Jugendliche im Visier der Polizei: Schikane im Nobelviertel

In den westlichen Elbvororten berichten Jugendliche, wie sie immer wieder Opfer von Polizeikontrollen werden. Die Jungs passen wohl einfach nicht ins Bild

Ildyllischer Schein, aber: Wer in den Elbvororten nicht ins Bild passt, hat oft mit der Polizei zu tun Foto: dpa

Hamburg taz | In den Elbvororten kennt man sich – zumindest kennt der örtliche Zivilpolizist die Jugendlichen, die im Viertel rumhängen, und sie ihn ebenfalls. Trotzdem werden einige Jugendliche oft kontrolliert – zum Teil auch brutal, wie eine Mutter schildert. „Ich habe den Eindruck, dass eine gezielte Kriminalisierung von Jugendlichen stattfindet“, sagt die Mutter von Mike, der eigentlich anders heißt.

Mike zählt eine Reihe von Fällen auf: Wie er mit seinen Freunden bei einer allgemeinen Personenkontrolle von PolizistInnen festgehalten, gegen die Wand gedrückt und durchsucht worden sei oder wie der Klein Flottbeker Zivilpolizist die Jugendlichen auf ihrem Nachhauseweg im Auto verfolgt habe. Das Fahrzeug sei fünf Minuten lang hinter ihnen her geschlichen, bis der Zivilpolizist ausgestiegen sei, die Jungs mit ihren Namen angesprochen und darauf bestanden habe, sie zu kontrollieren. „Allgemeine Personenkontrolle“, habe er gesagt, „weil hier so oft eingebrochen wird“. Angeblich auf der Suche nach einer Brechstange habe er darauf bestanden, ihren Rucksack zu durchsuchen.

Mike ist das schon gewöhnt – so oder so ähnlich passiere es ihm und seinen Freunden häufig, erzählt der 16-Jährige. Er verstehe nicht, warum er dauernd zum Ziel von PolizistInnen werde. Klar, er sehe nicht aus wie die meisten in Klein Flottbek, Blankenese oder Othmarschen. Mike ist dunkelhäutig und er trägt keine Segelschuhe, keine Hemden, nichts von Tommy Hilfiger oder Lacoste. Er trägt eben keine „hanseatische Uniform“, wie seine Mutter das nennt. Er und seine Freunde kleideten sich eher sportlich.

Mike habe das Gefühl, dass die PolizistInnen zunehmend brutaler und aggressiver gegen sie vorgingen. Wie bei der letzten Kontrolle am vergangenen Wochenende, als er mit zwei Freunden aus dem Bus in Groß Flottbek ausstieg. Die PolizistInnen seien plötzlich aufgetaucht und hätten einen Freund zu Boden geworfen, der sich die Hand verletzte. Die BeamtInnen hätten Mike und den anderen Freund vor einen Baum geschubst, gegen den sie die Hände stemmen sollten, während die PolizistInnen ihre Taschen durchsucht hätten. Der Grund war der Verdacht auf Sachbeschädigung.

Ein Polizist habe seinen Freund am Nacken gepackt und zur Wache gezogen, erzählt Mike weiter. Als der Minderjährige gesagt habe, er könne alleine gehen, habe der Polizist ihm mit einem Akteneintrag gedroht. Mike und einer seiner Freunde seien jeweils in eine Einzelzelle gesperrt worden, der dritte in eine Sammelzelle. Erst nach zwei Stunden hätte die Polizei die Eltern der Jungs benachrichtigt.

Die Polizei bestätigt, dass es einen Vorfall gab, schildert ihn allerdings anders. Der 16-Jährige, also Mike, sei alkoholisiert gewesen und deswegen zur Gefahrenabwehr auf die Wache gebracht worden. Die beiden anderen seien zur Identitätsfeststellung mitgenommen worden.

Selbst wenn er betrunken gewesen wäre, fragt Mike: „Wieso geht die Polizei davon aus, dass man Straftaten begeht, nur weil man betrunken ist?“ Die Polizei kam später zu dem Ergebnis, dass doch keine Sachbeschädigung vorlag. Als Mikes Mutter ihren Sohn abholen wollte, habe ein Polizist ihr vorgeworfen, dass er überhaupt nachts unterwegs gewesen sei. „Was müssen das für Eltern sein?“, habe er sie gefragt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.