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Proteste in IsraelTausende für den Frieden

Benjamin Netanjahu gerät immer mehr unter Druck, auch international. Demonstranten in Tel Aviv fordern neue Verhandlungen mit den Palästinensern.

Samstagabend: Friedensdemonstration in Tel Aviv. Bild: reuters

TEL AVIV taz | Der Druck auf die israelische Regierung, endlich klare Schritte für eine politische Lösung mit den Palästinensern zu unternehmen, wächst. Tausende Friedensdemonstranten zogen am Samstagabend auf den Platz vor dem Tel Aviver Rathaus. Sie forderten die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit der weltlichen Palästinenserführung im Westjordanland.

Zum innenpolitischen Druck auf Regierungschef Benjamin Netanjahu kommt eine wachsende internationale Kritik hinzu. Ende vergangener Woche hatte die US-amerikanische Regierung die geplante Lieferung von Hellfire-Raketen für israelische Hubschrauber gestoppt, die mit für die flächendeckende Zerstörung im Gazastreifen verantwortlich waren. Die Beziehungen zwischen Israel und den USA gelten als extrem angespannt.

Auch aus Europa weht ein kühler Wind. Die EU will, Berichten der liberalen Zeitung Ha’aretz vom Sonntag zufolge, nicht länger Milch- und Geflügelprodukte aus den israelischen Siedlungen im Westjordanland importieren. Der israelische Schriftsteller David Grossman warnte im Verlauf der Protestveranstaltung am Samstag vor „Fanatismus und Hass“ unter Israelis.

In den vergangenen Wochen habe Verzweiflung und Angst dazu geführt, dass „Nationalismus und Rassismus ihr Haupt heben“. Auf Plakaten forderten Demonstranten zur friedlichen Koexistenz und zur Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen auf. „Juden und Araber weigern sich, Feinde zu sein“ stand auf den Schildern und: „Wenn es keinen Frieden gibt, kommt Krieg“.

Verhandlungen ohne Ergebnisse

Die letzte Verhandlungsrunde unter Vermittlung von US-Außenminister John Kerry endete im März ohne Ergebnisse. Wiederkehrendes Argument für die Palästinenser im Gazastreifen, die Raketenangriffe der Hamas auf Israel zu unterstützen, ist, dass der politische Prozess keine Früchte trug. Noch dauern Gespräche zwischen Israel und den palästinensischen Delegationen über eine dauerhafte Waffenruhe für den Gazastreifen an. Ein Kompromiss schien am Wochenende jedoch zunächst nicht in Sicht.

Die durch den Gazakrieg zugespitzten ideologischen Fronten bekamen auch Morel Malka und Mahmud Masur zu spüren. Seit die als Jüdin geborene Malka zum Islam konvertierte, um Masur zu heiraten, stehen die beiden im Zielfeuer jüdischer Extremisten, die für gestern Abend eine Demonstration gegen die Hochzeitsfeier ankündigten.

Wenige Stunden vor Beginn der Feierlichkeiten erreichte Masur vor einem Gericht, dass die Demonstration im Abstand von mindestens 200 Metern unter polizeilicher Überwachung stattfinden muss. Staatspräsident Reuven Rivlin verurteilte die Hetze gegen das junge Paar, dem jede „Freiheit in einem demokratischen Staat“ zustehe.

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31 Kommentare

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  • eines wird hier wohl recht deutlich......es gibt in israel genau die gleichen idioten und Armleuchter wie bei uns oder in sonst einem land........

    warum also dann die samthandschuhe...????

    zum glück wird wenigstens mal über den "aufständischen Mob" berichtet der wie die meisten keinen bok auf krieg hat......aber wie auch hier werden demos wohl wenig helfen.......

    • @frei:

      Natürlich gibts da die gleichen Idioten wie bei uns. Die israelische Regierung ist sogar sehr viel schlimmer als unsere. Der Punkt ist, die Hamas ist noch schlimmer.

       

      Beide Seiten müssten vom Ausland härter angefasst werden. Eine internationale Verwaltung wäre daher die beste Lösung!

      • @Dhimitry:

        ob die Hamas schlimmer ist ....sei mal dahin gestellt....

         

        ansonsten gebe ich ihnen recht

  • Hat sich schon mal jemand die Frage gestellt wieso in Gaza niemand gegen die Hamas protestiert?

  • 2G
    2422 (Profil gelöscht)

    Wenn ein Paar in Israel seine Hochzeit feiern möchte und ein Mob, den man hierzulande als rechtsradikal bezeichnen würde, dagegen demonstriert, dann bezeichnet die TAZ das als "Zugespitzte ideologische Fronten". Habe ich das richtig verstanden?

  • Auf dem oben abgebildeten Schild des Titelfotos eine treffende Feststellung in der gestellten Forderung:

     

    "Open the gates of Gazah Ghetto"

     

    In diesem Ghetto ist ein Teil der Bevölkerung des Staates Israel seit 1948, angereichert mit Vertriebenen in den frühen 50er Jahren, weggesperrt.

  • Bei 1980 getöteten Palästinensern und hingegen nur 66 Israelis und einem Thailänder stellt sich die

    Frage, wer auf der Liste einer terroristischen Vereinigung stehen sollte.

     

    Da diese Diskussion in den USA und der EU nicht erfolgt, erschließt sich mir nicht, wie man von einem Gegenwind für Israel sprechen könnte.

