Racial Profiling bei der Polizei: Hautfarbe als Kriterium

Im Gefahrengebiet können Polizisten ohne Verdacht kontrollieren – meist Schwarze. Auch Anwohner fühlen sich von Beamten belästigt.

In Berlin kontrollieren Polizisten angebliche Dealer im Görlitzer Park. Foto: dpa

Hamburg taz | Mit ihrer schwarzen Northface-Jacke und der grauen Wollmütze auf dem Kopf könnte die Polizistin fast als Bewohnerin der Hafenstraße durchgehen. Zusammen mit einem anderen Polizisten in zivil steht sie an der Balduintreppe in der Hafenstraße und kontrolliert die Papiere zweier afrikanischer Geflüchteter.

Den Grund für die Kontrolle erklären die BeamtInnen nicht. Brauchen sie auch nicht - denn Kontrollen können in Gefahrengebieten verdachtsunabhängig durchgeführt werden.

Zwar hat das Oberverwaltungsgericht die Einrichtung von Gefahrengebieten durch die Polizei als verfassungswidrig bewertet. Praktisch geändert hat sich seitdem allerdings nichts – damit Urteil rechtskräftig wird, müsste das Bundesverfassungsgericht oder das Landesverfassungsgericht ein entsprechendes Urteil bestätigen.

Die AnwohnerInnen in der Schanze und auf St. Pauli sind zunehmend genervt von den täglichen Polizeieinsätzen gegen Schwarze. „Es vergeht kein Tag ohne Polizeieinsatz vor meiner Tür“, sagte ein Anwohner der Hafenstraße der taz. Meist gäben die BeamtInnen vor, nach Drogen zu fahnden. Er aber vermutet, dass das nur ein Vorwand ist: „Hier werden gezielt Menschen mit illegalem Aufenthaltsstatus gesucht.“

Racial Profiling ist, wenn die Polizei Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe verdächtigt.

In den USA und Großbritannien ist Racial Profiling verboten. Nach Ansicht von Kritikern widerspricht es dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes.

Das deutsche Bundespolizeigesetz erlaubt es Polizisten, zur Bekämpfung illegaler Migration ohne konkreten Verdacht zu kontrollieren.

Auch in den so genannten Gefahrengebieten darf die Polizei verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen.

Die Folge ist eine rassistische Kontrollpraxis - wiederholt sind in Hamburg Schwarze kontrolliert worden, weil die Polizei auf der Suche nach Drogendealern war.

Aktuelle Zahlen über Personenkontrollen im Gebiet um die Hafenstraße sind schwer zu bekommen. Auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion erklärte der Senat, die Davidwache hätte Ende 2014 lediglich die erfassten Personen gezählt.

Doch die Herkunft oder Hautfarbe sei kein Kriterium für polizeiliches Einschreiten, heißt es in der Antwort. Folglich gibt es darüber auch keine Statistik. An manchen Tagen sind im Gefahrengebiet St. Pauli bis zu 54 Personen überprüft worden.

Für Martin Dolzer, Abgeordneter der Linksfraktion und Anwohner im betroffenen Gebiet, handelt es sich bei den vermeintlichen Drogenkontrollen um „Racial Profiling“ (siehe Kasten). „Das ist eine verfassungswidrige rassistische Praxis, die wir nicht dulden dürfen.“

AnwohnerInnen kritisieren zudem die Einsätze der Polizei als „völlig unverhältnismäßig.“ Immer wieder drängten PolizistInnen auf Privatgrundstücke vor, um Verdächtige zu verfolgen. Einige BewohnerInnen der Hafenstraße haben jetzt eine Anwältin eingeschaltet und Akteneinsicht gefordert.

„Wir wollen wissen, auf welcher Grundlage da ständig unsere Privatsphäre verletzt wird“, sagte einer von ihnen. „Das Vorgehen der Polizei ist äußert intransparent.“

Während die repressiven Maßnahmen der Polizei bei den AnwohnerInnen auf Ablehnung stoßen, setzen sie selbst auf Kommunikation mit den vermeintlichen Dealern. Die AG Drogen des AnwohnerInnenprojekts „St. Pauli Selbermachen“ hat beispielsweise mit ihnen verabredet, die Schule in der Bernhard-Nocht-Straße tagsüber zu meiden. Seitdem habe sich die Situation deutlich verbessert, sagte deren Sprecher Jonny Schanz. Dauerhaft brauche man darüber hinaus einen Konsumraum im Viertel. „Das würde die Drogenszene entzerren und die Situation für alle entspannen.“

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