfarbe ein Baby haben würde. Und ob das Königshaus denn überhaupt rassistisch sein könne, wenn es den beiden doch erlaubt war, zu heiraten. Vielen Personen mit einem weißen und einem Schwarzen oder PoC-Elternteil dürfte das, was die Herzogin von Sussex beschrieb, nur allzu bekannt vorkommen.

Die Kommentare aus der eigenen weißen Familie. Aus der familiären Umgebung. Die Wunden, die man sammelt, wenn Leute, die einem am nächsten sein sollten, denken, allein die Anwesenheit von einem selbst wäre eine Art Beweis, dass sie frei seien von Rassismus.

Ich weiß, dass einige nach meiner Geburt überrascht waren, wie dunkel ich war – andere wiederum, wie hell ich war. Das haben sie mir später gern erzählt. Meine Hautfarbe und meine Haarstruktur kommentiert, dass ich früher doch viel dunkler war, viel heller, meine Haare krauser, weniger kraus – ich wusste nie, was ich dazu sagen soll. Ich hab auch nicht selten gehört, dass ich Glück gehabt hätte, nicht so dunkel zu sein wie meine Mutter. Für diese Leute ist ein ganz spezieller Platz in der Hölle reserviert. Denn das ist eine Beleidigung, die mich stets auf so vielen Ebenen verletzt hat, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.

Wenn ich mit Teilen meiner Familie in der Öffentlichkeit war, wurde ich unzählige Male von Fremden gefragt, ob ich adoptiert sei. Sie wollten wissen, „was da bei mir noch drin ist“. Als Teenagerin habe ich mir angewöhnt, zu meinem Vater immer sehr laut „Papa“ zu sagen, weil ich aus den angewiderten Blicken mancher Leute lesen konnte, dass sie dachten, ich sei seine Freundin. Rassismus in einem familiären Kontext ist für gewöhnlich weniger derb als der Typ, der einen an der Bushaltestelle beschimpft. Aber nicht weniger schmerzhaft.

Fremde glaubten, ich sei das Kindermädchen

Als mein erstes Kind auf die Welt kam, kamen bald die ersten Kommentare, wie „weiß“ er sei. „Witzig“, sagten sie, er sähe mir ja gar nicht ähnlich. Dabei hat er meine Augen und mein Lachen. Mir dämmerte recht schnell, was uns erwarten würde. Mir graute davor, was ihn die Leute später alles fragen würden. Bisher versteht er es noch nicht, aber ich. Fremde, entzückt von dem Kind, gehen davon aus, ich sei das Kindermädchen. Manche stellen fest: „Das ist aber nicht Ihrer!“ Und es ist mir nicht nur einmal passiert, dass eine neue Er­zie­he­r:in in der Kita beim Abholen fest davon ausging, dass ich die Mutter eines anderen Kindes sei.

Der einzig gute Grund, sich als weiße Familie darüber zu sorgen, welche Hautfarbe ein Baby haben wird, ist, wenn man die Geburt als Anlass nimmt, sich weiterzubilden, was es bedeutet, die weiße Familie eines BPoC-Kindes zu sein. Es gibt Workshops. Denn es ist unerlässlich, zu verstehen, dass sich viele vermeintlich „nicht böse gemeinte“ Kommentare nicht einfach so wegwischen lassen mit einem: „Wir sind keine rassistische Familie.“

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Schreibt über Gesellschaft, Politik, Medien und manchmal über Österreich. Kolumne "Kinderspiel". War 2013 Volontärin der taz panter-Stiftung, dann taz-Redakteurin. Von 2019 bis 2022 Ressortleiterin des Gesellschafts- und Medienressorts taz zwei. Lebt und arbeitet in Wien.

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