    • @Ute:

      die geringere Opferzahl bei den Israelis liegt ja nicht daran, dass die Hamas es nicht versuchen würde.

    • @Ute:

      Und auch hier die Frage, soll der ganze argumentative Kreislauf von vorne beginnen. Ich dachte, wir wären schon weiter..

       

      Als erste Antwort: Der Unterschied bei den Opferzahlen kommt u.a. daher, weil die Menschen der einen Seite bei Beschuss in Bunker flüchten und die Menschen der anderen Seite sich auf Häuserdächer stellen. Erkennen Sie den Unterschied?

  • "Die Beziehungen zwischen Israel und den USA gelten als extrem gespannt"

    Das liest man immer wieder mal. Ob das stimmt, sei dahingestellt. Hat Obama nicht davon abgehalten, die "Notmilitärhilfe" über 215 mio Dollar zu unterzeichnen. Wo wir schon von Geld reden: die USA haben Israel bisher Militärhilfe in Höhe von 121,9 MRD Dollar zukommen lassen (ohne Iron Dome). Und "der kalte Wind" aus Europa bringt demnächst 250 Bundeswehrsoldaten nach Israel, die dort im Häuser- und Tunnelkampf ausgebildet werden (kein Witz). Über sowas berichtet Frau Knaul nicht.

    • @Wolfgang Schulz:

      Ist doch gut so. Jemand muss der einzigen Demokratie im Nahen Osten im Kamp gegen die Hamas beistehen.

      • @ben sobel:

        muss man nicht von einem und dem ersten im Nahen-Osten errichteten Reigions- und Gottesstaat sprechen ?

        • @Ute:

          Wieso ist Israel ein Gottesstaat und bspw. der Iran nicht?

          • @ben sobel:

            Betrachtet man den Sprachgebrauch in den westlichen Medien, müsste die Frage genau umgekehrt lauten.

            • @Ute:

              Soll das jetzt die Antwort darstellen?

  • Es ist typisch für die islamische Intoleranz anderen Religionen gegenüber, dass die Jüdin konvertieren musste. Wenn der Mann sie liebt, warum dann nicht andersrum?

    • @Oma Kruse:

      nun erscheint mir die Ehe zwischen Michel Friedman und Bärbel Schäfer in einem völlig anderen Licht -

       

      oder eben auch nicht.

    • @Oma Kruse:

      liebe ommama!

      schon mal gehört, dass in Israel eheschließung nur religiös geht? nicht? komisch. ist seit staatsgründung so, dass personalstatut theokratisch verwaltet wird, also nix mit internubium.

      wer das nicht mag, heiratet in Zypern oder konvertiert da, wo's am einfachsten geht und am wenigsten kostet.

      am frauen/menschenfreundlichsten ist, was die konversion anlangt, immer noch der islam: shahada reicht. alle anderen erforschen das gewissen, hören ganze glaubensgebäude ab, überprüfen die glaubensgemäßheit der lebensführung und verlangen ein taufe/mikwe genanntes reinigungszeremonial.

       

      liebe taz!

      was die frau Knaul unterschlagen hat: diese extremisten gibt es schon länger und nicht erst seit dem aktuellen waffengang. einfach mal lehava googeln. oder öfter mal http://972mag.com/palestinian-jewish-couple-hires-wedding-security-for-fear-of-anti-miscegenation-group/95449/ lesen.

       

      liebes kommentariat!

      was täten Sie eigentlich sagen, wenn Ihre höchstpersönliche angelegenheit eheschließung von (politischen) gegendemontrationen begleitet würde? und ein gericht die auch noch erlauben täte?!

       

      im übrigen sind religion und rächtschreybung privatsache.

      • @christine rölke-sommer:

        Es gibt nicht "Den ISLAM".

        Welchen Islam meinen Sie?

        • @ben sobel:

          und... in welchem der vielen islame reicht das ablegen des glaubensbekenntnisses (dass jenner einer sei und mohamed sein prophet) für die gültigkeit der konversion nicht aus? nu?

        • @ben sobel:

          Ist das Glaubensbekenntnis bei den verschiedenen Strömungen unterschiedlich?

          • @Dhimitry:

            Keine Ahnung ich hab nur immer wieder gehört, man darf nicht verallgemeinern wenn jemand vom Islam spricht.

    • 1G
      1393 (Profil gelöscht)
      @Oma Kruse:

      Oma Kruse denkt in ihrem wenig schlauen Hetzbedürfnis gegen Moslems nicht daran, dass für die jüdische Religion das Gleiche mit dem "Konvertierungszwang" gilt. Nur mit dem Unterschied, dass es viel schwieriger ist, Jude werden zu können, ganz besonders in Israel.

       

      http://de.wikipedia.org/wiki/Wer_ist_Jude%3F

    • @Oma Kruse:

      Woher wollen Sie wissen, dass die Frau konvertieren MUSSTE? Und warum kann nicht einfach jeder seine Religion behalten?

      • @Francesco:

        Weil es in geschätzt 99 von 100 Fällen so ist! Das ist zumindest die Erfahrung, die ich bisher in meinem Bekanntenkreis gemacht habe. Und es ist generell eher so, dass die deutschstämmige Frau einen eben nicht-deutschstämmigen Moslem heiratet. Wie bei meinen Eltern. Und ich muss mir täglich Beleidigungen oder fiese Sprüche anhören, mein Vater sei "verweichlicht" weil er zwar kulturell muslimischer Herkunft ist, aber nicht religiös - zu meinem Glück.