RBB, SZ, Politico und Trump: Schlechte Woche für die Medien
Eine neue Klage gegen die Ex-RBB-Intendatin, und der Chefredakteur der SZ geht. Wenigstens sprang für Donald ein hübsches Interview bei Politico raus.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Tinnitus.
taz: Und was wird besser in dieser?
Küppersbusch: Ach nee, das ist Trump.
taz: US-Präsident Donald Trump will im Rahmen der neuen nationalen Sicherheitsstrategie der USA insbesondere mit Österreich enger zusammenarbeiten. Ist der Alpenstaat das bessere Deutschland?
Küppersbusch: Die USA schreiben von einer „drohenden zivilisatorischen Auslöschung Europas“ und haben auch schon prima Ideen, wie sie das hinbekommen: vier Länder herauslösen. Polen reagiert doppelzüngig zwischen dem rechten Präsidenten Nawrocki und dem liberalen Regierungschef Tusk, Ungarns Orban müsste sich das Hämegrinsen operativ entfernen lassen. Meloni aus Italien lässt sich von gar nichts abhalten, Trump sehr liebzuhaben. Nur die Mitte-Koalition Österreichs weist die „Einmischung auf das Schärfste zurück“. Kanzler Stocker benutzt dabei nationalistische Argumente gegen das nationalistische Papier; als „souveräner Staat“ bekomme man seinen Nationalismus auch sehr gut alleine hin. Das führt das Konzept Nationalismus schön ad absurdum. Was dagegen Friedrich Merz reitet, die EU unter'n Bus zu schubsen für Premiumkumpelei mit Trump – und zugleich eine europäische Friedensinitiative aufzustellen, – wirkt verworren und passt damit sehr gut ins unübersichtliche Stadtbild.
taz: Australien hat Social Media für Kinder verboten. Nun klagt Reddit dagegen. Würden Sie sich einer Sammelklage anschließen?
Küppersbusch: Erst mal eine Umfrage bei Reddit starten: Sind digitale Plattformen für ihre Inhalte verantwortlich? Wären es Zeitungen, Sender, Kinos oder Einzelhändler mit Alkoholregal, ist die Antwort klar: Natürlich müssen sie, die das Geld damit verdienen, das Alter der Kundschaft checken, oder ihr Angebot auf's kindgerechte Sortiment herunterfiltern. Kurz: Ich rechne mir Chancen aus, damit bei Reddit eine Mehrheit gegen Reddit zu bekommen. Der Charme der australischen Initiative – die das EU-Parlament hier auch gern hätte – mag im Detail bevormundend und unrealistisch wirken. Im Kern jedoch haften hier endlich mal die Anbieter für ihr Angebot. Das wäre schlicht – normal. Also in diesen Zeiten nicht normal.
taz: Der Chefredakteur der SZ geht, es geht um den Etat und die Zukunft der Zeitung. Die SZ gehört im Wesentlichen der Südwestdeutschen Medien Holding GmbH. Könnten Sie bitte etwas Gutes über dieses Gebilde sagen?
Küppersbusch: Ja, sie macht die Süddeutsche. Fertig. Dahinter wird's dunkel: Im Juni genehmigte das Kartellamt den Verkauf der baden-württembergischen SWMH-Titel, wodurch im Südwesten ein Fast-Monopol entstand. Nun konzentriert sich die Holding auf Bayern und Thüringen, und überträgt die Kostenmetzgerei an darbenden Lokalzeitungen auf das angesehene nationale Flaggschiff Süddeutsche. Büros wurden geschlossen, regionale Themen eingeschränkt. Das andere Gute an der SWMH-Holding scheint: Sie hat noch Chefredakteure, die hinschmeißen, wenn's zu irre wird. Naja, hatte.
taz: Die Staatsanwaltschaft Berlin klagt Ex-RBB-Intendantin Patricia Schlesinger an und wirft ihr Untreue vor. Vor Gericht gegen den Sender gewonnen hat gerade die frühere Programmdirektorin Claudia Nothelle. Sind die Geschehnisse rund um den RBB spannender als das Programm?
Küppersbusch: „Nuhr im Ersten“, „Falsch, aber lustig“ und neulich vorsintflutliche 40 Prozent Marktanteil der Berliner „Abendschau“: Der RBB hat sich unter der Finanzkatastrophe vom „Bangladesh der ARD“ zu sowas wie dem Island der Regionalprogramme hochgearbeitet. Zeitweise hatte der Sender mehr Grimme-Nominierungen als Bargeld und inzwischen eine Nullkosten-Strategie entwickelt, aus erfolgreichen Radiosendungen Videostreams zu machen, die man auch irgendwie noch im Fernsehen wegsenden kann. Was auch immer über die Boni, Sonderzulagen und privaten Abendessen der Prozess um Ex-Intendantin Schlesinger ergeben mag: Es gilt die Unschuldsvermutung. Nicht ganz, denn dass der Sender sich gehörig auf den Arsch gesetzt und Hausaufgaben gemacht hat, ist sie ja nun mal irgendwie mit schuld.
taz: Das US-Magazin Politico, das zum Axel-Springer-Verlag gehört, hat Donald Trump interviewt. Was ist der Erkenntniswert der Gesamtkonstellation?
Küppersbusch: Vor Merkel gab es in Deutschland keine Kriminalität, Viktor Orban ist dufte, Selensky selber schuld und die Medien sind böse. Stand überall, nur noch nicht in Politico und seiner Springer-Schwester Bild, die die frohen Botschaften ans deutsche Publikum multiplizierte. Konzern-Chef Döpfner reicht noch eine Headline „Wir sollten auf Trump hören“ nach, und unterm Strich hat es sich gelohnt. Für Trump.
taz: Die Bundesregierung will per Gesetz verhindern, dass Menschen, Medien und Wissenschaft durch sogenannte SLAPP-Klagen eingeschüchtert werden. Ist der Knüppel groß genug?
Küppersbusch: Das Beste am Gesetz gegen „Strategic Lawsuits Against Public Participation“ ist die Begründung. Der Rest ist Geste, das deutsche Gesetz gilt nur bei grenzüberschreitenden Einschüchterungsklagen. Weil, so die Justizministerin, hier ja alles dufte sei. Man sollte ihr eine Klage androhen.
taz: Und was macht der RWE?
Küppersbusch: 20 Mio. Umsatz, 673.000 € Jahresüberschuss. Ein gesunder Mittelständler. Bilanz für Mitglieder digital abrufbar. Guckt doch selbst!
Fragen: waam
Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und produzierte „Chez Krömer“ für den RBB
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert