Räumung im Dannenröder Forst: Vorwürfe an Waldbesetzer
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Totschlags gegen einen Demonstranten. Aktivisten bezweifeln die Darstellung der Polizei.
Der Unbekannte soll am 23. November ein Seil durchtrennt haben, das eine zweibeinige Holzkonstruktion, einen „Duopod“, gehalten hat. Daraufhin sei der Duopod umgefallen. Polizist*innen, die sich in der Nähe aufgehalten hätten, seien im letzten Moment zur Seite gesprungen. Ein Bagger sei aber getroffen worden, der Fahrer in der Kabine jedoch unverletzt geblieben. Laut Polizei haben mehrere Zeug*innen den Vorfall beobachtet. Bei ihnen handelt es sich ausschließlich um Polizist*innen und den Baggerfahrer, bestätigte ein Sprecher der Gießener Staatsanwaltschaft auf Nachfrage.
Ebenfalls wegen Durchtrennen eines Seils ermittelt die Gießener Staatsanwaltschaft gegen einen Polizisten. Hier lautet der Anfangsverdacht allerdings lediglich „fahrlässige Körperverletzung im Amt“. Der Polizist soll ein Seil durchtrennt haben, das einen Tripod sicherte, in dem eine Frau hing. Sie stürzte daraufhin aus fünf Meter Höhe auf den Waldboden und kam mit mehrfachen Wirbelbrüchen ins Krankenhaus. „Es liegen keinerlei Hinweise auf ein vorsätzliches Handeln des Beamten vor“, teilte die Polizei kurz nach dem Vorfall mit. Zum aktuellen Stand der Ermittlungen konnte die Staatsanwaltschaft am Montag keine Angaben machen.
„Es macht den Anschein, als würde hier mit zweierlei Maß gemessen“, sagte eine Sprecherin der Waldbesetzer*innen der taz. Im Fall des umgestürzten Duopods sei noch nichts bewiesen. Dass die Staatsanwaltschaft dennoch so schwere Vorwürfe erhebe, stehe in krassem Gegensatz zu dem Ermittlungseifer im Fall von Polizeigewalt gegen Aktivist*innen. An der Darstellung der Polizei, wie es zum Sturz des Duopods gekommen sei, äußerte sie Zweifel. Im Wald versuchen Aktivist*innen derweil, das letzte noch stehende Baumhausdorf zu verteidigen. Am Montagnachmittag waren dort noch drei Baumhäuser besetzt. Die Polizei geht davon aus, dass die Räumung spätestens am Mittwoch beendet ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen